Von Federico Fellini bis Pablo Picasso: Unzählige Künstler haben die zauberisch-poetische Gegenwelt des Zirkus als Projektionsfläche für eigene schöpferische Visionen verwendet. Eine Tradition, die bis heute fruchtbar ist, wie die Ausstellung in der Kunsthalle Wien beweist. Verena Konrad, Co-Kuratorin der Schau, schreitet durch den zentralen Ausstellungsraum, sie nennt ihn "Manege":
"Was wir hier sehen, ist eine Skulptur von Daniel Firman, einem französisch-belgischen Künstler: ein Elefant, der mit dem Rüssel in der Wand steckt, die Beine nach oben gestreckt. Diese Arbeit heißt "Nasutamanus" und ist eines der Glanzstücke unserer Ausstellung und insofern wichtig, als sie Exotik in die Manege hineinbringt."
Es ist schon erstaunlich, was sich die zirkusenthusiasmierten Künstlerinnen und Künstler so alles haben einfallen lassen, deren Werke in Wien zu sehen sind. Bruce Nauman lässt zwei manische Clowns über Videoschirme miteinander interagieren, Deborah Sengl steuert eine als Zebra getarnte Löwin bei, Roni Horn eine Clownstudie in 36 Einzelporträts. Peter Blake wiederum, Oldstar der britischen Pop-Art, hat Teile seiner kuriosen Sammlung von Zirkusdevotionalien und eine Reihe humoriger Gemälde in die Schau eingebracht. Der US-Künstler Clifton Childree dagegen hat auf Wiener Flohmärkten allerlei Krempel zusammengekauft, unter anderem einen ramponierten Zirkuswagen, um in einer melancholischen Installation eine verlassene Brache nach dem Abzug eines Wanderzirkus zu zeigen. Er habe ein intensives Verhältnis zu fahrendem Volk, erzählt Childree, auch aus biografischen Gründen.
"Meine Großmutter war Tänzerin in einem Varieté, also in einer kleinen, fahrenden Theatergruppe. Wie einen Zirkus ohne Zelt kann man sich das vorstellen. Wenn ich mit den anderen Enkelkindern den Sommer bei den Großeltern verbrachte, übten wir Sketche und akrobatische Szenen ein. Ich habe wie besessen jeden Tag geübt und bin dann am Ende des Sommers mit aufgetreten. Das Haus meiner Großmutter mit seiner antiken Einrichtung und das ganze Showambiente kamen mir als Kind wie eine andere, wunderbare Welt vor, eine Gegenwelt zu dem Albtraum, in dem ich mich sonst wähnte."
Der Zirkus, wie wir ihn kennen, entstand im frühindustriellen England des 18. Jahrhunderts. Die Reitkunst emanzipierte sich von aristokratischen und militärischen Milieus und wurde allmählich volkstümlich. In bretterumzäunten Flächen unter freiem Himmel traten Kunstreiter auf, dazu gesellten sich im Lauf der Zeit Akrobaten, Clowns, Jongleure, Zauberkünstler, Seiltänzer und Dompteure. Der Zirkus des 18. und 19. Jahrhunderts ist in den Augen von Kuratorin Verena Konrad ein Vorläufer des modernen Showbusiness.
"Er ist ein Massenspektakel. Und insofern ist er tatsächlich die Urform des Showbiz. Er ist eine Form des Mass-Entertainment, er ist ein urbanes Phänomen. In allen großen europäischen Städten, in Paris und London beispielsweise war der Zirkus Teil der städtischen Kultur, also nichts Schmuddeliges, das man so nebenbei besucht hat, sondern ein Teil der Großstadtkultur, mit Stars, mit Glamour, mit wunderschönen Lichter und so weiter. Vieles von dem wirkt heute noch ein bisschen schäbig in die Gegenwart hinein, war aber zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Hightech und auch Hochkultur."
Der Zirkus als Metapher, als metakultureller Code interessiert auch die deutsche Filmemacherin Ulrike Ottinger. In ihrem Film "Freak Orlando", der in der Wiener Ausstellung gemeinsam mit eindrücklichen Fotoarbeiten Ottingers gezeigt wird, in "Freak Orlando" setzt sich die Filmemacherin mit Menschen auseinander, die in früheren Jahrhunderten in "Freak Shows" und Kuriositätenkabinetten aufgetreten sind: Kleinwüchsige, dereinst "Lilliputaner" genannt, oder eine "Dame ohne Unterleib".
""Wenn Sie mit Bildern arbeiten und Filme machen, dann sucht man ja immer nach Bildern und Figuren, die extreme Dinge vermitteln können.”"
41 Künstlerinnen und Künstler präsentieren ihre Arbeiten in der Wiener Kunsthalle. Hier wird Disparates nebeneinandergestellt, Humorvolles neben Brutales, Kurioses neben Todernstes, Filigranes neben Gewichtiges. Eine Ausstellung von zirzensischer Buntheit und erstaunlicher Vielschichtigkeit: Artistik auf höchstem Niveau.
"Was wir hier sehen, ist eine Skulptur von Daniel Firman, einem französisch-belgischen Künstler: ein Elefant, der mit dem Rüssel in der Wand steckt, die Beine nach oben gestreckt. Diese Arbeit heißt "Nasutamanus" und ist eines der Glanzstücke unserer Ausstellung und insofern wichtig, als sie Exotik in die Manege hineinbringt."
Es ist schon erstaunlich, was sich die zirkusenthusiasmierten Künstlerinnen und Künstler so alles haben einfallen lassen, deren Werke in Wien zu sehen sind. Bruce Nauman lässt zwei manische Clowns über Videoschirme miteinander interagieren, Deborah Sengl steuert eine als Zebra getarnte Löwin bei, Roni Horn eine Clownstudie in 36 Einzelporträts. Peter Blake wiederum, Oldstar der britischen Pop-Art, hat Teile seiner kuriosen Sammlung von Zirkusdevotionalien und eine Reihe humoriger Gemälde in die Schau eingebracht. Der US-Künstler Clifton Childree dagegen hat auf Wiener Flohmärkten allerlei Krempel zusammengekauft, unter anderem einen ramponierten Zirkuswagen, um in einer melancholischen Installation eine verlassene Brache nach dem Abzug eines Wanderzirkus zu zeigen. Er habe ein intensives Verhältnis zu fahrendem Volk, erzählt Childree, auch aus biografischen Gründen.
"Meine Großmutter war Tänzerin in einem Varieté, also in einer kleinen, fahrenden Theatergruppe. Wie einen Zirkus ohne Zelt kann man sich das vorstellen. Wenn ich mit den anderen Enkelkindern den Sommer bei den Großeltern verbrachte, übten wir Sketche und akrobatische Szenen ein. Ich habe wie besessen jeden Tag geübt und bin dann am Ende des Sommers mit aufgetreten. Das Haus meiner Großmutter mit seiner antiken Einrichtung und das ganze Showambiente kamen mir als Kind wie eine andere, wunderbare Welt vor, eine Gegenwelt zu dem Albtraum, in dem ich mich sonst wähnte."
Der Zirkus, wie wir ihn kennen, entstand im frühindustriellen England des 18. Jahrhunderts. Die Reitkunst emanzipierte sich von aristokratischen und militärischen Milieus und wurde allmählich volkstümlich. In bretterumzäunten Flächen unter freiem Himmel traten Kunstreiter auf, dazu gesellten sich im Lauf der Zeit Akrobaten, Clowns, Jongleure, Zauberkünstler, Seiltänzer und Dompteure. Der Zirkus des 18. und 19. Jahrhunderts ist in den Augen von Kuratorin Verena Konrad ein Vorläufer des modernen Showbusiness.
"Er ist ein Massenspektakel. Und insofern ist er tatsächlich die Urform des Showbiz. Er ist eine Form des Mass-Entertainment, er ist ein urbanes Phänomen. In allen großen europäischen Städten, in Paris und London beispielsweise war der Zirkus Teil der städtischen Kultur, also nichts Schmuddeliges, das man so nebenbei besucht hat, sondern ein Teil der Großstadtkultur, mit Stars, mit Glamour, mit wunderschönen Lichter und so weiter. Vieles von dem wirkt heute noch ein bisschen schäbig in die Gegenwart hinein, war aber zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Hightech und auch Hochkultur."
Der Zirkus als Metapher, als metakultureller Code interessiert auch die deutsche Filmemacherin Ulrike Ottinger. In ihrem Film "Freak Orlando", der in der Wiener Ausstellung gemeinsam mit eindrücklichen Fotoarbeiten Ottingers gezeigt wird, in "Freak Orlando" setzt sich die Filmemacherin mit Menschen auseinander, die in früheren Jahrhunderten in "Freak Shows" und Kuriositätenkabinetten aufgetreten sind: Kleinwüchsige, dereinst "Lilliputaner" genannt, oder eine "Dame ohne Unterleib".
""Wenn Sie mit Bildern arbeiten und Filme machen, dann sucht man ja immer nach Bildern und Figuren, die extreme Dinge vermitteln können.”"
41 Künstlerinnen und Künstler präsentieren ihre Arbeiten in der Wiener Kunsthalle. Hier wird Disparates nebeneinandergestellt, Humorvolles neben Brutales, Kurioses neben Todernstes, Filigranes neben Gewichtiges. Eine Ausstellung von zirzensischer Buntheit und erstaunlicher Vielschichtigkeit: Artistik auf höchstem Niveau.