Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor. Ein gerne gebrauchter Satz, der sich jetzt für Berlin konkret belegen lässt. Fast alle Berlinerinnen und Berliner nutzen die Kulturangebote der Hauptstadt. Für viele ist das Kulturangebot sogar wichtig für die Wahl ihres Wohnortes. Vera Allmannritter, Leiterin des Instituts für kulturelle Teilnahmeforschung: "Also wenn Sie auf die letzten 12 Monate gucken und man mit einem breiten Kulturbegriff fragt, ob Personen dort waren oder nicht, dann waren 93 Prozent bei mindestens einem Kultur- oder Freizeitangebot in den letzten 12 Monaten."
Reichhaltiges Kulturangebot
Fragt man nach klassischen Kulturangeboten, sind es immerhin noch drei von vier Berlinern, die diese wahrnehmen. Gute Noten verteilen sie auch – 94 Prozent sind zufrieden. Kultursenator Klaus Lederer: "Dem Grunde danach war das erwartbar, die Zahlen als solche haben uns aber schon überrascht." Ein erstaunliches Ergebnis: Selbst diejenigen, die nicht ins klassische Konzert gehen, befürworten eine staatliche Förderung dieser Kulturangebote. Das heißt: Es gibt Berlinerinnen und Berliner, die Opern, Theater und Konzerte in ihrer Stadt wichtig finden, aber nicht den Eindruck haben, dass sich diese Angebote an sie selber richtet.
Kultur im Nahbereich erwünscht
Welche Barrieren existieren da und was müsste getan werden, damit bisherige Nicht-Nutzer künftig eine Ballettaufführung oder ein klassisches Konzert besuchen? Die Antworten der Befragten: Ich müsste mehr Geld für diese Angebote zur Verfügungen haben, es müsste mehr Angebote geben, die mich interessieren. Und: Es müsste mehr Angebote in der direkten Umgebung geben. Den Stadtrand nicht vergessen – das wünschen sich viele Berlinerinnen und Berliner. Kultursenator Lederer ist auf ihrer Seite. "Erstmal was die Grundversorgung angeht, Bibliotheken, Jugendkunstschulen, da sind wir in Berlin gut, aber da muss mehr passieren. Das ist auch eine Ressourcenfrage. Wir werden sehen, wieviel Geld nach Corona noch für unseren Bibliotheken-Entwicklungsplan zur Verfügung steht. Bis hin aber auch zur Nutzung von vorhandenen Freilichtbühnen oder Kieztheatern, all so etwas zu stärken, und das ist mindestens so wichtig wie die Förderung von Leuchttürmen in der Mitte der Stadt."
Wunsch nach freiem Eintritt
Die Eintrittspreise müssten niedriger sein, dann würde ich auch ins Museum oder ins Theater gehen – dieser Antwort stimmten 60 Prozent der Befragten zu. Einige europäische Städte wie Paris oder London haben die Eintrittspreise für ihre Museen abgeschafft, nur für Sonderausstellungen muss bezahlt werden. In Berlin wird das Humboldtforum – es eröffnet im Dezember – diesem Beispiel folgen, die anderen Museen nicht. Allerdings wird es einen kostenfreien Sonntag mit Extra-Angeboten für Familien geben, so eine Absprache zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Berlins Kultursenator. "Die komplette Kostenfreiheit in allen Kultureinrichtungen ist ein hehres Ziel, wird aber lange nicht erreichbar sein, weil die Ressourcen dafür so unendlich hoch sind. Wer das Geld hat, sich eine Opernvorstellung leisten zu können, der soll auch durchaus seinen Beitrag dafür leisten. Also eine generelle Kostenfreiheit finde ich kein erstrebenswertes Ziel," so Kultursenator Klaus Lederer.
Kulturelle Teilhabe nicht vom Schulabschluss abhängig
Weitere Ergebnisse der Studie: Konzert- und Theaterbesucher sind mitnichten alle Akademiker. Jeder dritte Berliner ohne Abitur besucht Ausstellungen oder geht ins Theater. Und während Personen allen Alters ins Theater gehen oder in eine Ausstellung, gehören die Besucherinnen und Besucher klassischer Konzerte eher der Altersgruppe 60 plus an. Und wie verändert die Corona-Pandemie die Nutzung von Kulturangeboten? Die ersten Erfahrungen: Das Stammpublikum kommt zurück, selbst wenn es einer Risikogruppe angehört.