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Kritik an Seehofer
Unmut um mögliche Anzeige gegen "taz"-Autorin

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat wegen einer geplanten Strafanzeige gegen die Journalistin Hengameh Yaghoobifarah viel Kritik auf sich gezogen. Dass Seehofer ihre umstrittene "taz"-Kolumne außerdem mit den Krawallen in Stuttgart in Verbindung gebracht hat, geht vielen Beobachtern zu weit.

Von Christoph Sterz |
Bundesinnenminister Seehofer in Denkerpose.
Bundesinnenminister Horst Seehofer steht wegen einer geplanten Anzeige in der Kritik (imago / Pixsell)
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die
Autorin Hengameh Yaghoobifarah wegen einer Kolumne in der "taz" anzeigen. Seehofer sagte der "Bild"-Zeitung, er werde wegen des "unsäglichen Artikels" Strafanzeige stellen.
Ein Sprecher seines Ministeriums sagte dagegen, dass darüber noch nicht entschieden worden sei. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei darüber mit Seehofer im Gespräch.
Vor einer Woche hatte Yaghoobifarah in einem Meinungsbeitrag unter dem Titel "All cops are berufsunfähig" Überlegungen zur Zukunft der Polizei angestellt, falls sie abgeschafft würde, der Kapitalismus jedoch nicht. Für dann überflüssig gewordene Polizisten komme letztlich nur die Mülldeponie in Frage, schrieb Yaghoobifarah.
Vergleich mit autoritärem Regierungschef
"taz"-Chefredakteurin Barbara Junge hatte wegen der Kolumne
ihr Bedauern geäußert. "Eine Kolumne, so satirisch
sie auch gemeint gewesen sein mag, die so verstanden werden kann, als seien Polizisten nichts als Abfall, ist daneben gegangen", schrieb Junge. Die angekündigte Anzeige sei aber ein Angriff auf die Pressfreiheit.
Auch viele andere BeobachterInnen übten Kritik an der möglichen Strafanzeige. Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, verglich Seehofer etwa mit dem ungarischen Ministerpräsidenten und dem Chef der polnischen Regierungspartei.
Ob medienethische Grenzen überschritten wurden, sei "Aufgabe des Deutschen Presserates", sagte der Sprecher der JournalistInnen-Gewerkschaft DJV, Hendrik Zörner, gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Da muss man nicht gleich zum Gericht laufen und ‘Volksverhetzung’ rufen", so Zörner.
Verknüpfung mit Gewalt in Stuttgart
Seehofer hatte auch einen Zusammenhang zwischen der umstrittenen Kolumne und der Gewalt am Wochenende in Stuttgart hergestellt. "Eine Enthemmung der Worte führt unweigerlich zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen, genauso wie wir es jetzt in Stuttgart gesehen haben", sagte der Minister.
Dafür bekam Seehofer unter anderem Kritik von Filip Piatov, dem Meinungs-Ressortleiter der "Bild". Auch Ulf Poschardt, der Chefredakteur der "Welt"-Gruppe, übte bei Twitter Kritik. Er bezeichnete geplante Anzeige als "politisch dumm und in der Sache kontraproduktiv". "Der angefangene Prozess der Selbstkritik bei der Linken und den Journalisten" komme so an ein "falsches leichtes Ende".