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Künstlerinnenpaar Eva und Adele
"Unser Lächeln ist eines unserer wichtigsten Werke"

Dauerperformance im Partnerlook: Das queere Berliner Künstlerinnenpaar Eva und Adele ist seit 25 Jahren mit bunten, raffinierten Kostümen auf den Straßen unterwegs. Das Duo provoziert und überwindet die Geschlechtergrenzen - für mehr Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft.

Von Marie Kaiser |
    Das Künstlerpaar Eva und Adele im me Collectors Room in ihrer Ausstellung in Berlin
    Eva & Adele feiern in Berlin das 25-jährige Bestehen ihrer Dauerperformance (dpa / picture alliance / Annette Riedl)
    "Natürlich gibt es immer wieder viele Menschen, die uns noch nie gesehen haben. Kürzlich standen wir an der Bushaltestelle am Wannsee, und dann stand jemand in unserer Nähe, der ganz langsam, Schritt für Schritt, nähergekommen ist und gesagt hat: 'Ich bin total geflasht. Ich habe noch nie sowas gesehen.'"
    Immer wenn Adele mit ihrer Partnerin Eva vor die Tür geht, sind beide als Kunstwerk unterwegs. Immer im Partnerlook, mit kahlgeschorenen Köpfen, aufwendig geschminkt und in auffälligen selbstgeschneiderten Kostümen. Wer sie fragt, woher sie kommen, hört diese Antwort: Mit der Zeitmaschine aus einer anderen Zeit, wie Eva sagt.
    "Wir sind ja aus der Zukunft kommend in der damaligen Gegenwart von Berlin von 1989 hier gelandet. Und wir wurden ganz schön angefeindet. Dann haben wir eigentlich unseren Sinnen nicht getraut, dass man so zum Teil sehr rüde auf uns reagiert hat."
    "Wir überschreiten Geschlechtergrenzen in sehr unterschiedlicher Weise"
    Auch wenn sich im Jahr 2018 einiges geändert hat, haben Eva & Adele bis heute ein bewährtes Mittel, wenn Menschen irritiert oder feindselig reagieren.
    "Wir haben die Leute angelächelt. Und deshalb ist eines unserer wichtigsten Werke bis zum heutigen Tag unser Lächeln."
    1991 haben Eva & Adele in der großen Kunstperformance "Hochzeit Metropolis" im Martin-Gropius-Bau geheiratet - seitdem sind sie immer zu zweit als queeres Paar unterwegs. Adele sagt:
    "Ich glaube auch, dass die Irritation mindestens verdoppelt wird. Wir beide überschreiten Geschlechtergrenzen in sehr unterschiedlicher Weise."
    "Obwohl wir früh auch schon Schwierigkeiten miteinander hatten, war mir klar: Lieber die Schwierigkeiten überwinden und eine große Sache daraus werden zu lassen", sagt Eva.
    Die Gesetze der Malerei
    Wo wir sind - ist Museum, sagen sie. Eva & Adele bezeichnen sich als Medienplastik - die Fotos, die von ihnen erscheinen, verarbeiten sie weiter zu großen Gemälden. Die Gesichter von Eva und Adele knallbunt und exzentrisch in Öl gemalt, inklusive der Schlagzeile und der typischen Rasterpunkte, die beim Zeitungsdruck entstehen. Die Dokumentation ihrer Performance haben sie längst delegiert ans Publikum. Egal wo sie auftauchen, die Leute winken, sprechen sie an und wollen fotografieren. Eva & Adele lassen sich diese Fotos zuschicken und zeigen sie jetzt auch in der Berliner Ausstellung. Zu sehen ist aber auch, wie aufwendig ihre gemeinsamen Auftritte vorbereitet werden, erklärt Kuratorin Heike Fuhlbrügge.
    "Was das absolut Ungewöhnliche ist: Wir zeigen zum ersten Mal überhaupt alle Kostümpläne. Und das ist ja vielen überhaupt nicht klar, was diese Performance eigentlich bedeutet. Dass sie lange vorher beginnt, dass das alles voll konzeptionell durchdacht ist."
    Fast 200 dieser Kostümpläne hängen an den Wänden. Auf den ersten Blick wird klar: Alles wird minutiös und tabellarisch geplant und durchchoreografiert - vom Mieder über die Handtasche bis zu den Strümpfen. Eva sagt:
    "Wir komponieren regelrecht. Unsere Kostümpläne sind gleichzeitig auch Partituren. Manches geschieht auch nach den Gesetzen der Malerei, weil: Auch mit den Kostümen zu arbeiten ist wie Farbtuben aufschrauben, Farbe rausquetschen und Farben mischen."
    Besonders häufig greifen Eva & Adele zur rosa Farbtube. Eines ihrer bekanntesten Kostüme wird ausgestellt: "Wings" - zwei Kleider aus glänzendem rosa Vinyl mit herzförmigen Flügeln. Und auch wer Eva & Adele ins Gesicht schaut, hat das Gefühl, ein Gemälde zu betrachten. Adele sagt:
    "Es wird in ähnlicher Weise wie altmeisterliche Malerei aufgetragen - in vielen Schichten. Und dadurch entsteht die bestimmte Farbigkeit auch."
    "Wir müssen hellwach sein"
    Eine Begegnung mit Eva & Adele selbst kann die Ausstellung nicht ersetzen. Denn nicht die Videos und die Bilder, die beiden selbst sind der Kern ihres Werkes. Aber der Besucher kann tief in den Kosmos des Künstlerinnenpaares eintauchen und versteht, wieviel Liebe zum Detail hinter Eva & Adele steckt. "L'Amour Du Risque" - die Liebe zum Risiko -, so heißt die Ausstellung in Berlin, denn mit ihrer Dauerperformance im Partnerlook gehen Eva & Adele ein großes Wagnis ein. Adele sagt:
    "Das Risiko ist, dass wir völlig ohne Schutz auf die Straße treten und unsere Performance vorführen. Also im Gegensatz zu klassischen Kunstwerken, die durch das Dach eines Museums geschützt sind. Wir müssen hellwach sein und sehr geschickt und uns wirklich auf die Menschen einlassen."
    "Das größte Risiko von allen ist natürlich auch die Überwindung der Geschlechtergrenzen, und das so offen zu zeigen, weil man sein Innerstes nach außen kehrt", sagt Eva.
    Ein Risiko, das es sich einzugehen lohnt, denn Eva & Adele haben seit ihrer Landung im Hier und Jetzt auch mit daran gearbeitet, dass die Welt - nicht nur in Berlin - ein großes Stück toleranter geworden ist. Ihre Kunst: eine Soziale Plastik mit gesellschaftlichem Gestaltungswillen. Eva sagt:
    "Viel schöner! Die Gegenwart ist schöner geworden für uns."
    "Ich glaube auch, dass ein positiver Aspekt des Globalen und auch des Internetzeitalters ist, dass Diversity stärker auch in Deutschland gelebt wird. Und wir hoffen, dass die Verbreitung unseres Bildes und die Behauptung unseres Bildes etwas dazu beigetragen hat", sagt Adele.
    Am 27.April eröffnet die Ausstellung von EVA&ADELE "L'Amour Du Risque" im Me Collectors Room im Rahmen des Berliner Gallery Weekends.