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Kubas Präsidentschaftskandidat
Reformen könnten schmerzhaft werden

Miguel Díaz-Canel galt in Kuba schon lange als möglicher Nachfolger des letzten Castro. Der 57-Jährige tritt jedoch kein leichtes Erbe an - die wirtschaftliche Lage ist katastrophal. Besonders im Finanzbereich könnten auf die Bevölkerung Härten zukommen.

Von Anne-Katrin Mellmann |
    Der kubanische Präsident winkt neben Miguel Diaz-Canel, dem ersten Vize-Präsidenten
    Miguel Díaz-Canel (Mitte) wurde von der Nationalversammlung als Präsidentschaftskandidat vorgeschlagen. (AFP)
    Alles bleibt, wie es ist, lautet die vorherrschende Meinung in den Straßen von Havanna. Auch mit dem neuen Präsidenten Miguel Díaz-Canel würden sich die Verhältnisse - wenn überhaupt - nur langsam ändern. Noch immer knattern Ladas aus den Achtzigern und Buicks aus den Fünfzigern über die Insel, verrotten Fassaden einst prächtiger Häuser, stehen lange Schlangen an Bushaltestellen und Geschäften. Wie vor dem Computerpalast im Zentrum, da wartet der 16-jährige Luis auf Einlass, damit er online mit anderen spielen kann. Zu Hause hat er kein Internet, wie die meisten Kubaner.
    "Ich möchte später mal Informatiker werden und das an der Uni studieren. Ich hoffe, dass der neue Präsident mehr Internetzugang ermöglicht und Informatik im Allgemeinen."
    Immerhin ist der designierte Staatschef halbwegs vom Fach, gelernter Elektronik-Ingenieur.
    Díaz-Canel war kein überraschender Kandidat
    Hohe Wellen schlägt die Vorentscheidung der Nationalversammlung des Einparteienstaats nicht. Erwartungsgemäß nominierten die Abgeordneten Miguel Díaz-Canel, den 1. Vizepräsidenten von Raúl Castro, dem jüngeren Bruder des verstorbenen Revolutionsführers Fidel Castro.
    "Der Vorschlag für den Vorsitz des Staatsrates lautet Miguel Díaz-Canel."
    Auch die in Kuba so genannte "Neue Generation", die nach der Revolution von 1959 geboren wurde, hat schon graues Haar: Miguel Díaz-Canel trägt dazu grauen Anzug und ein fliederfarbenes Hemd. Am größten Tag seiner Karriere wirkt der 57-Jährige ernst und zurückhaltend. Jahrelang galt er als wahrscheinlichster Nachfolger des letzten Castro im Präsidentenamt. Ohne anzuecken absolvierte er seine Karriere in der kommunistischen Jugend, Armee und Partei, wurde mit 43 jüngstes Mitglied des Politbüros.
    Raúl Castro soll Opposition in den eigenen Reihen verhindern
    Díaz-Canel tritt ein schwieriges Erbe an: Trotz einiger Reformen, die sein Vorgänger vorsichtig eingeleitet hat, ist die wirtschaftliche Lage katastrophal. Der Annäherungsprozess zu den USA liegt auf Eis, seit Donald Trump regiert. Aber der Neue bleibt mit der Erblast nicht allein, sondern teilt sich die Macht mit Raúl Castro, der noch 1. Sekretär der Kommunistischen Partei bleibt. Das habe Vorteile, erklärt Rafael Hernández, Politologe und Herausgeber der Zeitschrift "Temas":
    "Raúls Rolle als Parteichef ist wichtig, um Díaz-Canel die Arbeit zu erleichtern. Als sich Fidel Castro von der Macht zurückzog, blieb auch er im Hintergrund aktiv und zeigte seine Zustimmung zu dem, was Raúl tat. Ein Konflikt würde Raúls Projekt beschädigen: Dabei geht es um den Übergang. Den hat er geplant und gesteuert. Warum sollte er seinem Nachfolger also im Wege stehen. Er will, dass Díaz-Canel erfolgreich ist, und dafür muss er ihm freie Hand lassen. Raúl hat jetzt die Schlüsselrolle, Opposition in den eigenen Reihen zu verhindern."
    Schmerzhafte Reformen könnten bevorstehen
    Die könnte es geben, wenn Díaz-Canel notwendige, aber für große Teile der Bevölkerung schmerzhafte Reformen einleitet, wie die Abschaffung der Doppelwährung. Die hat in Kuba soziale Ungleichheit geschaffen: Zwischen denjenigen, die Zugang zum konvertierbaren Peso, also praktisch zu Devisen haben und allen anderen, die mit dem fast wertlosen Peso Cubano ihren entbehrungsreichen Alltag meistern müssen. Sie hätten nach einer Währungsreform erstmal nicht mehr, sondern weniger in der Tasche. Und das könnte auch für Díaz-Canel schmerzhaft werden, weil er nicht mehr zu der Generation gehört, die ihre Macht mit dem nun mehr fast 60 Jahre alten Sieg über einen Diktator legitimieren kann.