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Kritische Infrastruktur
Die Versorgung der Bevölkerung in der Coronakrise

Das neuartige Coronavirus ist in ganz Deutschland angekommen. Die Maßnahmen, mit denen die Zahl der Neuinfektionen niedrig gehalten werden soll, greifen tief in unseren Alltag ein. Das wirft in der Bevölkerung viele Fragen auf, nicht zuletzt die nach der Versorgungssicherheit.

Eine Sendung von Petra Ensminger und Michael Roehl (Moderation) |
Frau schaut sich abgepackte Wurst- und Fleischprodukte in einem Kühlregal an, Lebensmittelabteilung, Selbstbedienung, Supermarkt, Deutschland, Europa
Hält der Nachschub für Lebensmittel an? Vielen Menschen bereitet das Sorgen. Sie kaufen deutlich mehr ein. (picture alliance / dpa / imageBROKER)
Die Versorgung der Bevölkerung ist gesichert, heißt es von vielen Seiten. Dennoch kaufen die Menschen deutlich mehr ein und die zum Teil leer geräumten Regale in Supermärkten und Drogerien beunruhigen viele. Was ist zudem mit der medizinischen Versorgung? Halten unsere Strom-, Gas- und Telekommunikationsnetze die stärkere Nutzung durch mehr Home Office und digitalen Unterricht aus? Kann der Betrieb kritischer Infrastruktur, der auch für die Wirtschaft so wichtig ist, während der Coronavirus-Epidemie gewährleistet sein?
Lebensmittelversorgung ist gesichert, Vorrat für zwei Wochen sinnvoll
Dr. Wolfram Geier vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe verweist auf bereits bestehende Pläne des Bundesamtes für Pandemieschutz, auch hinsichtlich der Lebensmittelversorgung. Demnach sei ein Lebensmittelvorrat für etwa zwei Wochen jederzeit sinnvoll.
Akut Lebensmittel in großen Mengen einzukaufen sei jedoch nicht nötig:
"Wir haben mit Sicherheit eine gute Lebensmittelversorgung in Deutschland. Die Warenlager sind voll. Hamsterkäufe nützen niemandem. Die sind auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht angesagt."
Auch Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels bewertet Hamsterkäufe als kontraproduktiv: "Bei einzelne Beobachtungen, dass Regale leer sind, muss man sich sehr stark davor hüten, dass man das auf 30.000 Lebensmittelgeschäfte überträgt. Wenn man einen Notfallvorrat anlegt, dann kann man das auch über die nächsten Wochen strecken und wirklich mit Bedacht tun."
"Ja, die Versorgung ist gesichert, die Zentrallager sind gut befüllt. Wir haben auch keine Informationen, dass unsere Lieferketten im Moment tatsächlich gestört oder unterbrochen sind.", so Böttcher weiter.
Besondere Vorsicht für Risikogruppen geboten
Angehörige von Risikogruppen seien angehalten, Angebote der Nachbarschaftshilfe für Einkäufe wahrzunehmen, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Gesonderte Einkaufzeiten für bestimme Bevölkerungsgruppen anzubieten stellten, so Böttcher, aktuell einen zu hohen Aufwand für Personal und Verwaltung dar.
Auch angesichts der Engpässe bei Schutzmasken und Desinfektionsmitteln käme es zum Schutz des Verkaufspersonals darauf an, "die ganz normalen Hygiene- und Abstandsregeln, die der Bevölkerung empfohlen werden, im täglichen Leben einzuhalten, die natürlich auch für uns im Supermarkt und Discounter ein ganz wichtiger Punkt sind."
Situation in den Krankenhäusern
Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, bewertet die Situation des Gesundheitssystems zunächst optimistisch:
"Die Kliniken bereiten sich so gut wie möglich vor. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um die Kapazitäten der Intensivmedizin und der Beatmungsplätze zu erweitern, um auf die ansteigenden Fallzahlen gewappnet zu sein. Wir haben eine hohe Bereitschaft unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich jetzt zu engagieren."
Auch sollten ausländische Pflegekräfte, die auf formale Anerkennung ihrer Ausbildung warten, zur Entlastung des Gesundheitssystems bereits tätig werden dürfen: "In normalen Zeiten dauern solche Genehmigungsverfahren bei den zuständigen Landesbehörden eben einige Monate. Aber wir haben jetzt keine normalen Zeiten, und diejenigen, die schon bei uns sind, die wollen wir natürlich in vollem Umfang dann auch in die Versorgung bringen. Wir haben diese Fachkräfte geholt, die ja in der Regel in ihrem Heimatland eine Ausbildung gemacht haben. Und es geht hier wirklich um ein formales Anerkennungsverfahren. Das müssen wir später nachholen."
Krisensituation als Impuls für Digitalisierung
Nick Kriegeskotte, Leiter Infrastruktur & Regulierung bei Bitkom e.V., sieht auch die Telekommunikationsversorgung nicht gefährdet. Angesichts der steigenden Anzahl von Menschen, die in den kommenden Wochen das Internet stärker nutzen werden, sei jedoch wie in vielen anderen Branchen keine langfristige Prognose möglich. Die Unternehmen seien durch Bereitschaftspersonal auf etwaige Engpässe eingestellt. Für die Zukunft der Digitalisierung sieht Kriegeskotte die Krisensituation als Impuls:
"Ich glaube, dass die Digitalisierung aufgrund dieser Situation noch einmal deutlich einen Schub erfahren wird, dass wir solche Themen wie mobiles Arbeiten, die in Deutschland vielleicht auch noch an der einen oder anderen Stelle etwas zurückhaltend bewertet werden, das die ebenfalls einen Schub bekommen werden."
Sensible Infrastruktur schützen
Michael Ebling, Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen und Oberbürgermeister von Mainz, betont:
"Kommunale Unternehmen investieren vor Ort und seit Jahren in eine sichere Infrastruktur." Die unerlässlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Versorgungsunternehmen seien hinreichend geschützt - durch frühzeitige Reduktion von Kundenkontakten und Separierung untereinander.
"Das sind beispielhaft einfach nur eine ganze Kette von Maßnahmen, um deutlich zu machen. Hier ist eine sensible Infrastruktur betroffen, die funktioniert auch nur mit Menschen. Und diese Menschen sind jetzt auch noch einmal in der besonderen Art und Weise geschützt oder gar auch abgeschirmt, dass sie ihre Arbeit gut machen können."
Gesprächsgäste:
  • Mario Dobovisek, Deutschlandfunk
  • Dr. Wolfram Geier, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Im Interview:
  • Christian Böttcher, Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V.
  • Michael Ebling, Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen, Oberbürgermeister von Mainz
  • Dr. Gerald Gaß, Präsident Deutsche Krankenhausgesellschaft
  • Nick Kriegeskotte, Bitkom e.V., Leiter Infrastruktur & Regulierung
  • Klaus Remme, Deutschlandfunk-Hauptstadtkorrespondent

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