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Kürzungen bei Horizon 2020
"Es ist bitter, auf 2,2 Milliarden zu verzichten"

Die Einsparungen beim europäischen Forschungsförderungsprogramm Horizon 2020 fallen niedriger aus, als ursprünglich befürchtet. Renate Ubachs, Sprecherin des Bundesarbeitskreises der EU-Referentinnen an Hochschulen in Deutschland, sagte im Deutschlandfunk, sie sei dennoch enttäuscht, dass es überhaupt eine Kürzung gebe.

Renate Ubachs im Gespräch mit Regina Brinkmann |
    Regina Brinkmann: Das sind schlechte Nachrichten für Europa – so kommentierte HRK-Präsident Horst Hippler die aktuelle Vereinbarung der EU, insgesamt 2,2 Milliarden Euro bei der europäischen Forschungsförderung Horizon 2020 zu kürzen. Zwar wird die Einsparsumme rund 500 Millionen Euro niedriger ausfallen, als ursprünglich mal geplant, aber das dürfte für viele Wissenschaftler und Forschungsstandorte nur ein schwacher Trost sein. Was die Kürzung für die Hochschulen und ihre Förderung durch EU-Mittel nun ganz praktisch bedeutet, dazu kann Renate Ubachs was sagen.
    Sie berät nämlich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die an der Humboldt-Universität zu Berlin von Horizon 2020 profitieren wollen, und außerdem ist sie Sprecherin des Bundesarbeitskreises der EU-Referentinnen an Hochschulen in Deutschland. Frau Ubachs, was bedeutet diese Kürzung für die Hochschulen aus Ihrer Sicht?
    Renate Ubachs: Grundsätzlich muss man sagen, sind wir natürlich enttäuscht, dass es überhaupt die Kürzung gibt. Es ist bitter, auf 2,2 Milliarden für das Forschungsrahmenprogramm zu verzichten, aber ich möchte vielleicht beginnen mit dem Positiven, nämlich wir haben es erreicht, vor allen Dingen unserer Vertreterinnen und Vertreter in Brüssel haben erreicht, dass das Parlament zumindest sich der Forderung angeschlossen hat, die Gelder für die Grundlagenforschung, das heißt für die exzellente Grundlagenforschung im Rahmen des Europäischen Forschungsrats und des Marie-Curie-Programms für Nachwuchsförderung nicht anzutasten. Das sehe ich zumindest als einen vielleicht eher kleinen, aber doch für uns als Hochschulen wichtigen Teilerfolg, weil gerade Grundlagenforschung und Nachwuchsförderung ja eine der wichtigen Aufgaben an den Hochschulen ist.
    "Die tägliche Arbeit wird schwieriger"
    Brinkmann: Und welcher Bereich wird nun angetastet, und, ja, wie beeinflusst das Ihre Arbeit?
    Ubachs: Angetastet mit 2,2 Milliarden, wie Sie schon gesagt haben, wird vor allen Dingen der große Bereich der Europäischen Verbundforschung. Verbundforschung heißt, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen arbeiten gemeinsam in europäischen, grenzüberschreitenden Netzwerken zusammen und entwickeln neue Ideen, wo Grundlagenforschung und Anwendungsorientierung ineinandergreifen.
    Dieser Bereich mit 2,2 Milliarden wird gekürzt, das heißt, die Chancen der Zusammenarbeit – sowohl quantitativ als auch qualitativ – werden meiner Meinung nach immens sinken. Die Förderquoten für die Beteiligung der Universitäten an der Verbundforschung werden sinken, was es für uns in der täglichen Arbeit schwieriger macht, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiterhin zu motivieren, sich am Programm zu beteiligen.
    "Wir sind die Lotsen"
    Brinkmann: Wie gut oder wie schlecht lassen sich denn überhaupt Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bisher für diese Forschungsförderung motivieren, weil es ist ja schon fast eine Wissenschaft für sich, diese zu beantragen, oder?
    Ubachs: Ja, das Programm ist komplex, sich durch den, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer sagen, Dschungel der europäischen Förderung durchzukämpfen, aber darin sehen wir als EU-Referentinnen und -Referenten ja gerade unsere Hauptaufgabe. Wir sind die Lotsen, wir kennen die Programmstruktur, wir kennen die Struktur unserer Einrichtungen, und wir versuchen, sowohl die EU-Newcomer an unseren Einrichtungen als auch die EU-erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ja immer wieder mit neuen Herausforderungen, mit jedem neuen Programm konfrontiert sind, durch diesen Dschungel hindurch zu lotsen und dann am Ende mit ihnen gemeinsam den Erfolg für die Hochschule zu ermöglichen.
    Brinkmann: Ja, jetzt fällt ja Geld weg in verschiedenen Bereichen, da haben wir drüber gesprochen, nun heißt es aber auch aus Brüssel, die Forschung könne ja sich auch aus diesem Investitionsprogramm bedienen und davon profitieren, also jenes Programm genau, für das Horizon 2020 ja diese Mittel von 2,2 Milliarden Euro abgeknapst wurden, aber die Hochschulrektorenkonferenz bezweifelt das. Auch Sie?
    Ubachs: Ja, ich bezweifle das aus einem ganz konkreten Grund: Der SC stellt Kredite zur Verfügung, die dann in ...
    Brinkmann: Damit meinen Sie dieses Investitionsprogramm?
    Ubachs: Richtig, sozusagen mit dem SC-Investitionsprogramm, also dem sogenannten Juncker-Plan, wie das kurz heißt, sollen Investitionen durch Kredite ermöglicht werden. Universitäten, Hochschulen und Forschungszentren haben aufgrund unserer Gesetzgebung in Deutschland in der Regel nicht die Möglichkeit – es sei denn, sie sind privat organisiert –, Darlehen auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. Die Kommission hat immer wieder gesagt, ja, die Hochschulen können ja dann dort auch Gelder abfordern beziehungsweise beantragen, aber wir zumindest in Deutschland sehen für uns da keine direkte Möglichkeit.
    Brinkmann: Ja, soweit Renate Ubachs, Sprecherin des Bundesarbeitskreises der EU-Referentinnen an Hochschulen in Deutschland zu den Sparplänen bei der Europäischen Forschungsförderung Horizon 2020.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.