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Kündigung von Bausparverträgen
"Das ist einfach nur dreist"

Viele Bausparkassen kündigen ihren Kunden die alten Verträge. Der Grund: Die darin enthaltenen hohen Zinsen von drei bis fünf Prozent sind für die Bausparkassen zu teuer. Für diese gehe es dabei um Millionen, erklärte der Verbraucherschützer Nils Nauhauser im DLF. Die Vertragskündigungen bewegten sich allerdings "in einer Grauzone".

Nils Nauhauser im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Symbolbild Hausbau
    Verbraucherzentrale: Bausparkassen sind bei der Kündigung von Altverträgen sehr erfindungsreich. (imago/Gerhard Leber)
    Stefan Römermann: Bausparen - das klingt nicht unbedingt sexy. Für manchen ist es gar die Vertrag gewordene deutsche Spießigkeit. Und als Geldanlage hat sich Bausparen eigentlich auch eher selten gelohnt, denn die Zinsen auf einen Bausparvertrag sind meist erheblich niedriger als bei anderen Geldanlagen.
    Weil die Zinsen in den vergangenen Jahren auch ansonsten in den Keller gegangen sind, werden viele alte Bausparverträge mit drei bis fünf Prozent Zinsen plötzlich zu attraktiven Geldanlagen. Das freut die Sparer, doch für die Bausparkassen wird das zunehmend zum Problem, denn sie können die Zinsen nach eigenen Angaben kaum mehr bezahlen. Und sie versuchen jetzt, mit fast allen Mitteln die teuren Altverträge los zu werden.
    Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Nils Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Herr Nauhauser, welche Kunden sind denn von dieser aktuellen Kündigungswelle genau betroffen?
    Nils Nauhauser: Ganz aktuell hat jetzt Wüstenroth und verschiedene Landesbausparkassen, BHW ebenfalls, Verträge gekündigt, die seit zehn Jahren zuteilungsreif waren. Der Vertrag ist seit 2004 oder früher schon zuteilungsreif, der Kunde kann da das Darlehen abrufen, könnte das Bauspardarlehen bekommen, er hat es aber seit zehn Jahren nicht abgerufen aus verschiedenen Gründen, vielleicht, weil er kein Darlehen braucht, oder weil er einen Vertrag hat mit einem hohen Guthabenzins, der ja auch so angeboten wurde, und lässt das Guthaben stehen. Und die Bausparkasse behauptet jetzt, dass sie diese Verträge kündigen kann.
    "Das ist mindestens in einer Grauzone"
    Römermann: Und wie beurteilen Sie das? Ist das legal, was die da machen?
    Nauhauser: Das ist mindestens in einer Grauzone, und wenn man berücksichtigt, dass die Kunden dafür Abschlussgebühr bezahlt haben für den gesamten Vertrag, sie haben jahrelang einen schlechten Zins in Kauf nehmen müssen und haben, wenn man die Abschlussgebühr vom Zins abzieht, sogar jahrelang Minuszinsen einfahren müssen, und jetzt dreht sich das zu Gunsten der Kunden und die Bausparkasse will diese Verträge los werden, da kann ich sagen, das ist einfach nur dreist.
    Römermann: Aber ist es denn nicht auch legitim, dass die Bausparkassen versuchen, irgendwo diese Altverträge los zu werden? Der Deal war ja eigentlich auch, man schließt so einen Bausparvertrag ab wegen einem Darlehen, was man haben will. Und wenn die Leute dieses Darlehen einfach nicht abrufen, entfällt dann nicht auch irgendwie die Vertragsgrundlage?
    Nauhauser: Wenn das der Deal war, dann kann man ja in den Vertrag reinschreiben, dass die Bausparkasse diesen Vertrag dann kündigen wird, wenn der Kunde sein Darlehen nicht abruft. Das hat man aber in den Vertrag nicht reingeschrieben.
    Also war das auch nicht der Deal. Stattdessen stand im Vertrag drin, der Vertrag wird fortgesetzt, und wenn der fortgesetzt wird, dann heißt das für jeden Verbraucher erst mal, die Bausparkasse kann den also nicht kündigen. Und jetzt bemüht sich die Bausparkasse, weil es im Vertrag nicht klar geregelt ist, im Gesetz eine Grundlage zu finden, und sie deklariert praktisch diesen Bausparvertrag zu einem Darlehensvertrag des Kunden an die Bausparkasse, um so zu einem Kündigungsrecht zu kommen. Das ist schon erfindungsreich.
    "Man muss genau hinsehen, welcher Fall wird gekündigt"
    Römermann: Wie sollten sich denn jetzt Verbraucher verhalten, die von so einer Kündigung betroffen sind? Kann man sich dagegen wehren? Kann man dagegen Einspruch erheben und wie funktioniert das?
    Nauhauser: Man muss genau hinsehen, welcher Fall wird gekündigt. Immer dann, wenn die Verträge überspart sind, also das Guthaben schon so hoch ist wie die Bausparsumme, und deshalb kein Darlehensanspruch mehr besteht, dann kann man sagen, das Vertragsziel ist erreicht, die Bausparsumme steht jetzt zur Verfügung, vollständig, kann abgerufen werden in Form eines Guthabens. Da kann die Bausparkasse kündigen.
    In allen anderen Fällen, wo der Kunde noch einen Darlehensanspruch hat, da ist die Rechtslage unklar und es wird letztendlich auf einen Kampf hinauslaufen, David gegen Goliath.
    Für David, also den einzelnen Kunden, geht es im Zweifel um ein paar hundert oder ein paar tausend Euro Zinserträge. Für Goliath, die Bausparkassen, geht es um Millionen, vielleicht sogar auch um die Existenz.
    Im Moment jedenfalls geht es noch nicht um die Existenz. Die Bausparkassen verdienen ja alle prächtig und feiern einen Rekord nach dem anderen.
    Insofern würde ich davon ausgehen, dass die Bausparkassen es sich leisten können, diesen Prozess auch bis zum BGH durchzufechten.
    "Jeder, der heute ein Darlehen braucht, der wird das woanders günstiger kriegen"
    Römermann: Noch eine ganz kurze andere Frage. Lohnt es sich denn eigentlich für die Bausparer, die so einen alten Vertrag noch haben, das darin enthaltene Darlehen überhaupt noch zu nutzen, oder sind da die Zinsen im Endeffekt zu hoch? Sollte man dann lieber aussteigen, wenn man wirklich nicht bauen möchte?
    Nauhauser: Das ist ja das Typische bei dem Bausparvertrag. Man sichert sich ein zinssicheres Darlehen, nicht ein zinsgünstiges Darlehen. Ob nämlich das Darlehen zinsgünstig ist, entscheidet sich dann hinterher. Und für die Kunden, deren Verträge jetzt gut verzinst sind - die haben extra Renditeverträge abgeschlossen, also solche mit einem hohen Guthabenzins -, da war vertragsgemäß auch der Darlehenszins höher. Und jeder, der heute ein Darlehen braucht, der wird das woanders günstiger kriegen, zumindest im Moment.
    Römermann: Vielen Dank für diese Informationen an Nils Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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