"Ich weine um Jemen wegen der Scheiß DB, ich wenige um Syrien, zu viel Milch im Tee."
Schorsch Kamerun sitzt auf der Bühne, vor sich einen Laptop. Er singt, spricht, rasselt, es entstehen live kleine Radiokunststücke. Seit zehn Jahren produziert der Theaterregisseur und Sänger Hörspiele für den Rundfunk. Man müsse Kultur und Kunst im Radio gegen Kürzungspläne verteidigen, sagt Kamerun, und fordert mehr Risikobereitschaft:
"Das Radio sitzt auch vor seinen vorgefassten Texten, und die werden zum Teil vorgelesen und sollen aber Gespräch sein. Und das sehe ich ein wenig problematisch. Ich habe vorhin im Radio einen Livesong probiert und da merkt man dann auch, dass das mal kurz gefährlich werden kann. Das kann kippen. Und ich finde, Radio könnte sich ruhig mal die Mühe machen, dieses Kippen mehr auszuprobieren. Ich glaube, das Experiment kann mehr gefeiert werden."
Als das Kulturprogramm WDR 3 letztes Jahr den Rotstift an politische und kulturelle Journale ansetzte, schloss sich Kamerun einer Petition an, initiiert von den sogenannten Radiorettern. Auch der Präsident der Akademie der Künste Klaus Staeck, groß geworden mit dem Radio der Nachkriegszeit, unterschrieb den Aufruf.
"Ich glaube, es ist das Bedürfnis nach unvermittelter Information und nach kritischer Information nicht mehr so groß, wie das zu meiner Zeit der Fall war. Deswegen sind wir ein wenig ärmer geworden, glaube ich schon. Und wir sind in einer Verteidigungsstellung, da mache ich mir keine Illusionen. Aber was man nicht verteidigt, das verschwindet."
Seit der WDR-3-Reform ist eine zum Teil heftige Debatte über die Rolle des Kulturradios entbrannt. Was für die einen Verlust ist, stellt für die anderen eine notwendige Modernisierung dar. Für Uwe Kammann, Geschäftsführer des Grimme-Instituts, steht fest: Im Zuge von allgemeinen Sparzwängen könne die Kultur nicht ausgenommen werden. In einer neuen Studie hat er zum ersten Mal die Entwicklung der Hörspielproduktion in Deutschland in Zahlen ermittelt. Während in anderen europäischen Ländern zum Teil massiv in diesem Bereich gespart werde, sei Deutschland eine Art Hörspielparadies – zumindest was die großen Sender angehe, so Kammann.
"Die kleineren Sender Saarländischer Rundfunk, RBB und Radio Bremen, die trifft es hart. Die haben zum Teil auf ein Drittel abschmelzen müssen. Da ist wirklich die Frage, ob das schon an die Substanz geht."
Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, das weiß auch Kammann. Denn was sich hinter den von den Sendern selbst gelieferten Produktionszahlen verbirgt, bleibt unklar.
Ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk den im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenen Kulturauftrag immer gut erfüllt, sieht der Medienrechtler Dieter Dörr durchaus skeptisch. Insbesondere die Werbung schaffe Bedingungen, die dem Auftrag entgegenwirkten.
"Natürlich wirkt sich Werbung auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf das Programm aus, und zwar in dem Umfeld, in dem Werbung gesendet wird. Und daher ist es aus meiner Sicht gerechtfertigt, Werbung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mittelfristig ganz zu entziehen ihn vollständig auf die Beitragsfinanzierung zu verweisen."
Dass Hörspiele wie die von Schorsch Kamerun in Kulturradios stattfinden, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Radiokultur in Deutschland im Umbruch befindet. Format, Effizienz und Quote sind längst auch in den Kulturabteilungen angekommen, manchmal als reale Reform, manchmal als Strategiepapier. Ob das ein experimentelles, innovatives und querdenkendes Radio befördert, ist eher nicht zu erwarten.
Schorsch Kamerun sitzt auf der Bühne, vor sich einen Laptop. Er singt, spricht, rasselt, es entstehen live kleine Radiokunststücke. Seit zehn Jahren produziert der Theaterregisseur und Sänger Hörspiele für den Rundfunk. Man müsse Kultur und Kunst im Radio gegen Kürzungspläne verteidigen, sagt Kamerun, und fordert mehr Risikobereitschaft:
"Das Radio sitzt auch vor seinen vorgefassten Texten, und die werden zum Teil vorgelesen und sollen aber Gespräch sein. Und das sehe ich ein wenig problematisch. Ich habe vorhin im Radio einen Livesong probiert und da merkt man dann auch, dass das mal kurz gefährlich werden kann. Das kann kippen. Und ich finde, Radio könnte sich ruhig mal die Mühe machen, dieses Kippen mehr auszuprobieren. Ich glaube, das Experiment kann mehr gefeiert werden."
Als das Kulturprogramm WDR 3 letztes Jahr den Rotstift an politische und kulturelle Journale ansetzte, schloss sich Kamerun einer Petition an, initiiert von den sogenannten Radiorettern. Auch der Präsident der Akademie der Künste Klaus Staeck, groß geworden mit dem Radio der Nachkriegszeit, unterschrieb den Aufruf.
"Ich glaube, es ist das Bedürfnis nach unvermittelter Information und nach kritischer Information nicht mehr so groß, wie das zu meiner Zeit der Fall war. Deswegen sind wir ein wenig ärmer geworden, glaube ich schon. Und wir sind in einer Verteidigungsstellung, da mache ich mir keine Illusionen. Aber was man nicht verteidigt, das verschwindet."
Seit der WDR-3-Reform ist eine zum Teil heftige Debatte über die Rolle des Kulturradios entbrannt. Was für die einen Verlust ist, stellt für die anderen eine notwendige Modernisierung dar. Für Uwe Kammann, Geschäftsführer des Grimme-Instituts, steht fest: Im Zuge von allgemeinen Sparzwängen könne die Kultur nicht ausgenommen werden. In einer neuen Studie hat er zum ersten Mal die Entwicklung der Hörspielproduktion in Deutschland in Zahlen ermittelt. Während in anderen europäischen Ländern zum Teil massiv in diesem Bereich gespart werde, sei Deutschland eine Art Hörspielparadies – zumindest was die großen Sender angehe, so Kammann.
"Die kleineren Sender Saarländischer Rundfunk, RBB und Radio Bremen, die trifft es hart. Die haben zum Teil auf ein Drittel abschmelzen müssen. Da ist wirklich die Frage, ob das schon an die Substanz geht."
Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, das weiß auch Kammann. Denn was sich hinter den von den Sendern selbst gelieferten Produktionszahlen verbirgt, bleibt unklar.
Ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk den im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenen Kulturauftrag immer gut erfüllt, sieht der Medienrechtler Dieter Dörr durchaus skeptisch. Insbesondere die Werbung schaffe Bedingungen, die dem Auftrag entgegenwirkten.
"Natürlich wirkt sich Werbung auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf das Programm aus, und zwar in dem Umfeld, in dem Werbung gesendet wird. Und daher ist es aus meiner Sicht gerechtfertigt, Werbung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mittelfristig ganz zu entziehen ihn vollständig auf die Beitragsfinanzierung zu verweisen."
Dass Hörspiele wie die von Schorsch Kamerun in Kulturradios stattfinden, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Radiokultur in Deutschland im Umbruch befindet. Format, Effizienz und Quote sind längst auch in den Kulturabteilungen angekommen, manchmal als reale Reform, manchmal als Strategiepapier. Ob das ein experimentelles, innovatives und querdenkendes Radio befördert, ist eher nicht zu erwarten.