Karin Fischer: Aus Berlin kommt eine Meldung, die heute massive Fragen aufwirft: Die Solomon R. Guggenheim Stiftung hat entschieden, dass das geplante BMW Guggenheim Lab nicht in Kreuzberg verortet werden soll, und zwar - und jetzt zitiere ich aus der entsprechenden Pressemeldung - "… aufgrund der hohen Gefährdungseinstufung seitens Polizei und lokaler Behörden. Diese Entscheidung wurde infolge von Drohungen gegen das Projekt getroffen."
Die Fragen, die sich hier stellen: Ist Kreuzberg jetzt so was wie die South Bronx? Und sollte die Berliner Polizei nicht in der Lage sein, ein Diskurs-Labor und dessen Mitarbeiter zu schützen? - Mein Kollege Stefan Koldehoff hat sich umgehört, an ihn deshalb zuerst die Frage: Herr Koldehoff, was ist das BMW Guggenheim Lab und was wollte es in Kreuzberg?
Stefan Koldehoff: Also zunächst mal: Was ist es nicht, was man beim Namen ja vermuten könnte? Es ist kein Forschungslabor der Automobilindustrie, sondern eine kulturelle Angelegenheit in einem mobilen Gebäude, entworfen von japanischen Designern, das auf- und wieder abgebaut werden kann – so schon geschehen in New York, jetzt zweite Station Berlin, irgendwann soll es dann nach Mumbai und in sechs weitere Weltstädte gehen. Was man dort will ist, jungen internationalen Teams aus den Bereichen Stadtentwicklung, Architektur, Kunstdesign, aber auch Bildung und Nachhaltigkeit die Möglichkeit geben, in Diskussionen, in Experimenten, in Ausstellungen sich mit Fragen des modernen Lebens zu befassen – also: wie sehen die Städte heute aus, kann es so weitergehen und wie könnten die Städte eventuell irgendwann mal aussehen?
Fischer: Nun gibt es in Berlin brennende Pkws, es gibt einen gewaltbereiten schwarzen Block, der gerne mal in der Nacht zum 1. Mai Randale macht, es gibt vielleicht sogar Bezirke, in die man aus Gründen des gesunden Menschenverstands ungern mit einem fetten BMW fahren würde. Was konkret aber soll "Gefährdungseinstufung" denn bedeuten?
Koldehoff: Na ja, die Polizei hat offenbar die Träger dieses geplanten Labors – und das ist die Guggenheim Stiftung; BMW gibt "nur" das Geld, nimmt aber keinerlei inhaltlichen Einfluss, und das hat dieser Konzern übrigens bei anderen kulturellen Projekten auch schon gezeigt, dass das so ist – den Hinweis gegeben, es ist kein so ganz sicheres Terrain für euch, wir haben bei anderen Projekten, beispielsweise dieser großen Veranstaltungshalle der O2-Arena, gesehen, dass es da zu Gewalt gegen Sachen, sprich Schmierereien, Steinwürfen und so weiter, unter Umständen aber auch gegen das Personal kommen kann, und daraufhin hat sich dann die Guggenheim Stiftung in New York entschieden, dann lassen wir es lieber an der Stelle.
Fischer: Wäre dann jetzt nicht die Berliner Polizei oder auch die Kulturbehörde aufgerufen zu versichern, dass Kultur in Deutschland nach wie vor nicht gefährdet sein wird?
Koldehoff: Das hat sie getan. Das wurde sogar von ganz oben getan. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit schreibt heute, einem solchen Projekt müsse man eigentlich den Roten Teppich ausrollen, auch in Berlin, und selbstverständlich würden die dafür zuständigen Behörden die Sicherheit auch für ein solches Projekt garantieren. Warum es dann trotzdem nicht zustande kommt, das erklärt Wowereit allerdings nicht. Also das, was bei anderen Großveranstaltungen dieser Art, bei Konzerten oder bei Fußballspielen, offenbar gang und gäbe ist, nämlich ausreichende Sicherheitsgarantien, das scheint die Guggenheim Stiftung so nicht empfunden zu haben.
Nun ist allerdings hinter den Kulissen zu hören, dass man das in der Kulturszene in Berlin als ganz, ganz großen Skandal begreift. So darf es einfach nicht sein in der Hauptstadt, in der Millionenstadt Berlin. Es gibt wohl schon eine Reihe von Asylangeboten für dieses Projekt von namhaften Kulturinstitutionen in Berlin, und hinter den Kulissen laufen wohl auf Hochtouren im Moment die Verhandlungen, ob es nicht doch irgendeine Möglichkeit gibt, dieses Labor noch in Berlin zu halten, denn wenn es nicht dort stattfinden würde, wäre das natürlich eine Blamage für die Stadt, die zumindest in der Stadtverwaltung niemand will.
Fischer: Ihr Fazit, Herr Koldehoff?
Koldehoff: Eigentlich schon jetzt eine große Blamage für die Stadt. Ich glaube, es hätte gar nicht so weit kommen sollen. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt: diese Initiative, die gegen das Labor ist, die argumentiert wieder damit, dadurch würde der Kiez teurer werden und die Immobilienpreise würden steigen und auf dem Gelände, auf dem das alles stattfinden soll, da solle irgendwann eine Luxusbebauung kommen. Das mag ja alles sein, aber stellt das die Qualitäten dieses Projekts infrage?
Fischer: Herzlichen Dank, Stefan Koldehoff, für diesen Bericht über das BMW Guggenheim Lab und die Berliner Verhältnisse.
Die Fragen, die sich hier stellen: Ist Kreuzberg jetzt so was wie die South Bronx? Und sollte die Berliner Polizei nicht in der Lage sein, ein Diskurs-Labor und dessen Mitarbeiter zu schützen? - Mein Kollege Stefan Koldehoff hat sich umgehört, an ihn deshalb zuerst die Frage: Herr Koldehoff, was ist das BMW Guggenheim Lab und was wollte es in Kreuzberg?
Stefan Koldehoff: Also zunächst mal: Was ist es nicht, was man beim Namen ja vermuten könnte? Es ist kein Forschungslabor der Automobilindustrie, sondern eine kulturelle Angelegenheit in einem mobilen Gebäude, entworfen von japanischen Designern, das auf- und wieder abgebaut werden kann – so schon geschehen in New York, jetzt zweite Station Berlin, irgendwann soll es dann nach Mumbai und in sechs weitere Weltstädte gehen. Was man dort will ist, jungen internationalen Teams aus den Bereichen Stadtentwicklung, Architektur, Kunstdesign, aber auch Bildung und Nachhaltigkeit die Möglichkeit geben, in Diskussionen, in Experimenten, in Ausstellungen sich mit Fragen des modernen Lebens zu befassen – also: wie sehen die Städte heute aus, kann es so weitergehen und wie könnten die Städte eventuell irgendwann mal aussehen?
Fischer: Nun gibt es in Berlin brennende Pkws, es gibt einen gewaltbereiten schwarzen Block, der gerne mal in der Nacht zum 1. Mai Randale macht, es gibt vielleicht sogar Bezirke, in die man aus Gründen des gesunden Menschenverstands ungern mit einem fetten BMW fahren würde. Was konkret aber soll "Gefährdungseinstufung" denn bedeuten?
Koldehoff: Na ja, die Polizei hat offenbar die Träger dieses geplanten Labors – und das ist die Guggenheim Stiftung; BMW gibt "nur" das Geld, nimmt aber keinerlei inhaltlichen Einfluss, und das hat dieser Konzern übrigens bei anderen kulturellen Projekten auch schon gezeigt, dass das so ist – den Hinweis gegeben, es ist kein so ganz sicheres Terrain für euch, wir haben bei anderen Projekten, beispielsweise dieser großen Veranstaltungshalle der O2-Arena, gesehen, dass es da zu Gewalt gegen Sachen, sprich Schmierereien, Steinwürfen und so weiter, unter Umständen aber auch gegen das Personal kommen kann, und daraufhin hat sich dann die Guggenheim Stiftung in New York entschieden, dann lassen wir es lieber an der Stelle.
Fischer: Wäre dann jetzt nicht die Berliner Polizei oder auch die Kulturbehörde aufgerufen zu versichern, dass Kultur in Deutschland nach wie vor nicht gefährdet sein wird?
Koldehoff: Das hat sie getan. Das wurde sogar von ganz oben getan. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit schreibt heute, einem solchen Projekt müsse man eigentlich den Roten Teppich ausrollen, auch in Berlin, und selbstverständlich würden die dafür zuständigen Behörden die Sicherheit auch für ein solches Projekt garantieren. Warum es dann trotzdem nicht zustande kommt, das erklärt Wowereit allerdings nicht. Also das, was bei anderen Großveranstaltungen dieser Art, bei Konzerten oder bei Fußballspielen, offenbar gang und gäbe ist, nämlich ausreichende Sicherheitsgarantien, das scheint die Guggenheim Stiftung so nicht empfunden zu haben.
Nun ist allerdings hinter den Kulissen zu hören, dass man das in der Kulturszene in Berlin als ganz, ganz großen Skandal begreift. So darf es einfach nicht sein in der Hauptstadt, in der Millionenstadt Berlin. Es gibt wohl schon eine Reihe von Asylangeboten für dieses Projekt von namhaften Kulturinstitutionen in Berlin, und hinter den Kulissen laufen wohl auf Hochtouren im Moment die Verhandlungen, ob es nicht doch irgendeine Möglichkeit gibt, dieses Labor noch in Berlin zu halten, denn wenn es nicht dort stattfinden würde, wäre das natürlich eine Blamage für die Stadt, die zumindest in der Stadtverwaltung niemand will.
Fischer: Ihr Fazit, Herr Koldehoff?
Koldehoff: Eigentlich schon jetzt eine große Blamage für die Stadt. Ich glaube, es hätte gar nicht so weit kommen sollen. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt: diese Initiative, die gegen das Labor ist, die argumentiert wieder damit, dadurch würde der Kiez teurer werden und die Immobilienpreise würden steigen und auf dem Gelände, auf dem das alles stattfinden soll, da solle irgendwann eine Luxusbebauung kommen. Das mag ja alles sein, aber stellt das die Qualitäten dieses Projekts infrage?
Fischer: Herzlichen Dank, Stefan Koldehoff, für diesen Bericht über das BMW Guggenheim Lab und die Berliner Verhältnisse.