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Kritik ist "vollkommen ungerechtfertigt"

Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie will aus dem bedeutendsten Hochschulranking vom Centrum für Hochschulentwicklung aussteigen. Die Hochschullandschaft werde darin vereinfacht und verzerrt dargestellt. CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele hält die Kritik für völlig unberechtigt.

Frank Ziegele im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Mehr als 9000 Bachelorstudiengänge an mehr als 53 Hochschulen, da wird die Frage "Was wo studieren" schon eine kleine Herausforderung, weswegen viele Abiturienten gern mal in Hochschulrankings gucken, um sich zu orientieren. Zum Beispiel in das Uniranking des Zentrums für Hochschulentwicklung. Für das Fach Soziologie wird das bald allerdings nichts mehr bringen, denn die Soziologen wollen nicht mehr mitspielen. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie hat alle Institute aufgerufen, die Rangliste zu boykottieren, weil weil die Hochschullandschaft darin vereinfacht und verzerrt dargestellt werde. Martina Löw ist Präsidenten der Gesellschaft für Soziologie. Ich hab sie kurz vor der Sendung gefragt, warum konkret sei das Interview: Soziologin Martina Löw kritisiert Hochschul-Ranking (MP3-Audio) Ranking für so fragwürdig hält.

    Und ich möchte nun mit dem soeben Kritisierten sprechen: Frank Ziegele ist Geschäftsführer des Zentrums für Hochschulentwicklung und jetzt am Telefon, guten Tag, Herr Ziegele!

    Frank Ziegele: Ja, schönen guten Tag!

    Götzke: Herr Ziegele, auch andere Fachbereiche denken darüber nach, bald auszusteigen aus Ihrem Ranking: Haben Sie Angst um Ihren Job?

    Ziegele: Nein, um den Job habe ich überhaupt keine Angst, weil ich immer noch der Meinung, oder die Hoffnung habe, dass man sich mit den richtigen Argumenten durchsetzt und nicht aufgrund von falschen Argumenten eine solche Entscheidung herbeiführt.

    Götzke: Wie stark trifft Sie denn die Kritik?

    Ziegele: Die Kritik trifft mich sehr stark, weil sie ja vollkommen ungerechtfertigt ist. Wenn da irgendwas dran wäre, dann wäre das okay, dann könnte man darüber debattieren. Aber ich kann Ihnen bei jedem der Punkte, die Frau Löw eben genannt hat, sagen, warum die nicht stimmen.

    Götzke: Dann gehen wir die doch mal direkt durch: Punkt eins, teils geringere Rücklaufquoten bei den Studierenden. Wie viel Aussagekraft hat ein Ranking, wenn es zum Teil auf dem Urteil von 30 Studierenden beruht?

    Ziegele: Das hat sehr viel Aussagekraft, weil man statistisch ab 30 Studierenden auf der sicheren Seite ist. Übrigens hat Frau Löw fälschlicherweise gesagt, wir würden nur 30 befragen, sie meinte ...

    Götzke: ... Sie bekommen 30 zurück ...

    Ziegele: ... wir bekommen 30 zurück. Wir haben sehr ausgefeilte Methoden über erstens eine Mindestzahl an Befragten, zweitens die Rücklaufquote und drittens ein Verfahren, das ich Ihnen jetzt hier nicht im Detail darstellen kann, weil es sehr komplex ist und mit sogenannten Konfidenzintervallen arbeitet. Dadurch haben wir ein ausgefeiltes Verfahren, das zu kleine Stichproben ausschließt. Deswegen sehe ich ...

    Götzke: ... aber 30 Studenten, das ist doch eine sehr kleine Stichprobe?

    Ziegele: Ja, aber die ist vollkommen hinreichend, wenn man sich gleichzeitig noch die Streuung der Antworten anguckt und dabei herausfindet, ob diese Streuung groß oder klein ist. Wenn sie zu groß ist, heißt das, die Aussagen sind relativ unsicher, dann nehmen wir das raus, deswegen sehen Sie so viele Lücken in so einem Ranking. Weil wir eben genau das machen, bei zu geringen Fallzahlen Indikatoren rausnehmen.

    Götzke: Ja gut, aber was passiert denn dann mit solchen Instituten? Die kommen dann im Ranking nicht vor, das würde die Rangliste ja auch etwas verfälschen?

    Ziegele: Doch, die kommen vor, weil wir ja nicht ... Das ist ja insofern auch etwas, was hier nicht richtig dargestellt wurde: Wir machen ja gerade kein simplifizierendes Urteil, sondern wir erheben ja in der Soziologie 18, in anderen Fächern bis zu 30 Indikatoren, und die kleinen Fallzahlen treffen in der Regel nur einzelne, sodass dann vielleicht von 30 irgendwie fünf ausfallen, ansonsten aber die Hochschule und das Fach die Chance hat, mit all den Besonderheiten weiter sichtbar zu werden.

    Götzke: Kommen wir auf den zweiten Punkt, befangene Urteilsgeber: Wie verhindern Sie denn, dass ein Fachkollege von einem anderen Institut nicht einfach nur die Konkurrenz von der anderen Hochschule schlecht machen will, wenn Sie die Forschungsleistung bewerten?

    Ziegele: Weil wir ja so fragen, dass er sie gar nicht schlecht machen kann, sondern nur gut machen kann. Wir stellen den Professoren die Frage: Nennen Sie uns fünf Hochschulen, in denen in Ihrem Fach die beste Forschung gemacht wird. Und interessanterweise, wenn man die Ergebnisse dieser Befragung vergleicht mit der von Frau Löw hochgelobten Studie des Wissenschaftsrats, dann sind die Ergebnisse bis auf ganz wenige Fälle genau deckungsgleich. Das heißt, das aufwendige Verfahren, das dort beim Wissenschaftsrat betrieben wurde, führt zu einem ganz ähnlichen Ergebnis wie diese Frage an die Professoren, die übrigens bei uns nicht alleine steht für Forschung, sondern natürlich mit sehr viel anderen Aspekten der Forschung abgerundet wird.

    Götzke: Nun wurde ja vorgeschlagen, dass man mehr liest, mehr Forschung liest, um deren Leistung zu bewerten. Was sagen Sie dazu?

    Ziegele: Ich halte das für völlig richtig, wenn es zum Beispiel darum geht, in Hochschulen Entscheidungen zu treffen über Mittelallokationen oder welche Forschungsprojekte sollen durchgeführt werden. Aber das ist ja gar nicht das primäre Ziel unseres Rankings, uns geht es ja um Informationen für Studierende. Und wie wollen Sie das Studierenden vermitteln, Sie sollen erst mal alle Aufsätze lesen – oder Studieninteressenten, die noch nicht mal im Fach sind ...

    Götzke: ... nein, es geht ja darum, dass Sie die Aufsätze lesen, damit das dann einfließt ins Ranking!

    Ziegele: Ja, aber das ist schwer vermittelbar in einem solchen Ranking, und, glaube ich, nicht adäquat für den Zweck, den das Ranking erfüllt. Weil das für Studierende da ist, legen wir das Hauptaugenmerk nicht auf die Forschung, sondern das Hauptaugenmerk auf Lehre und Studium, weil das die Studierenden am meisten interessiert.

    Götzke: Vielen Dank! Das war Frank Ziegele, Geschäftsführer des CHE, dessen Hochschulranking derzeit von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie kritisiert wird. Danke schön!

    Ziegele: Bitte schön, gern geschehen!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.