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Kulturwirtschaft in der Pandemie
"Überleben unsicher"

Eine Prognose des Kompetenzzentrums für Kultur- und Kreativwirtschaft zeichnet für die Branche ein finsteres Bild der wirtschaftlichen Lage. Die Umsätze dürften in den Jahren 2020 und 2021 um 30 bis 50 Milliarden Euro sinken, sagte Studienautor Olaf Arndt im Dlf.

Olaf Arndt im Gespräch mit Anja Reinhardt |
Umgebaute Sitzreihen zur Einhaltung der Abstandsregeln im Berliner Ensemble, aufgenommen in Berlin, 28.05.2020. Aufgrund der Einschraenkungen durch das Corona-Virus koennen viele Kurlturhaeuser, Theater, Kinos und dergleichen nicht oeffnen. Die Kulturbranche befuerchtet daher existentielle Verluste durch fehlende Einnahmen. Das Berliner Ensemble versucht sich mit dem Umbau der Sitzreihen einer Rueckkehr zum Betrieb zu naehern.
Dramatische Lage in Sachen Drama: Theater können die horrenden Verluste durch die Pandemie nicht ausgleichen (imago / photothek / Florian Gaertner)
Im Auftrag des Kompetenzzentrums hat die Prognos AG Hochrechnungen angestellt, die abhängig vom möglichen Verlauf der Corona-Pandemie Schäden für die Kultur- und Kreativwirtschaft schätzt. Demnach liegen die Umsatzeinbußen für 2020 bei rund 22 Milliarden Euro. Abhängig davon, wie es weitergeht und in wie fern es möglich sein wird, Kultur zu veranstalten, könnten 2021 zwischen 11,5 und 31,5 Milliarden Euro dazu kommen.

Darstellenden Künste in Not

Die Kulturwirtschaft sei, was den Umsatz angeht, auf das Jahr 2009 und weiter zurückgeworfen, sagte Olaf Arndt von der Prognos AG im Dlf. Während sich die Branche in der Finanzkrise überraschend gut und stabil gehalten habe, sei die aktuelle Situation wegen des Verbots von Veranstaltungen eine nie dagewesene Situation, die zu dramatischen Einbrüchen führe. Die entscheidende Phase stehe vor allem für die darstellenden Künste unmittelbar bevor, wo es um Wiederöffnungen gehe.

Dauerhafte Schäden befürchtet

"Es ist jetzt schon für jeden Einzelnen sehr dramatisch gewesen, wenn man bedenkt, dass da 80 bis 100 Prozent an Einkommen wegfällt", sagte Arndt. Vieles sei durch Hilfen und Rücklagen ausgeglichen. Wenn die Situation sich aber nun nicht ändere und es nicht zügige Öffnungen gebe, dann würden sich vieles nicht mehr eröffnen lassen und einfach wegbrechen. Ein Ausgleich für die Verluste sei nicht in Sicht, weil die Auslastung wegen der Schutzmaßnahmen so gering sein wird, dass bestenfalls das Überleben gesichert werde.
Durch die Entwicklung könne der Mainstream gegenüber experimentellen Projekten gewinnen, weil die Kunst zunehmend abhängig werde von Förderungen durch nichtstaatliche Institutionen. Wenn es gelänge, im Frühjahr wieder zu starten, könnten dauerhafte Schäden noch vermieden werden. Das sei derzeit aber nicht sicher.