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Künftig weniger Staatseinfluss

Die Aktionäre des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS bewilligten auf der Hauptversammlung in Amsterdam den Umbau des Konzerns. Durch die neue Eigentümerstruktur soll EADS künftig weniger abhängig von Berlin und Paris sein.

Christian Bremkamp im Gespräch mit Sina Fröhndrich |
    Sina Fröhndrich: Irgendwann muss das Kind auch mal auf eigenen Beinen stehen, sollten sich Eltern aus den wichtigsten Lebensentscheidungen raushalten und den Nachwuchs gewähren lassen. Diese Überzeugung vieler Pädagogen teilt auch Tom Enders. Vor allem dann, wenn es um den von ihm geleiteten Konzern EADS geht.
    Der stand in der Vergangenheit ziemlich unter der Fuchtel der Regierungen in Paris und Berlin, was jetzt ein Ende haben soll. Weniger Staatseinfluss war das Ziel, beschlossen wurden die neuen Familienbande soeben auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Amsterdam.
    Christian Bremkamp aus unserer Wirtschaftsredaktion. Was stand denn da genau zur Abstimmung?

    Christian Bremkamp: Also im Wesentlichen ging es um eine Neusortierung der Eigentümerstruktur: Bislang hielten Deutschland, Frankreich und Spanien über ganz unterschiedliche Beteiligungen rund 50 Prozent am Konzern. Das wird nun anders – Für Deutschland und Frankreich sind künftig jeweils zwölf Prozent vorgesehen, Spanien will seinen Anteil auf vier Prozent absenken. Zwei große Anteilseigner wollen sogar ganz aussteigen, die französische Mediengruppe Lagardère und der deutsche Daimlerkonzern. Daraus ergeben sich auch Änderungen im Verwaltungsrat. Der wurde bislang nämlich von Arnaud Lagadere geleitet. Nun rückt der frühere Chef des französischen Rüstungs- und Elektronikkonzern Thales, Denis Ranque, an dessen Stelle – Wunschkandidat übrigens von EADS-Chef Tom Enders.

    Sina Fröhndrich: Klingt alles sehr französisch – wo bleibt Deutschland bei der ganzen Sache?

    Christian Bremkamp: Nun, die Bundesregierung war und ist immer an einer Balance interessiert. Die wird nun auch hergestellt, denn wenn man sich die Zahlen etwas genauer anschaut, dann steigt der deutsche Anteil. Bislang liegt er bei etwas mehr als zehn Prozent, künftig dann eben bei zwölf Prozent. Dabei darf man sich das nicht so vorstellen, dass da Aktien im Bundeskanzleramt gehortet werden. Das Ganze wird vielmehr über die bundeseigene KfW-Bank abgewickelt, die übernimmt die EADS-Anteile von Daimler sowie weiteren Investoren. Und von wegen französisch: In den neuen zwölf-köpfigen Verwaltungsrat ziehen jetzt auch zwei Deutsche ein: der frühere BDI-Präsident Hans-Peter Keitel und Daimler-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff.

    Sina Fröhndrich: Richtig Ärger gab es ja im vergangenen Herbst, als die geplante Fusion von EADS und dem britischen Rüstungshersteller BAE-Systems platzte. Könnte solch ein Zusammenschluss noch mal Thema werden, wenn EADS jetzt ein "normaleres" Unternehmen wird, wie es Tom Enders ja mal gefordert hat?

    Christian Bremkamp: Also – Staatsferne hin, Staatsferne her - ich bin mir ziemlich sicher, dass sowohl Berlin als auch Paris trotz aller Strukturveränderungen auch weiterhin ein wachsames Auge auf EADS haben werden. Aber in der Tat: Heute vor genau einem Monat bekannte Tom Enders, dass er einen neuen Anlauf nicht ausschließe, momentan sei ein Zusammengehen mit BAE aber nicht auf dem Radar. Immer noch fraglich übrigens, was das bringen sollte. Von neuen Märkten und Synergien war damals die Rede. Fakt ist aber, dass der weltweite Rüstungsmarkt eher kleiner als größer wird, auch in den USA, auch in Großbritannien. BAE hat deswegen auch schon vor einem schwierigen Jahr 2013 gewarnt. Viel lockerer kann da eigentlich EADS sein, die Rüstungssparte Cassidian schwächelte zuletzt zwar auch etwas. Dank der Airbussparte konnte das Gesamtkonzernergebnis im vergangenen Jahr aber ein deutliches Plus verzeichnen.