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Kulturprojekt an Gymnasium
Mit Theater den Matheunterricht aufpeppen

Es gehe um die Schlüsselkompetenz Kreativität, sagen die Macher eines Kulturprojekts am Kurt-Schwitter-Gymnasium im niedersächsischen Misburg. Und von ihr sollen nicht nur die Schüler profitieren.

Von Agnes Bührig |
    Eine Schülerin einer zweiten Klasse schreibt am 19.10.2012 in einer Schule in Hamburg das ABC an die Tafel.
    Das Befassen mit Kunst und Kultur schult die eigene Kreativität und sollte Schülern früh vermittelt werden. (pa/dpa/Reinhardt)
    Wer das Kurt-Schwitters-Gymnasium in Misburg betritt, wird schon am Eingang mit Kunst begrüßt. In einem Schaukasten neben der Tür ist ein Plakatwettbewerb für ein Museum zu sehen, im Foyer kündigt eine Litfaßsäule Vorstellungen mit Gedichten Schwitters an. Schon einmal gab es hier eine Theatertradition, erzählt Juliane Seeringer. Die 39-Jährige ist Lehrerin für Französisch und Musik. Jetzt koordiniert sie mit einem Kollegen die Umsetzung des Projektes "Schule: Kultur!" in Zusammenarbeit mit dem Theaterpädagogische Zentrum Hildesheim.
    "Wir erhoffen uns in dieser Zusammenarbeit, dass wir den Schülern Workshops anbieten können und wir den Theaterbereich wieder mehr fördern können und auch an den Unterricht anbinden können."
    Sprechen vor großen Gruppen
    Acht- und Neuntklässlern, die sich im Unterricht gerade mit dem Drama beschäftigen, könnte so ein Workshop die Möglichkeit geben, einen trockenen Text in eine Szene auf der Bühne zu verwandeln. Es wäre aber auch denkbar, mit Hilfe von Theaterpädagogen ein fächerübergreifendes Seminar anzubieten, das im Sprechen vor großen Gruppen schult.
    Das Kurt-Schwitters-Gymnasium versteht sich schon jetzt als Kulturschule, was nicht jede Schule im Projekt von sich behaupten kann. Neben Kunst und Musik wird darstellendes Spiel als künstlerisches Fach angeboten und damit der Einsatz von Körper, Stimme und Raum zum Unterrichtsgegenstand. Schließlich eignet sich das Werk von Namensgeber Kurt Schwitters hervorragend für den Auftritt auf der Bühne. (ATMO endet) In der fünften und sechsten Klasse können die Schüler zudem eine Chorklasse besuchen, am Ende treten sie gemeinsam auf. Die 12-jährige Lilly Niemeyer hat damit nicht nur ihren Gesang verbessert.
    "Ich fand auch, dass wir uns als Klasse gut verbessert haben. Dass wir uns auch außerhalb der Schule getroffen haben und mehr miteinander gemacht haben."
    Für die älteren Jahrgänge hingegen hängt die Entscheidung für oder gegen ein Fach auch mit den Regeln für die gymnasiale Oberstufe zusammen. Die 17-jährige Ricarda Omero hat ein gesellschaftliches Fächerprofil gewählt, Kunst und Musik konnte sie streichen.
    "Wenn ich noch singen möchte, kann ich zu Hause immer noch singen, aber ansonsten bringt es mir nicht viel fürs Leben, wenn ich irgendwelche Lieder analysieren kann."
    Zirkustruppe und Theater
    Lieber würde Ricarda in der Schule das Kochen lernen, so wie sie es bei ihrem Auslandsaufenthalt in den USA im Fach "Ernährung und körperliches Wohlbefinden" kennengelernt hat.
    "Weil es Spass macht und man lernt auch fürs Leben und man möchte das auch wirklich lernen. Es ist nicht so wie in Mathe, dass man da sitzt und das lernen muss, weil man es für die Klausur braucht."
    Hier will das Projekt "Schule: Kultur!" ansetzen. Warum nicht mit Mitteln des Theaters den Matheunterricht aufpeppen? Oder mithilfe einer Zirkustruppe den Sozialkundeunterricht bereichern? Nach dem Willen der niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić, soll das Projekt fächerübergreifend wirken. Es gehe nicht nur um die Fächer Kunst und Musik. Kreativität sei heute schließlich eine Schlüsselkompetenz, sagt Gabriele Heinen-Kljajić.
    "Das Befassen mit Kunst und Kultur schult die eigene Kreativität. Hier erlerne ich keine Kompetenzen, die ich hinterher im Leben nicht mehr brauche, sondern im Gegenteil: Es sind die Schlüsselkompetenzen und der Umgang mit der eigenen Kreativität, der Umgang mit der eigenen Kritikfähigkeit oder in dem Falle vielleicht auch Geschmacksbildung, ist enorm wichtig."
    Kunst und Kultur vermitteln
    Zum anderen profitierten auch am Projekt beteiligte Partner wie Museen, Musikschulen und Theater, weil sie Jugendliche erreichen, die sie vielleicht sonst nicht erreichen würden, sagt Heinen-Kljajic. Das erinnert tatsächlich an die umstrittenen Kultur- und Freizeitgutscheine für Kinder sozial schwacher Eltern, nur, dass das Ganze jetzt in der Schulzeit stattfindet. Geht die Rechnung auf, könnte "Schule: Kultur!" auch zu einem steten Beitrag für die kulturelle Bildung werden. Angelegt ist das Projekt jetzt erst einmal auf drei Jahre.