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Kulturkampf im Stadion
"Es ist eine Schwelle erreicht“

Es brodelt zwischen den Flutlichtmasten. Die Montagsspiele sind ein Ärgernis für viele Fußballfans. Aber auch Reizthemen wie die 50+1-Regel, die Debatte um Polizeikosten oder Kollektivstrafen erhitzen die Gemüter. Verprellt der Fußball seine Fans?

Philipp Selldorf und Danny Graupner im Gespräch mit Matthias Friebe | 11.03.2018
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    Proteste gegen Montagsspiele beim Spiel Eintracht Frankfurt - RB Leipzig am 19.02.2018 (imago sportfotodienst)
    Zur Frage, ob es in den Fußballstadien einen Kulturkampf gebe, sagte Philipp Selldorf von der Süddeutschen Zeitung im Dlf-Sportgespräch, dass es sich hierbei zwar um ein "großes Wort" handele, dieses aber gut die Entwicklung in der aktuellen Fußballkultur beschreibe. Die Auseinandersetzung spiele sich zwischen den zwei Polen der Ultras und der Verbände ab: "Ich bin nicht der Meinung, dass die Ultras die Mehrheit der Fußball-Fans repräsentieren. Allerdings sind einige der Ansichten, die Ultras sehr massiv vertreten, durchaus übereinstimmend mit der Mehrheitsmeinung. Das ist ein interessanter Zusammenfall von Inhalten."
    "Bis hierhin und nicht weiter"
    Die Proteste gegen die Montagsspiele versteht Danny Graupner, einer der Ultras von Dynamo Dresden, als wichtiges Instrument, um den Standpunkt der Ultraszene zu konstatieren: "Es ist nicht nur ein Symbolkampf, es ist ein klares Zeichen, das wir auch als Ultras setzen wollen. Bis hierhin und nicht weiter. Es ist eine gewisse Schwelle erreicht." Phillipp Selldorf bewertet das Ringen um den Montag als eine weniger grundsätzliche Auseinandersetzung: "Der Kampf um die Montagsspiele ist ein symbolischer Kampf. Auch wenn ganz praktische Belange berührt sind, weil Fans schlecht reisen können am Montag, geht es doch eher darum, Anfängen zu wehren, zu verhindern, dass gewisse traditionelle Güter des Fußball aufgegeben werden."
    Gefragt, ob 50+1 nicht fallen müsse, um die Schere im internationalen Vergleich nicht aufgehen zu lassen, erwidert Selldorf: "Das ist ein sehr fadenscheiniges Argument. Wenn man so tut, als wenn es eine Wohltat wäre für die Bundesliga, 50+1 zu löschen, dann führt das in die Irre. Die Bundesliga hat durch Fernsehverträge und die Vermarktung durch Werbung ein gewaltiges Budget zur Verfügung. Nur England verdient mehr Geld." Ferner stellt er infrage, ob ein Verzicht auf diese Regel wirklich den gewünschten Effekt hätte: "Und wenn man das lockert, wo fließt das Geld hin? Fließt es wirklich in eine höhere sportliche Wettbewerbsfähigkeit? Ist dadurch Eintracht Frankfurt in der Lage mit Atletico Madrid oder Tottenham Hotspur mitzuhalten? Das bezweifle ich stark."
    "Man muss sie aufhorchen lassen"
    Den mitunter derben Ton, der zwischen Ultras und DFB herrscht, erklärt Graupner damit, dass man anders kein Gehör finde: "Mit Spruchbändern mit 'Bitte und Danke' reagiert von den obersten Personen beim DFB und bei der DFL niemand, sondern man muss sie aufhorchen lassen. Und das ist uns mit der Aktion auch gelungen."
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