Zwei Pesos soll die Kappe mit dem Bildnis Che Guevaras kosten. Der fliegende Händler vor dem legendären Hotel AMBOS MUNDOS, in dem einst Ernest Hemingway nächtigte und dichtete - wenn er gerade nüchtern war -, hat es nicht leicht in diesen Tagen. Er wird immer wieder übertönt von Presslufthämmern. Habana Vieja ist eine riesige Baustelle.
"Diese Straße heißt Oficios"
"Man hört, hier wird kräftig saniert."
"Ja, es wird alles saniert. Das kannst du sehen."
"Man hört, hier wird kräftig saniert."
"Ja, es wird alles saniert. Das kannst du sehen."
Ganze Straßenzüge sind aufgerissen. Überall wird gebuddelt, gebohrt, gehämmert. Marode Leitungen müssen erneuert werden. Die alten Häuser in diesem Teil Alt-Havannas - die Paläste aus der Kolonialzeit - erstrahlen längst in neuem Glanz.
So alt wie sie aussehen sind die meisten Häuser allerdings nicht, wie Stadtführer Roberto anmerkt. Auf ein Haus an der Plaza de San Francisco weist er besonders hin.
"Das ist auch ein Restaurant und der Sitz von San Cristobal und der Sitz von HABAGUANEX. San Cristobal und HABAGUANEX sind die zwei Unternehmen, die das Geld für die Sanierung der Stadt machen."
Es mangelt weder an Geld, noch an Mitarbeitern
HABAGUANEX - das ist ein Firmenimperium, das man in dieser Form im sozialistischen Kuba nicht vermuten würde. Der Herr über dieses Imperium heißt Eusebio Leal Spengler und residiert in einem wunderschön restaurierten Kolonialgebäude auf der Plaza de la Catedral. HABAGUANEX mangelt es weder an Mitteln, noch an Mitarbeitern.
"Das Stadthistorikerbüro hat ungefähr mehr als 1.000 Mitarbeiter. Wir haben verschiedene Organisationen und Institutionen, die zu dem Stadthistorikerbüro gehören."
Ist Eusebio Leal Spengler der mächtigste Mann in Havanna? Stadtführer Roberto stößt sich an dem Wort "mächtig", doch im Prinzip stimmt er zu.
Ohne Stadthistoriker Leal Spengler läuft nichts in Havanna
"Man kann sagen, dass er die wichtigste Figur des Sanierungsprozesses ist. Er ist der Stadthistoriker. Er ist sehr wichtig."
Mit anderen Worten: ohne Stadthistoriker Leal Spengler, einen promovierten Historiker mit weltweiten Verbindungen, läuft praktisch nichts in Havanna. Man nennt ihn auch "el dueno de La Habana Vieja" - den Herren der Altstadt von Havanna.
Als Anfang der neunziger Jahre nach dem Untergang der UdSSR und dem Ende des sozialistischen Weltsystems in Kuba häufig die Lichter ausgingen und der öffentliche Verkehr fast zum Erliegen kam, als Kuba am Rande des Abgrunds stand, viele Kubaner das Land verließen und Staats- und Parteichef Fidel Castro nichts anderes übrig blieb, als das Ruder radikal herumzuwerfen, da erschien der Stadthistoriker als Retter in der Not.
Leal Spengler überzeugte den Maximo Líder davon, dass man mit Tourismus nicht nur Geld verdienen, sondern zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könne, wenn man die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr gezielt für die dringend erforderliche Sanierung Alt-Havannas verwendet.
Kapitalistische Enklave im sozialistischen Kuba
Castro ließ Ideologie Ideologie sein und gewährte dem Stadthistoriker das Sonderrecht, in Havanna nach Belieben zu schalten und zu walten, so zum Beispiel Grundstücke und Immobilien zu vermarkten, die staatliches oder öffentliches Eigentum sind. So entstand im sozialistischen Kuba eine kapitalistische Enklave mit dem schönen Namen HABAGUANEX - benannt nach einem Indianerhäuptling aus vorkolumbianischer Zeit.
Am 6. Januar 1994 wurde die Companía Turística Habaguanex als kleine Zweigfirma des Büros des Stadthistorikers aus der Taufe gehoben.
Das Unternehmen HABAGUANEX floriert und expandiert gewaltig. Es verfügt heute über nicht weniger als 300 Einrichtungen in Havanna, darunter 20 Hotels, 39 Restaurants, 60 Bars und Cafés und mehr als 80 Geschäfte, die hochwertige Lebensmittel und Haushaltsartikel anbieten.
Mit den Einnahmen aus Handel und Tourismus wird Havannas Altstadt Zug um Zug auf Vordermann gebracht. Havanna wird immer internationaler. Die Firma HABAGUANEX wünscht sich mehr ausländische Investoren auf Kuba. Und das ist ganz im Sinne der kubanischen Regierung und der von Staatschef Raúl Castro verfolgten Politik, die er "Aktualisierung des Sozialismus" nennt.