Nach der Entscheidung von Siemens, doch die Zugsignalanlage für das umstrittene Kohlekraftwerk in Australien liefern, wollen Umweltschützer so schnell nicht aufgeben. Die Entscheidung von Siemens sei nachvollziehbar, meint Frank Rothauge vom Vermögensverwalter AHP Capital Management:
"Trotzdem ist das ein Thema, dass Siemens mittelfristig unter Druck bringen könnte, weil Siemens nun mal ein Konzern ist, der insbesondere in der fossilen Energieerzeugung aktiv ist. Ich glaube, es wird Siemens schwerfallen, hier eine klare Entscheidung zu treffen, wie das zum Beispiel andere getroffen haben - die Allianz -, sich aus solchen fossilen Energieträgern komplett zu verabschieden. Das ist für Siemens zu relevant."
Kapitalmarkt achte zunehmend auf Nachhaltigkeit
Die Klimadebatte habe die Unternehmen kalt erwischt, sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit bei Deka Investment. Und er rechnet damit, dass den Firmen allmählich dämmere, dass sie nachhaltiger wirtschaften müssten – wobei "nachhaltig" nicht nur Klimaaspekte beinhalte, sondern auch Menschenrechte und soziale Themen.
Darauf achte der Kapitalmarkt zunehmend, glaubt er: "Wie nachhaltig sind Unternehmen aufgestellt? Wie setzen sie Nachhaltigkeit in ihren Geschäftsprozessen um? Damit das, was beispielsweise bei Siemens passiert ist, dass man also eine Komponente zuliefert in einem kritischen Geschäftsbereich, dass so etwas auch reflektiert wird und das Unternehmen sich darüber bewusst ist, dass man gegebenenfalls auch an der Stelle andere Maßnahmen treffen müsste."
Am schnellsten orientieren sich nach seiner Beobachtung Unternehmen um, die nahe am Kunden sind, denn sie wüssten um die Auswirkungen einer schlechten Reputation. In Branchen wie der Autoindustrie drohen Vermögenswerte an Wert zu verlieren, weil die Kunden Verbrennungsmotoren künftig nicht mehr nachfragen. Unternehmen wie ThyssenKrupp drohe Ungemach, weil die Stahlindustrie von der Verteuerung der CO2-Zertifikate von 2021 an stark betroffen sein werde.
Auch die Banken versuchen sich umzuorientieren: Sie geben schließlich das Geld für Investitionen. Und klimaschädliche Projekte könnten künftig stärker risikobehaftet sein, damit könnten sie teurer werden, sagt Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken:
"Wenn Banken Geschäfte abbilden, die höhere Risikoanforderungen rechtfertigen, dann muss sich das auch im Rahmen unserer Kapitalanforderungen unserer anderen Regeln widerspiegeln. Das soll aber in beide Richtungen gehen. Das heißt, höheres Kapital für Projekte, die riskant sind, auch aus einer Klimaperspektive. Und wir müssen auch überlegen: gibt es Projekte, gibt es Geschäfte, die aufgrund ihrer Klimaneutralität vielleicht niedrigere Anforderungen rechtfertigen."
Vergütungsprogramm an Klimaziele koppeln?
Die Klimadebatte dürfte auch eines der Themen sein, die die Hauptversammlungen in diesem Jahr dominieren werden. Damit rechnet Nachhaltigkeitsexperte Speich von Deka-Investment:"Klimawandel wird die Hauptversammlungssaison in unterschiedlichen Facetten treiben. Wir werden es in der Diskussion über die Entlastung von Vorständen und Aufsichtsräten sehen. Wir werden es aber auch in der Diskussion über Vergütungsprogramme sehen, dass beispielsweise Teile des Vergütungsprogramms an Klimaziele gekoppelt werden. Sofern sie wirklich signifikant und materiell für ein Unternehmen sind."
Doch es dürfte noch eine Weile dauern, bis die großen Konzerne entsprechend umsteuern könnten, fürchtet Speich.