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Künstliche Verteuerung ?

Eigentlich sollte der Treibstoff E10 schon seit dem 1. Januar an unseren Tankstellen angeboten werden, doch es gab offenbar Lieferprobleme. E10 ist teurer als die bisherigen Treibstoffe. Der ADAC wirft den Mineralölkonzernen Preistricks vor.

Von Philip Banse |
    Das Problem ist aber: Nicht alle Autos dürfen diesen neuen Kraftstoff E10 tanken, also Benzin mit zehn Prozent Alkohol: Immerhin knapp vier Millionen Autos würden ernsthafte Motorschäden davon tragen. Deswegen müssen Tankstellen auch noch altes Benzin verkaufen, das nur fünf Prozent Alkohol enthält. Tatsächlich haben die ersten Tankstellen, die jetzt E10-Benzin verkaufen, weiterhin herkömmliches Superbenzin im Angebot - allerdings zu höheren Preisen. Und das beklagt der ADAC.

    "Der Vorwurf ist, dass, nach unseren Recherchen und nach dem, was wir von Mitgliedern rein bekommen, an den Tankstellen, an denen bereits E10 verkauft wird, festgestellt haben, dass das herkömmliche Superbenzin zu Preisen auf Super-Plus-Niveau verkauft wird. Also etwa 5 bis 6 Cent teurer."

    Sagt Otto Saalmann vom ADAC. Die Tankstellen würden die Notlage von Autofahrern ausnutzen, die noch ältere Autos haben, die keine zehn Prozent Alkohol im Benzin vertragen, sondern noch auf das herkömmliche Benzin mit fünf Prozent angewiesen sind.

    "Man kann nicht hingehen und sagen: Okay, wir zocken jetzt die Autofahrer ab, die eben dieses E5 brauchen."

    Von Abzocke will die Lobby der Mineralölkonzerne nichts wissen. Allerdings bestreitet der Mineralölwirtschaftsverband die vom ADAC vorgebrachten Fakten nicht. Karin Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband sagt:

    "Die Mineralölunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, eine so genannte Schutzsorte anzubieten, die kein E10 vertragen, das heißt weiterhin einen Kraftstoff mit nur fünf Prozent Ethanol. Und dieser Kraftstoff, der jetzt auch angeboten wird von den Tankstellen, die E10 verkaufen, ist ein Kraftstoff, der statt 95 Oktan 98 Oktan enthält. 98 Oktan und fünf Prozent Ethanol - damit entspricht er dem Kraftstoff Super Plus und wird auch zum gleichen Preis wie Super Plus verkauft."

    Das heißt: De facto bieten die Tankstellen gar kein altes Super-Benzin mehr an, sondern verkaufen nur noch Super-Plus, was deutlich teurer ist.

    "Steht ja auch so an dem Preismast. Da steht dann Super/Super Plus."

    Aber es läuft darauf hinaus: Autofahrer, deren Auto kein E10 verträgt, müssen derzeit Super-Plus kaufen. ADAC-Sprecher Saalmann ist sauer:

    "Super Plus - das ist ja noch teurer, das ist ja bis zu acht Cent teurer. Das ist schlicht nichts anderes als eine Preistreiberei, eine Trickserei auf dem Rücken von 3,5 Millionen Autofahrern."

    Benzin-Lobbyistin Retzlaff sagt, dass es Tankstellen natürlich freigestellt sei, auch das alte Super-Benzin anzubieten. Allerdings werde auch das teurere werden - einfach, weil es nur zehn Prozent der Autofahrer werden haben wollen - herkömmliches Super Benzin, werde zu einer kleinen Sorte:

    "Eine kleine Sorte bedeutet, dass sie für eine kleine Menge, viele Kosten und einen hohen Aufwand haben bei der Belieferung der Tankstellen - was natürlich eine kleine Sorte auch teurer macht als eine Massensorte."

    Unterm Strich steht also: Wer ein altes Auto hat, das kein neues E10-Benzin verträgt, wird sich mit Super-Plus-Preisen anfreunden müssen. Ob mehr Biokraftstoff im Tank auch wirklich mehr Klimaschutz bedeutet ist umstritten. Die EU hat zumindest einen Zertifizierungs-Prozess eingeführt, der sicherstellen soll, dass für Bioalkohol aus Brasilien keine Regenwälder abgeholzt wurden.

    Die Frage ist jetzt: Wenn jetzt immer mehr Alkohol ins Benzin gemischt wird, bekommen die Raffinerien genug zertifizierten Bioalkohol aus dem Ausland? "Wir hatten erst Sorgen, dass es Nachschubprobleme geben könnte", sagte mir ein Sprecher des Biokraftstoffverbandes. "Aber jetzt bekommt jeder genug zertifiziertes Ethanol." Ob das auch noch so ist, wenn im April wirklich alle Tankstellen E10 verkaufen, bleibe jedoch abzuwarten.