Archiv

Kritik an Regenbogenpresse
„Sie können davon ausgehen, dass hier keine Recherche stattfindet"

Der Presseforscher Andreas Vogel begrüßt die Satireaktion von Jan Böhmermann gegen die sogenannte Regenbogenpresse. Bei vielen der im "ZDF Magazin Royale" kritisierten Klatschblätter seien tatsächlich kaum vollbeschäftigte Journalisten tätig, sagte er im Dlf. Einige Verlage kämen ganz ohne Redakteure aus.

Andreas Vogel im Gespräch mit Michael Borgers |
Illustrierte liegen in den Regalen eines Supermarkts
Sie heißen "Freizeit Revue", "Schöne Woche" oder "Das Neue Blatt" - in Deutschland erscheinen zahlreiche Klatschblätter, die auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden sind (imago / teutopress)
Zuverlässig liefert die Late-Night-Satire-Sendung "ZDF Magazin Royale" inzwischen Gesprächsstoff mit ihren wöchentlichen Themen-Schwerpunkten. In der letzten Ausgabe wandte sich Moderator Jan Böhmermann ausführlich der sogenannten Regenbogenpresse zu. Diese würden Geschichten über Promis, Adel und Showbusiness immer wieder ad absurdum skandalisieren und Falschnachrichten auf ihren Titeln verbreiten.
Jan Böhmermann, TV-Entertainer, und Gewinner des Preises für Unterhaltung bei der Preisverleihung der „Journalistinnen und Journalisten des Jahres 2019“
Angriff auf den Erfindungsgeist der Klatschpresse
Mit dem "Freizeit Magazin Royale" war Böhmermann im Regal zwischen den Klatschblättern vertreten. Mats Schönauer vom Medienblog "Übermedien" war an der Produktion beteiligt und erklärt, warum er die Regenbogenpresse für gefährlich hält.
Als Satire-Aktion ließ Böhmermann am Samstag das Heft "Freizeit Magazin Royale" veröffentlichen, das kaum von den herkömmlichen Illustrierten zu unterscheiden ist. Inhalt ist allerdings nicht das Privatleben von Prominenten, sondern das von Verlegern großer Medienhäuser.
"Freizeit Magazin Royale" - Parodie auf Unterhaltungs-Magazine
Den Look der Klatschpresse aufgegriffen: Böhmermanns "Freizeit Magazin Royale" - eine Parodie auf Unterhaltungs-Magazine (Gregor Tholl/dpa-Zentralbild/dpa)
"Man kann sehr wohl diese Yellow Press an den Kiosken zum Gegenstand von Spott und Hohn machen, das schadet nicht", sagte der Kölner Presseforscher Andreas Vogel im Dlf. Die großen Verlegerfamilien würden es schaffen, sich völlig aus der Öffentlichkeit rauszuhalten, "weil es eben keine Klatschblätter über sie gibt".

Unterhaltender Journalismus "oft auch sehr sinnentleert"

Aufgabe der Publikumspresse sei es eigentlich, Erlebnisse zu vermitteln und Orientierung zu geben. Der Burda-Verlag spricht selbst von "unterhaltendem Journalismus", wie das Medienkritikportal "Übermedien" berichtet. Dieser "unterhaltende Journalismus" konzentriere sich aber auf die erste, die Erlebnisdimension, die "oft auch sehr sinnentleert" sei, sagte Vogel.
Bei den Klatschblättern seien kaum vollbeschäftigte Journalisten tätig, einige Verlage kämen ganz ohne Redakteure aus. "Sie können davon ausgehen, dass hier keine Recherche stattfindet, die wirklich journalistisch genannt werden kann."
Zugespitzte und dramatisierende Inhalte würden vor allem im Print funktionieren: "Sie können viele dieser 83 Titel, die es auf dem Markt gibt, nicht abonnieren. Sie sind auch wesentlich nicht getragen durch Anzeigen, sondern durch den Verkaufspreis." Hinsichtlich der Nachfrage sei auch kein Ende in Sicht. Im jüngeren Segment der "People Magazine" fände ein bisschen mehr Journalismus statt - "der Klatsch ist da aber eigentlich genau so stark".
Mehrere Ausgaben der "Bild"
Boulevard: Journalismus über mehr oder weniger Prominente
Je bekannter ein Mitmensch ist, umso interessierter ist sein Umfeld - darauf bauen Boulevardmedien. Jede Mediengattung kennt Boulevardredaktionen. In Deutschland ist es "Bild", die am meisten polarisiert.
Neben Burda hatte auch die Bauer Media Group Böhmermanns Aktion kritisiert. Letztere sagte gegenüber der dpa, dass das ZDF mit einer Print-Zeitschrift die rechtlichen Grenzen seines Rundfunkauftrags verlassen habe; das ZDF hingegen sprach von einer "sendungsbegleitenden Printpublikation", die laut Medienstaatsvertrag möglich sei.