Auch für diejenigen, die das aufgefundene Gammelfleisch jetzt begutachten müssen: die Lebensmittelchemiker in Labors und staatlichen Untersuchungsämtern - auch für sie ist der Skandal ein Anlass, in sich zu gehen. Und sich kritisch zu fragen, wo sie mit ihren Analysemethoden für derartige Fälle stehen. Die Frage bewegt auch Thomas Henle, Professor an der Technischen Universität Dresden und Leiter des 35. Deutschen Lebensmittelchemikertages. Henle betont, ...
"...dass es eine sehr große analytische - oder lebensmittelchemische - Herausforderung ist, dieses Gammelfleisch zu charakterisieren beziehungsweise analytisch eindeutig nachzuweisen."
So einfach ist das mit lange überlagertem Fleisch nämlich nicht. Es bleibt ja weiterhin tiefgefroren im Kühlhaus. Und das bedeutet: Die Ware verdirbt im Prinzip nicht. Bei zweistelligen Minusgraden wird das Wachstum von Mikroorganismen unterbunden - und damit auch der Fleischverderb. Zu lange gelagerte Schweinehälften oder Hähnchenschenkel verraten sich dem Analytiker also nicht mal eben so. Höchstens dann, wenn sie zwischendurch aufgetaut und dann wieder eingefroren wurden:
"Die Spitze des Eisbergs ist sicherlich das Fleisch, was dann schon grün, vergammelt, objektiv erkennbar bereits verdorben ist. Das allermeiste so genannte Gammelfleisch ist aber letztlich lange Jahre eingefrorenes und dann umetikettiertes Fleisch, welches von außen schlichtweg nicht erkennbar ist als altes oder lang gelagertes Fleisch. Rein durch die Prüfung, die die Lebensmittel-Kontrolleure machen, ist dieses Fleisch zunächst nicht erkennbar."
Es gibt schon Methoden, mit denen Lebensmitteluntersuchungs- und Veterinärämter überprüfen können, wie alt ein Stück Fleisch wirklich ist. Doch dieser Nachweis dauert laut Henle mehrere Tage. Sinnvoller sei es, einen Schnelltest zu haben, der viel rascher Auskunft gebe, sagt der Vorsitzende der Lebensmittelchemischen Gesellschaft. Das wäre dann vielleicht eine brauchbare Ergänzung zur Prüfung der Betriebsbücher. Fallen dabei verdächtige Lagerbestände auf, könnten die Kontrolleure einen Schnelltest anschließen und so vermeiden, dass gammeliges Fleisch nach seiner Entdeckung noch schnell auf den Markt gebracht wird ...
"Wenn also dieses so genannte Gammelfleisch über fünf, sechs, sieben Jahre bei minus zehn bis minus 20 Grad gelagert wird, laufen weiter chemische Reaktionen vor allen Dingen in der Fettfraktion ab. Dieses Fett im Fleisch reagiert mit dem Luftsauerstoff zu bestimmten Fettoxidationsprodukten. Das Fett wird ranzig im klassischen Sinne. So, und diese Fettoxidation analytisch zu charakterisieren, das wäre nun eine wirklich nicht unerhebliche Herausforderung."
Schnell zu haben wäre ein solcher Schnelltest sicher nicht. Aber Thomas Henle hofft, dass wenigstens seine Entwicklung durch die neuerlichen Fleischskandale in Gang kommt:
"Man müsste aber mit Sicherheit langwierige Lagerstudien machen. Man müsste das auch von Fleischart zu Fleischart differenzieren. Das hängt sehr stark von den Verpackungsbedingungen ab. Es hängt von den Temperaturen ab. Also, das ist etwas, wo es sicherlich noch nicht unerheblichen Forschungsbedarf hat."
Einstweilen rät die Lebensmittelchemische Gesellschaft dazu, die neuen Vorgaben für die Lebensmittelkontrolle zu beherzigen. Seit einigen Jahren gibt es eine bundesweit gültige Verwaltungsvorschrift. Sie verlangt, Lebensmittelbranchen mit einem - wie es heißt - "hohen Produktrisiko" auch häufiger zu kontrollieren. Dazu Friedrich Grüning, der Leiter des Arbeitskreises lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder:
"Das heißt, ein Betrieb, der leicht verderbliche Lebensmittel oder hygienisch relevante Lebensmittel verarbeitet, bekommt eine andere Grundeinstufung als ein Betrieb, in dem meinetwegen abgepackte Limonade verkauft wird. Ein Fleischhändler kriegt eine andere Risikokategorie als ein Getränke-Großhändler zum Beispiel."
Fällt ein Betrieb mit einem hohen Produktrisiko bei einer Kontrolle negativ auf, sollte er sogar noch häufiger Besuch von den amtlichen Inspekteuren bekommen. So steht es zumindest in der Verwaltungsvorschrift. Nur scheint sie im Fleischsektor zuletzt nicht immer beherzigt worden zu sein.
"...dass es eine sehr große analytische - oder lebensmittelchemische - Herausforderung ist, dieses Gammelfleisch zu charakterisieren beziehungsweise analytisch eindeutig nachzuweisen."
So einfach ist das mit lange überlagertem Fleisch nämlich nicht. Es bleibt ja weiterhin tiefgefroren im Kühlhaus. Und das bedeutet: Die Ware verdirbt im Prinzip nicht. Bei zweistelligen Minusgraden wird das Wachstum von Mikroorganismen unterbunden - und damit auch der Fleischverderb. Zu lange gelagerte Schweinehälften oder Hähnchenschenkel verraten sich dem Analytiker also nicht mal eben so. Höchstens dann, wenn sie zwischendurch aufgetaut und dann wieder eingefroren wurden:
"Die Spitze des Eisbergs ist sicherlich das Fleisch, was dann schon grün, vergammelt, objektiv erkennbar bereits verdorben ist. Das allermeiste so genannte Gammelfleisch ist aber letztlich lange Jahre eingefrorenes und dann umetikettiertes Fleisch, welches von außen schlichtweg nicht erkennbar ist als altes oder lang gelagertes Fleisch. Rein durch die Prüfung, die die Lebensmittel-Kontrolleure machen, ist dieses Fleisch zunächst nicht erkennbar."
Es gibt schon Methoden, mit denen Lebensmitteluntersuchungs- und Veterinärämter überprüfen können, wie alt ein Stück Fleisch wirklich ist. Doch dieser Nachweis dauert laut Henle mehrere Tage. Sinnvoller sei es, einen Schnelltest zu haben, der viel rascher Auskunft gebe, sagt der Vorsitzende der Lebensmittelchemischen Gesellschaft. Das wäre dann vielleicht eine brauchbare Ergänzung zur Prüfung der Betriebsbücher. Fallen dabei verdächtige Lagerbestände auf, könnten die Kontrolleure einen Schnelltest anschließen und so vermeiden, dass gammeliges Fleisch nach seiner Entdeckung noch schnell auf den Markt gebracht wird ...
"Wenn also dieses so genannte Gammelfleisch über fünf, sechs, sieben Jahre bei minus zehn bis minus 20 Grad gelagert wird, laufen weiter chemische Reaktionen vor allen Dingen in der Fettfraktion ab. Dieses Fett im Fleisch reagiert mit dem Luftsauerstoff zu bestimmten Fettoxidationsprodukten. Das Fett wird ranzig im klassischen Sinne. So, und diese Fettoxidation analytisch zu charakterisieren, das wäre nun eine wirklich nicht unerhebliche Herausforderung."
Schnell zu haben wäre ein solcher Schnelltest sicher nicht. Aber Thomas Henle hofft, dass wenigstens seine Entwicklung durch die neuerlichen Fleischskandale in Gang kommt:
"Man müsste aber mit Sicherheit langwierige Lagerstudien machen. Man müsste das auch von Fleischart zu Fleischart differenzieren. Das hängt sehr stark von den Verpackungsbedingungen ab. Es hängt von den Temperaturen ab. Also, das ist etwas, wo es sicherlich noch nicht unerheblichen Forschungsbedarf hat."
Einstweilen rät die Lebensmittelchemische Gesellschaft dazu, die neuen Vorgaben für die Lebensmittelkontrolle zu beherzigen. Seit einigen Jahren gibt es eine bundesweit gültige Verwaltungsvorschrift. Sie verlangt, Lebensmittelbranchen mit einem - wie es heißt - "hohen Produktrisiko" auch häufiger zu kontrollieren. Dazu Friedrich Grüning, der Leiter des Arbeitskreises lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder:
"Das heißt, ein Betrieb, der leicht verderbliche Lebensmittel oder hygienisch relevante Lebensmittel verarbeitet, bekommt eine andere Grundeinstufung als ein Betrieb, in dem meinetwegen abgepackte Limonade verkauft wird. Ein Fleischhändler kriegt eine andere Risikokategorie als ein Getränke-Großhändler zum Beispiel."
Fällt ein Betrieb mit einem hohen Produktrisiko bei einer Kontrolle negativ auf, sollte er sogar noch häufiger Besuch von den amtlichen Inspekteuren bekommen. So steht es zumindest in der Verwaltungsvorschrift. Nur scheint sie im Fleischsektor zuletzt nicht immer beherzigt worden zu sein.