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Kroatien vor der Wahl
Kleine Parteien könnten über Sieg entscheiden

Vor der Parlamentswahl in Kroatien sagen Meinungsumfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Rechts- und Links-Block voraus: Beide gleichen sich in wesentlichen Punkten und liegen in der Wählergunst bei etwa 30 Prozent. Es sind die kleinen Parteien, die als Königsmacher die Abstimmung entscheiden könnten.

Von Stephan Ozsváth |
    Drei Frauen laufen in Zagreb an einem Wahlplakat des lokalen Bündnisses "Most", die Brücke, vorbei. Am 8. November 2015 wählt Kroatien eine neue Regierung.
    Das lokale Bündnis "Most", die Brücke, um den dalmatinischen Lokalpolitiker Bozo Petrov ist aktuell auf Platz drei in den Umfragen vor der Parlamentswahl in Kroatien. (AFP / Stringer)
    Wahlkampf-Abschluss der größten kroatischen Oppositionspartei HDZ in Zagreb. Oppositionsführer Tomislav Karamarko lässt sich in der Zagreber Arena, einer großen Sporthalle, als künftiger Premierminister Kroatiens von 15.000 Anhängern feiern. Der ehemalige Geheimdienstchef setzt auf Nationalismus:
    "Wir haben Kroatien vor 25 Jahren geschaffen. Dank einer historischen Person. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr wächst dieser Mensch – und das ist Dr. Franjo Tudjman."
    Die HDZ betreibt einen regelrechten Kult um ihren Gründer und ehemaligen Präsidenten der 90er-Jahre. Die Parteizentrale in Zagreb ist ein Tudjman-Schrein: Überall hängen Bilder des Nationalisten. Mal mit Papst Johannes Paul dem Zweiten, mal solo. Wofür steht die Partei außerdem? Parteisprecher Marko Kovac sagt:
    "Wir brauchen eine solide Haushaltspolitik. Wir brauchen Beschäftigungsmaßnahmen und wir brauchen Investitionen."
    Familien sollen eine Prämie von 1.000 Euro für ein Neugeborenes bekommen, so will es die Patriotische Koalition, das Rechts-Parteibündnis, dem die HDZ angehört. Wie die Reformen finanziert werden sollen, dazu fallen Parteisprecher Kovac vor allem die EU-Regionalfonds ein, die würden zu wenig genutzt, sagt er ins ARD-Mikrofon. In der Arena von Zagreb heißt die Parole schon: Sieg.
    Zwei Tage zuvor hatte das Mitte-Links-Bündnis von Premier Milanovic seine Abschluss-Kundgebung. Einige Tausend Menschen waren auf den Ban Jelacic-Platz im Zentrum von Zagreb gekommen. Der Premier spielte noch einmal auf die Flüchtlingskrise an. Seit Mitte September sind mehr als 300.000 Flüchtlinge durch Kroatien gezogen:
    "Wir haben Kroatien nicht mit Stacheldraht umzäunt, und wir werden das nicht tun, solange ich Regierungschef bin. Diejenigen, die Zäune bauen und Soldaten an die Grenze schicken würden, gedenken nicht, selber hinzugehen, sie würden eure Söhne dahinschicken, und was würden sie dort tun, auf Menschen schießen?!"
    Die kroatischen Wähler wollen raus aus den Schulden
    In wesentlichen Punkten gleichen sich die Kontrahenten: Sie wollen Steuersenkungen und Jobs schaffen. Meinungsumfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Rechts- und Links-Block voraus. Beide liegen bei etwa 30 Prozent in der Wählergunst.
    Königsmacher könnten da kleine Parteien wie "Most", die Brücke, sein - ein lokales Bündnis um den dalmatinischen Lokalpolitiker Bozo Petrov und aktuell auf Platz Drei in den Umfragen. Petrov schließt allerdings eine Zusammenarbeit mit den etablierten Parteien aus – weder mit der HDZ noch mit Milanovics Sozialdemokraten möchte er etwas zu tun haben:
    "Ich will hervorheben, dass wir in keiner Kombination mit ihnen zusammengehen können, in keiner Koalition. Unsere Bedingung sind Reformen – daran haben sie sich nie herangewagt, denn sie würden dann ja immer jemand aus dem eigenen Lager auf die Füße treten. Wir können nicht mit ihnen, wir sind nicht wie sie."
    Most tritt für radikale Reformen ein, etwa eine Verschlankung des Staatsapparats. Um Sitze im Sabor, dem Parlament, bewerben sich auch noch andere kleinere Parteien. Bankenkritiker wie die "lebende Wand" etwa, die Grünen, und eine noch junge Partei des ehemaligen Präsidenten Josipovic, sowie einige Regionalparteien. Wahlberechtigt sind 3,8 Millionen Kroaten. Und die Wähler wollen vor allem eins: dass es im hoch verschuldeten Kroatien aufwärts geht. Diese Zagreberin meint.
    "Zuerst die Wirtschaft, Arbeitsplätze müssen geschaffen werden, damit junge Menschen das Land nicht verlassen, dann muss der Lebensstandard der Rentner verbessert werden, denn seit Jahren bekommen wir nur sehr geringe Rentenerhöhungen. Damit kann man kaum überleben. Also ich werde meine Stimme denjenigen geben, die für das Wohl des gesamten kroatischen Volkes arbeiten werden."