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Kuba-Reise von Papst Franziskus
Die Früchte diplomatischer Erfolge ernten

Der erste Besuch von Papst Franziskus am Samstag auf Kuba unterstreicht die politische Bedeutung des Vatikans, der an der Wiederannäherung zwischen den USA und Kuba maßgeblich beteiligt war. Politische brisante Themen stehen aber nicht auf der Tagesordnung. Auf Kuba hoffen viele, dass der Papst der Jugend Mut macht, damit sie im Land bleibt.

Von Tilmann Kleinjung | 19.09.2015
    Papst Franziskus
    Papst Franziskus (picture alliance/dpa/Fabio Frustaci/Eidon)
    Papst Franziskus besucht ein Land voller Widersprüche. Obwohl streng sozialistisch regiert, spielt Religion im kubanischen Alltag eine Rolle. 60 Prozent der Kubaner sollen getaufte Katholiken sein, aber nur ein kleiner Teil von ihnen praktiziert den Glauben. Darüber hinaus gibt es viele evangelikale Gemeinden und Anhänger afroamerikanischer Kulte. Präsident Raoul Castro weiß, dass er auf die katholische Kirche als Partnerin angewiesen ist. Ohne die Unterstützung kirchlicher Einrichtungen wäre der Sozialstaat vielerorts am Ende. Die meisten Menschen auf Kuba leben in unvorstellbarer Armut. Papst Franziskus besucht ein Land zwischen Hoffnung und Verzweiflung. "Ich werde alles tun, um Brücken zu bauen, Hindernisse wegzuräumen damit es eine Kommunikation gibt und die Kommunikation zu einer Freundschaft führt. "
    Als zentraler Termin bei dieser Reise gilt ein Treffen des Papstes mit Jugendlichen am Sonntag in Havanna. Die Perspektivlosigkeit treibt vor allem die jungen Menschen aus dem Land. Die vorsichtige Öffnung Kubas erleichtert den Exodus. Von Franziskus wird erwartet, dass er die Jugend zum Bleiben motiviert, sagt Abt Jeremias Schröder vom Orden der Missionsbenediktiner, der ein kleines Kloster in Havanna unterhält. "Ich glaube, man macht sich gar keine Vorstellungen, dass in den letzten zwei Jahren ganz viele aufgebrochen und weggegangen sind. Das ist ein Braindrain. Das ist lähmend. Da ändern auch die veränderten Beziehungen mit den USA nichts. Die Grundstimmung ist deprimierend mit Blick auf die vielen, die weggehen."
    Es ist eine Last-minute-Reise nach Kuba. Lange stand fest, dass Papst Franziskus im September in die USA reisen will. Der vorgeschaltete Besuch auf Kuba wurde vom Vatikan relativ kurzfristig mitgeteilt. Der Papst will die Früchte seines diplomatischen Erfolges ernten. An der Wiederannäherung zwischen Kuba und den USA hatten er und die Vatikandiplomaten entscheidenden Anteil. Im Sommer 2014 hatte sich der Papst persönlich an die beiden Präsidenten gewandt, sagt Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. "Er hat die Initiative ergriffen und an beide Präsidenten geschrieben, und sie aufgefordert, die Schwierigkeiten zu überwinden und eine Einigung, eine Begegnung zu suchen. Das hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass er aus der Region kommt und das Problem gut kennt."
    Treffen mit Fidel Castro sehr wahrscheinlich
    Es ist bereits der dritte Papstbesuch in Kuba innerhalb relativ kurzer Zeit. Johannes Paul II. forderte 1998 das sozialistische Kuba auf, sich der Welt zu öffnen. Und die Welt möge sich Kuba öffnen. Ein Wunsch, der sich 17 Jahre später zu erfüllen scheint. Benedikt XVI. wurde nach seinem Besuch 2012 dafür kritisiert, dass er damals keine Zeit fand, sich mit Regimekritikern zu treffen und keinen Mut, die Regierung offen zu kritisieren.
    Auch bei dieser Reise stehen keine politisch brisanten Termine auf dem Programm. In den USA wird Franziskus ein Gefängnis besuchen, in Kuba, wo viele politische Gefangene inhaftiert sind, ist das nicht vorgesehen. Parteinahme für Dissidenten wird es, wenn überhaupt, nur im Verborgenen geben, sagt Papstsprecher Federico Lombardi. "Wir haben ja die Treffen des Papstes mit Präsident Castro, das Treffen vom Kardinalsstaatssekretär mit anderen kubanischen Persönlichkeiten. Man kann solche Probleme behandeln, ohne viel Aufsehen zu erregen. Wenn wir Informationen, Anfragen, Appelle auf humanitärer Ebene bekommen, dann ist es Tradition des Heiligen Stuhls, diese mit Diskretion zu behandeln. Das ist dann oft wirksamer als offensichtliche Aktion."
    Ebenfalls nicht im offiziellen Programm: ein Treffen des Papstes mit Fidel Castro. Doch im Vatikan geht man "ziemlich sicher" davon aus, dass Franziskus den greisen Revolutionsführer am Sonntag, am Rande seines Besuches in der Hauptstadt Havanna, treffen wird.