Archiv

Kulturgeschichte eines Hundes
"Der Mops ist ein Selbstdarsteller"

In Europa habe es schon einmal im 18. Jahrhundert eine ausgeprägte Mops-Mode gegeben, sagte die Autorin und Literaturkritikerin Katharina Teutsch im DLF. Er sei im Grunde genommen ein komisches Tier, das vor allem an den Adelshöfen zur Unterhaltung der Menschen eingesetzt worden sei. Es habe aber auch freimaurerische Mops-Orden gegeben.

Katharina Teutsch im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Ein Mops mit Halstuch blickt in die Kamera.
    Was wollt ihr? Mops-Moden gab es schon früher in Europa. (Imago / Future Image)
    Sandra Schulz: "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos", sagt Loriot. Damit ist viel gesagt über eine Hunderasse, die seit Jahrhunderten fasziniert, aber auch polarisiert. Scharm, Würde, Intelligenz bescheinigen seine Liebhaber dem Mops; Knautschgesicht, CouchPotato, Diva kontern die Skeptiker. Gleichgültig - das hat auch die Stichprobe hier in der Redaktion ergeben - steht dem Mops wohl so gut wie niemand gegenüber, und darauf kommen wir heute im Vorgriff auf morgen, auf das sechste Internationale Mops-Treffen in Berlin-Lichtenrade, nach unseren Recherchen in Deutschland das Referenztreffen seiner Art. Mit dabei ist Katharina Teutsch, Autorin des Buchs "Der Mops: Kulturgeschichte eines Gesellschaftshundes". Das erscheint im Oktober. Katharina Teutsch ist uns jetzt aus Berlin zugeschaltet. Guten Morgen!
    Katharina Teutsch: Guten Morgen, Frau Schulz.
    Schulz: Es sind rund 200 Teilnehmer angemeldet, wobei natürlich die Hunde angemeldet werden und die Herrchen und Frauchen nur als Begleitpersonal geduldet sind. Ist damit der Mops des 21. Jahrhunderts schon charakterisiert?
    Teutsch: Na ja. Man kann sagen, dass mit dieser Anmeldung der Möpse und nicht der Menschen an eine gewisse Tradition angeschlossen wird. Der Mops ist nämlich seit jeher, zumindest seitdem er in Europa bekannt ist, ein Selbstdarsteller. Er taucht zum ersten Mal in den Analen auf ab dem 16. Jahrhundert, allerdings nur kolportiert. Ganz sicher hält er sich verstärkt vor allen Dingen an den europäischen Adelshöfen im 18. Jahrhundert auf und dort wird er vermehrt eingesetzt in der Commedia dell'arte. Das heißt, der Mops ist von vornherein im Grunde genommen ein komisches Tier, was eingesetzt wird, um eine Gesellschaft von Menschen, die ins Theater gehen, die ihn umgeben, die ihn halten, bei Hofe bei Laune zu halten. Insofern passt Ihre Beobachtung ganz gut, die Möpse werden angemeldet, nicht die Menschen, es geht um die Möpse. Und auch auf diesem internationalen Mops-Treffen in Berlin-Lichtenrade, das jetzt zum sechsten Male stattfindet, stehen natürlich die Möpse im Mittelpunkt und die sind dort mit allerlei Kaprizen zu sehen. Es gibt dort die skurrilsten Hundehalsbänder, es gibt Stände, die Hunde-Eis verkaufen, alles wirklich auf die Bedürfnisse der Möpse ausgerichtet.
    Mops-Orden in ganz Europa
    Schulz: Was sind die skurrilsten Stilblüten dieses jetzt jahrhundertealten Mops-Kultes?
    Teutsch: Was mir bei meinen Recherchen - ich habe irgendwann mal einfach festgestellt, dass es wahnsinnig viele Möpse im Moment auf deutschen oder auch auf europäischen Straßen in den Großstädten zu sehen gibt, und bin der Sache dann mal nachgegangen und habe festgestellt, dass es schon mal im 18. Jahrhundert eine ganz, ganz ausgeprägte Mops-Mode überall in Europa gegeben hat. Vor allen Dingen bin ich über eine Institution gestolpert, die nannte sich "Der Mops-Orden". Ich habe das erst für einen Scherz gehalten, aber den Mops-Orden hat es tatsächlich gegeben. Das ist eine freimaurerische Gesellschaft gewesen, die versucht hat, einerseits die Ideale der Freimaurer hochzuhalten in Gleichheit, Brüderlichkeit, Standfestigkeit, Treue und so was, die gleichzeitig aber auch noch die Statuten der Freimaurer, die ja sehr eng ausgelegte Aufnahmerituale und Durchführungsrituale hatten, zu parodieren.
    Das 18. Jahrhundert ist natürlich auch ein Jahrhundert des höfischen Divertissements und es gibt dann überall in Europa, zum Beispiel am Hof von Weimar - in Bayreuth ist das historiographisch belegt - diese Mops-Orden, die tagen. Es gibt nicht besonders viele Dokumente, die das noch belegen, aber eine Freimaurer-Schrift aus dem Jahre 1745 ist überliefert. Dann gibt es ein paar Medaillons und es gibt vor allen Dingen die überlieferten Statuten, und dort steht drin, dass der Novize, der das Aufnahmeritual für diesen Mops-Orden zu vollführen hatte, am Ende seiner Aufnahme einem kleinen wächsernen oder Stoffhündchen, Stoffmops den Hintern zu küssen hatte. Wenn man dann solche Sachen findet in den Bibliotheken, dann freut man sich natürlich und merkt, dass hinter dem Thema viel mehr steckt als ein zeitgenössisches Modethema.
    Ein Tier, was für die größte Komik bei Hofe sorgt
    Schulz: Wir haben leider nicht mehr viel Zeit, aber ordnen Sie uns das noch ein. Das ist alles ganz ernst gemeint und überhaupt nicht ironisch, oder?
    Teutsch: Na ja, wie ich eben schon sagte: Das 18. Jahrhundert ist ein Jahrhundert, das auch viel mit Divertissement, mit Theater, mit höfischer Kultur - später im Rokoko ist das sehr, sehr stark ausgeprägt - spielt, und da ist der Mops nicht zufällig das Tier, was für die größte Komik bei Hofe sorgt. Und dieser Mops-Orden ist deswegen interessant, weil dort Frauen zugelassen waren. Das ist eine sogenannte androgyne Gesellschaft. Und dass ausgerechnet dieses eigentlich ja ungeschlechtliche, sehr komische, merkwürdige Tierchen dann als Emblem für eine eigentlich sehr hochmögende edle Veranstaltung steht, ist natürlich ein witziges Detail der Geschichte.
    Schulz: Alles wirklich sehr elektrisierend. Katharina Teutsch, Autorin des Buchs "Der Mops: Kulturgeschichte eines Gesellschaftshundes", hier heute in den "Informationen am Morgen". Danke Ihnen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.