Die Treppe hoch, gleich gegenüber dem Eingang steht sie auf einer Leiter. Schwarzes T-Shirt, schwarze Hose, die Haare locker hochgesteckt. Der riesige weiße Globus neben ihr bestimmt den Raum. Die Künstlerin zeichnet mit schwarzer Tinte Farbflecken auf die Oberfläche ihres Objekts.
"Es ist eine Herausforderung. Die Idee dahinter war, etwas zu zeichnen, das größer ist als ich. Ich kann das Ganze nicht zu jeder Zeit komplett überblicken. Ich kann nur ein Viertel des Ganzen sehen. Also wenn man hier eine Linie zeichnet ist das Indien aber heute morgen war Indien ganz oben im Norden..."
Die Arbeit wirkt verspielt, erinnert an eine Piñata. Die Pappmachéform ist beklebt mit Zeitungsartikeln aus der WELT, deren Buchstaben durch das weiße Papier hindurch schimmern. Die Umrisse der Kontinente sind oft mehrfach zu sehen.
"Hier, da sind drei, vier, fünf manchmal sechs Linien, die versuchen, den Kontinent zu markieren. Und dann kommt die Tinte und ich zeichne die letzte Linie und dann denke ich: "Hm, das könnte richtig, könnte aber auch falsch sein. Aber vielleicht war es vor zehntausenden von Jahren richtig?" Ich habe viel über den steigenden Meeresspiegel nachgedacht. Was wir als die geografischen Grenzen eines Landes sehen, war nicht immer so, auch die sind in Bewegung und haben sich verändert."
Kunst als politische Aussage
In ihren aktuellen Arbeiten nimmt sie explizit Bezug auf Trump, die Verschärfung der Klassenverhältnisse, Rassismus und den Klimawandel. Als Künstlerin ist sie inzwischen auch Aktivistin.
"Meine Kunst war immer politisch. Ich beschäftige mich mit Umweltthemen und war immer politisch ohne das als politische Kunst zu bezeichnen. So denke ich einfach. In meinen frühesten Arbeiten habe ich mich mit der Entwicklung in Irland auseinandergesetzt. Ich bin in Irland auf dem Land aufgewachsen. In den Neunzigern hat das Land viel Geld von der EU bekommen um Autobahnen und Umgehungsstraßen zu bauen. Die Landschaft veränderte sich dramatisch. Ich nannte meine Arbeiten "Umgehungsstraße" oder "Kreisverkehr", die verspielt waren, aber etwas aussagten über mein Verhältnis zu meiner Umwelt."
Als eine der ersten in der zeitgenössischen Kunst versuchte sie in ihrer Arbeit, Struktur und Materialität der uns umgebenden Welt zu ergründen und in federleichten Zeichnungen ihr Widerspiel zu zeigen: Muster aus der Natur, Pflanzen, Menschen, der Kosmos mit zartem Strich, achtsam aufs Papier gesetzt. Jede Arbeit wie eine sanfte Widmung.
Mathematik und Gartenkunst als Leitfaden durch Leben
2015 schuf sie das Tree Alphabet, ein Zeichensystem, in dem jedem Buchstaben des lateinischen Alphabets ein Baum entspricht. Eine poetische Idee und ein kluges Spiel mit Bild-Symbolik.
"Mein Vater arbeitet mit Zahlen und ich wuchs mit einer Mutter auf, die Gartenkünstlerin war. Diese beiden Dinge, die Mathematik und das Gärtnern haben mich sehr beeinflusst. Als Kind wollte ich Physikerin werden. Ich zeichnete Zahlendiagramme, weil ich wissen wollte, wie die Dinge funktionieren. Wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man die Zweige der Bäume und die wiederholen sich unter der Erde, in den Wurzeln. Das sehen wir nicht, aber wir wissen es."
Der Schock über die Wahl von Donald Trump sitzt noch immer tief. Von Beginn an engagiert sich die 43-Jährige in der Anti-Trump Bewegung, organisiert Protestmärsche und betreut Social-Media-Aktivitäten. In der Galerie Van Horn in Düsseldorf kuratierte sie im vergangenen Jahr die Schau "We, the People", die nicht nur die Anti-Trump-Proteste der ersten Monate zum Thema machte, sondern auch deren Werkzeuge, Pappschilder, Logos und Badges als Artefakte zum Verkauf anbot.
Fragile Kunst mit dem Hang zur Metapher
Auch die Ausstellung Klassenverhältnisse - Phantoms of Perception im Kunstverein in Hamburg will einen Beitrag leisten zu den aktuellen politischen Diskussionen. Auch deren Kuratorin Bettina Steinbrügge bezieht Position:
"In dieser Ausstellung - wir stellen uns ja eigentlich die Frage, wie Welt und Gesellschaft sich heute zusammensetzen. Und Katie hat eigentlich die Arbeit gemacht, die die große Welt zeigt. Das sieht alles sehr fragil aus aber auch sehr eindrücklich und ich glaube, das ist eine sehr sehr schöne Metapher für das, wo wir uns heute befinden, ob wir die Rechten, die nach vorne schießen, haben die ganzen Kriege sehen, den Klimawande uns so weiterl. Das ist eine Welt, der es derzeit bedingt gut geht und ich glaube, das zeigt die Arbeit sehr schön."