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Kulturpolitik in Tschechien
Politisch motivierte Absetzung?

"Vertrauensverlust" nennt der tschechische Kulturminister Antonin Stanek als Grund für die Kündigung von zwei der bekanntesten Museumsdirektoren seines Landes. Jiri Fajt und Michal Soukup müssen gehen, doch die Geschichte scheint einen doppelten Boden zu haben.

Peter Lange im Gespräch mit Michael Köhler |
Porträt von Jiri Fajt während einer Pressekonferenz zur Ausstellung "Contemporary Art Space Prague", in Prag, Februar 2018
Der Direktor der Nationalgalerie Prag Jiri Fajt (Foto) und dessen Kollege Michal Soukup, Leiter des Museums der Kunst in Olmütz, wurden von Kulturminister Antonin Stanek abgesetzt (imago / CTK Photo / Michaela Rihova)
Der Direktor der Nationalgalerie Prag, Jiri Fajt, genießt als Experte mittelalterlicher Kunst weltweit hohes Ansehen. Jetzt wurde ihm gekündigt und offenbar wird bereits nach einem Nachfolger für ihn gesucht. Fajt habe zu Unrecht Verträge mit dem Museum abgeschlossen, das er selbst leitet, so lautet der Vorwurf von Seiten des tschechischen Kulturministers Antonin Stanek. Dabei geht es um Zusatztätigkeiten als Kurator verschiedener Ausstellungen, die Fajt im Museum übernommen hatte.
Allerdings war offenbar die Position des Chefkurators in der Nationalgalerie längere Zeit unbesetzt geblieben. Darüber hinaus steht Fajt schon länger im Konflikt mit Staatspräsident Milos Zeman, der sich weiterhin weigert, den Museumsmann zum Professor für Kunstgeschichte zu ernennen. Die Karls-Universität hatte deshalb geklagt, ein Gericht in Prag hatte im vorigen Jahr zugunsten Fajts und eines zweiten abgewiesenen Professors entschieden, doch Zeman verweigerte abermals die Unterschrift unter die Ernennungsurkunden.
Vorwand gesucht - und gefunden
Auch Juri Fajts Kollege, Michal Soukup, Leiter des Museums der Kunst in Olmütz, wurde nach Finanzkontrollen in seinem Haus abgesetzt. Es gebe Zweifel an der Fähigkeit der beiden Direktoren, die Nationalgalerie und das Olmützer Museum wirtschaftlich zu leiten, hieß es. ARD-Korrespondent (Prag) Peter Lange glaubt: "Es ist nicht auszuschließen, und das ist jedenfalls die Vermutung der Opposition und auch vieler Zeitungen, dass eigentlich ein Vorwand gesucht und nun gefunden wurde, um Juri Fajt jetzt auf andere Weise loszuwerden."
Es gehe immer um den gleichen Grundkonflikt, so Lange, "zwischen einerseits einer traditionalistisch-nationalistisch-rechtspopulistischen Strömung in der tschechischen Politik, für die Babis und Zeman und Teile der Kommunisten und der Sozialdemokraten stehen und auf der anderen Seite die liberale und demokratische Strömung, das sind die Mitte-rechts-Parteien, die Mehrheit der Presse in Prag und die Hochschulen. Dieser Konflikt macht sich eben an verschiedenen Schauplätzen fest. Im Grunde ist das ein politisches Patt, das sich im Moment nicht so richtig auflöst."
Juri Fajt selbst sowie verschiedene Kunstexperten und Oppositionspolitiker kritisierten die Entscheidung des Kulturministers als politisch motiviert. Gegen Fajts plötzliche Absetzung protestierten auch namhafte Museumsdirektoren aus aller Welt in einer Protestnote an Regierungschef Andrej Babis.