Die Deutsche Presse-Agentur selbst spricht von einer Neustrukturierung. Man werde künftig nicht mehr nur Meldungen eigener Reporterinnen und Reporter anbieten, sondern darüber hinaus vermehrt Inhalte von Partnern in die Dienste aufnehmen, die selbstverständlich die eigenen Ansprüche an journalistische Standards teilen würden.
dpa-Chefredakteur Sven Gösmann betont, die Qualität der Auslandsberichterstattung für die deutschen Kunden, also etwa Zeitungen und Rundfunk, werde darunter nicht leiden: "Das Ausland ist für uns sehr wichtig, ist eines unserer beiden fundamentalen Berichterstattungsgebiete, und wir machen da keine Abstriche."
Am Ende auch eine Kostenfrage
Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der dpa sehen das anders. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagt ein langjähriger dpa-Redakteur, der anonym bleiben will, die nun rund 30 entlassenen Korrespondentinnen und Korrespondenten hätten auch das deutschsprachige Angebot mit Informationen versorgt, zum Teil aus Gebieten, über die nur sie für die Nachrichtenagentur berichtet hätten. Der dpa-Betriebsrat betont in einer internen Stellungnahme, die dem Deutschlandfunk vorliegt, der englische Dienst sei das "Rückgrat der internationalen Berichterstattung" der Nachrichtenagentur.
dpa-Chefredakteur Sven Gösmann widerspricht dem nicht. Doch am Ende sei es auch eine Kostenfrage gewesen: Mit dem englischen Dienst habe man keine Gewinne gemacht. Wo es aber für die Berichterstattung wichtig sei, halte man auch an Mitarbeitern fest. 20 der vormals 50 Reporterinnen und Reporter, die vor Ort unterwegs waren, sollen nun für den deutschsprachigen Dienst arbeiten: "Wir haben festgestellt, dass wir in Indien einen von zwei Kollegen behalten, eben um die Fähigkeit zu Hindi und anderen Landesdialekten zu erhalten in dem Büro, weil die deutschsprachige Kollegin, die da ist, kein Hindi kann, oder nur sehr rudimentär."
"Spiegel": Interessiert an gutem dpa-Auslandsnetz
In Deutschland gab es auf die angekündigten Streichungen kaum öffentliche Reaktionen. Die dpa hat die besondere Situation, dass die meisten ihrer Kunden, also Medienunternehmen, gleichzeitig ihre Gesellschafter sind, also ihre Eigentümer.
Von mehreren dieser Redaktionen und Verlage, die der Deutschlandfunk angeschrieben hat, kam nur vom "Spiegel" eine Antwort. Darin erklärt Mathieu von Rohr, Leiter des "Spiegel"-Auslandsressorts, Auslandberichterstattung leiste man sich "ganz überwiegend" mit eigenen Korrespondentinnen und Reportern. Grundsätzlich sei man aber "an einem guten Auslandsnetz der dpa interessiert".
Direkt betroffen ist die Deutsche Welle
Als einzige Redaktion hierzulande direkt betroffen gilt die Deutsche Welle. Man werde sich die Folgen der Umstrukturierung ganz genau anschauen, kündigt DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge an: "Weil, sicher ist: Der englische Dienst der dpa ist für uns, vor allen Dingen unsere Sprachangebote, natürlich eine hervorragende Quelle."
Mögliche Schwierigkeiten erwartet Kasper-Claridge für die Berichterstattung in englischer Sprache aus und über Afrika: "Da war natürlich auch die dpa eine wichtige Quelle, die dann da ja erst mal nicht mehr in dem Maße zur Verfügung stehen wird. Da müssen wir mal schauen, welche Auswirkungen das hat."
Die Deutsche Welle begrüße, dass sich die dpa noch mehr als bisher auf Berichterstattung aus Deutschland und Europa in englischer Sprache fokussieren wolle.
Trend zu weniger fest angestellten Korrespondenten
Insgesamt würden in Deutschland immer mehr Redaktionen davon ausgehen, dass ihr Publikum kaum an Berichterstattung aus dem nicht-europäischen Ausland interessiert sei, beobachtet Julia Lönnendonker. In einem schriftlichen Interview mit dem Deutschlandfunk stellt die Brüsseler Kommunikationswissenschaftlerin fest, deutsche Redaktionen würden immer weniger in feste und damit für sie teure Korrespondentennetze investieren.
Stattdessen setze man verstärkt auf freie einheimische und damit meist günstigere Mitarbeiter. Lönnendonker sieht deshalb die dpa immer mehr in der Pflicht, weiterhin für eine zuverlässige Auslandsberichterstattung in Deutschland zu sorgen.
Weniger "Land und Leute" bei der dpa
Doch wie genau sieht die aus? Für Berichte über "Land und Leute" hätten deutsche Medien kaum mehr Platz, entsprechend selten biete man sie noch an, sagt Chefredakteur Sven Gösmann. Gefragt dagegen sei die dpa bei sogenannten starken Nachrichtenlagen, beispielsweise Regierungskrisen oder regionalen Konflikten – nun nur mit 30 Reporterinnen und Reportern weniger vor Ort.
Und der englische Dienst sei für Kunden im Ausland vor allem interessant, wenn der Agentur eine besondere Kompetenz unterstellt werde: "Das ist der Fall für Deutschland, mit dem weltweiten Popstar Angela Merkel, das ist der Fall für Europa, mit Deutschland als größter Volkswirtschaft in Europa, und das ist der Fall immer dann, wenn es deutsche Wirtschaftsinteressen im Ausland gibt."
Auch entsprechend dieser Nachfrage habe die dpa ihren englischen Dienst nun neu strukturiert. Erledigt wird diese Aufgabe an einem zentralen Desk von rund 25 Kolleginnen und Kollegen, die laut dpa dort bleiben.