Reinhard Grindel ist nach Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger der dritte DFB-Präsident binnen sieben Jahren, der gehen muss. Grund sei eine größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für die Verbandsstrukturen, so der Kulturwissenschaftler Klaus Zeyringer. Dies betreffe nicht nur den Deutschen Fußball-Bund, sondern auch andere Sportverbände.
"Nach all den Skandalen, die wir seit mindestens 2015 in der FIFA schon hatten, ist man da etwas vorsichtiger in der Beobachtung und etwas genauer", sagte Zeyringer im Deutschlandfunk. Dinge, die vorher durchgegangen seien, gingen nun nicht mehr so locker durch.
Offizielle wie Reinhard Grindel lebten in einer Art Parallelwelt und einer Verbandsstruktur, die prinzipiell das Problem des "Fassadenschwindels" habe. All diese Verbände behaupteten, gemeinnützig zu sein. Man dürfe nicht vergessen, dass der Sportbetrieb heutzutage zweigeteilt sei. Da seien zum einen die Amateure, die wirklich gemeinnützige Arbeit leisteten, und zum anderen jene, die sehr viel Geld machten. "Das ist gar nicht mehr gemeinnützig, sondern das ähnelt Konzernen." Öffentliche Kontrolle fehle völlig und dadurch glaubten "die Herrschaften", dass ihnen alles erlaubt sei.
Neue Strukturen für Amateure und Profis
Im Hinblick auf eine Modernisierung der Verbände müsste man international verfahren, denn es gehe um Sportverbände in aller Welt. In Südamerika beispielsweise gebe es keinen Einzigen, von dem nicht eine Führungsspitze im Gefängnis säße oder gegen die nicht ermittelt werde. Zudem sei nicht nur der Fußball, sondern auch Leichtathletik, Boxen, Biathlon betroffen - überall, wo Geld im Umlauf sei. Die Politik, so Zeyringer, sollte ein Interesse daran haben, neue Strukturen für Amateure und Profis zu schaffen.
Ein neuer Präsident des DFB müsse vor allem die Strukturen bereinigen und sollte nicht aus "dieser Parallelwelt" kommen, so der Kultur- und Literaturwissenschaftler Zeyringer. Die Personen, deren Namen im Umlauf seien, müssten - wenn sie aus demselben Betrieb seien - eine gute Sicht von außen mitbringen und einiges ändern. Reinhard Grindel sei ja nicht nur über eine nicht gemeldete, geschenkte Uhr gestolpert, sondern auch darüber, dass er zweieinhalb Mal so viel verdient habe wie Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es könne nicht angehen, dass man an der Spitze eines Sportverbandes zweieinhalb Mal so viel verdiene wie an der Spitze eines Staates.
Oligarchische Strukturen
Es wäre klüger, einen hauptamtlichen Präsidenten an der Spitze des DFB zu haben. Reinhard Grindel beispielsweise sei auch noch im Vorstand der UEFA und der FIFA - und das werde wahrscheinlich trotz der Uhren-Affäre so bleiben. Öffentliche Kontrolle gebe es ja kaum, so Zeyringer. Im Grunde tendierten diese Verbände zu oligarchischen Verhältnissen. "Es wäre klug, all diese Verbände, die so viel Geld machen, nicht mehr mit Gemeinnützigkeit zu benennen, sondern ihnen eine andere Betriebsstruktur zu geben." Die Gegenwärtigen seien ein Spiegel des gängigen Neoliberalismus und eines brachialen Finanzkapitalismus.