Bundestag
Kritische Stimmen in SPD und CSU zu möglichem AfD-Verbotsverfahren

In der Diskussion um ein mögliches AfD-Verbot werden vermehrt kritische Stimmen laut. SPD-Generalsekretär Kühnert sagte dem Sender ntv, derzeit lägen nicht genug Beweise für die Verfassungsfeindlichkeit der AfD vor. Ähnlich äußerte sich sein Parteikollege, der sächsische Bundestagsabgeordnete Kasper. Er sagte im Deutschlandfunk, man bräuchte eine breite gesellschaftliche Bewegung, die hinter dem Antrag stehe.

    SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert spricht beim Landtagswahlkampf in Thüringen.
    SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (picture alliance / dts-Agentur / -)
    Auch die Opposition müsse zustimmen, betonte Kasper. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass allein die Regierungskoalition die AfD verbieten wolle. Der SPD-Politiker möchte nach eigenen Angaben ebenfalls, dass die AfD verboten wird. Er befürchtet aber, dass noch nicht genügend Beweise gesammelt worden sind, die zu einem Verbot führen könnten. Ein Antrag zu einem Parteiverbot müsse gut vorbereitet sein. Dies sehe er bei diesem Antrag nicht.

    CSU und BSW äußern Vorbehalte

    Auch die CSU-Landesgruppe im Bundestag lehnte einen Antrag über ein Parteiverbot der AfD ab. Landesgruppen-Chef Dobrindt sagte der "Augsburger Allgemeinen", er halte den Antrag für falsch und kontraproduktiv. Man könne die AfD nicht wegverbieten, nur wegregieren. Kritisch äußerte sich auch die Parteichefin des BSW, Wagenknecht. Sie sagte dem Nachrichtenportal "T-Online", statt berechtigte Anliegen auch von AfD-Wählern ernstzunehmen, wolle man den unliebsamen Konkurrenten mit der Verbotskeule erledigen.

    "Treibt noch mehr Bürger in Arme der AfD"

    Gestern hatte sich bereits die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Schwan, gegen einen Verbotsantrag ausgesprochen. Sie sagte dem "Tagesspiegel", ein Verbotsantrag würde noch mehr Bürger, die mit den Erfordernissen der pluralistischen Demokratie wenig vertraut seien und sich mit ihr deshalb nicht identifizieren könnten, in die Arme der AfD treiben. Positiv äußerte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Kiesewetter. Er sei dankbar für die Initiative, sagte er dem Sender "Welt TV".
    Eine fraktionsübergreifende Gruppe aus Abgeordneten von SPD, CDU/CSU, Grünen und Linken hat Medienberichten zufolge einen Gruppenantrag ausgearbeitet, mit dem der Bundestag ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anstoßen soll.

    Hohe Hürden für Verbot

    Der Bundestag ist - neben Bundesregierung und Bundesrat - eines von drei Verfassungsorganen, das ein Verbotsverfahren vor dem Gericht initiieren kann. Die rechtlichen Hürden dafür sind allerdings hoch. Laut Artikel 21 des Grundgesetzes sind Parteien verfassungswidrig, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen beziehungsweise den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
    In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1956 ist dafür eine "aktiv kämpferisch-aggressive Haltung" maßgeblich. Zudem muss es laut Gericht konkrete Anhaltspunkte dafür geben, dass ein Erreichen der verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint.
    Diese Nachricht wurde am 01.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.