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Kundenrechte im VW-Lieferstreit
"Natürlich sind Kulanzlösungen immer möglich"

Alle Bänder stehen still - VW liegt im Streit mit Zulieferern und die Käufer warten auf ihre Autos. Silvia Schattenkirchner vom ADAC klärt über die Rechte der Kunden auf. Die Verkehrsjuristin sagt, wer auf Mobilität angewiesen sei und ein Mietfahrzeug brauche, dürfe "durchaus auf Kulanz hoffen".

Silvia Schattenkirchner im Gespräch mit Georg Ehring | 22.08.2016
    VW-Fahrzeuge stehen auf einem Autohof in Freiburg.
    Mit gezogener Handbremse: VW-Kunden müssen noch auf ihre neuen Autos warten. (imago)
    Georg Ehring: Wie lange kann sich der Streit Ihrer Einschätzung nach noch hinziehen?
    Silvia Schattenkirchner: Es ist natürlich schwierig zu sagen. Die Verhandlungen laufen ja aktuell noch. Derzeit steht im Moment nur eine Woche im Raum. Langfristig kann man es schwer sagen. Es sind ja beide Seiten an einer Einigung interessiert, sodass man hoffen kann, dass die Streitigkeiten bald beigelegt werden.
    Georg Ehring: Wenn es sich hinzieht, welche Rechte haben Kunden dann in dieser Situation? Kann ich von meinem Vertrag auch wieder zurücktreten?
    Schattenkirchner: So schnell geht es leider nicht. Am Ende des Tages ja, aber es wird eine Weile dauern. In der Regel werden nur unverbindliche Liefertermine vereinbart von den Händlern. Es gibt keine verbindlichen Termine und diese unverbindlichen Liefertermine können die Händler um sechs Wochen überziehen. Und erst nach Ablauf dieser sechs Wochen kann ich als Kunde eine Frist setzen von weiteren ungefähr zwei Wochen – zehn Tage bis zwei Wochen – und dann kann ich vom Vertrag zurücktreten. Das sind insgesamt acht Wochen, die der Händler sozusagen überziehen kann, und in dieser Zeit habe ich als Kunde tatsächlich das Problem, dass ich diese Frist abwarten muss.
    Ehring: Wenn ich also rechtlich nichts machen kann, wie sollte ich mich denn verhalten, wenn mir der Autohändler, vielleicht auch unabhängig von dieser Auseinandersetzung, sagt, das Auto ist noch nicht da, es kommt später?
    "Kulanzlösungen sind immer möglich, liegen aber im Ermessen des Händlers"
    Schattenkirchner: Man muss natürlich diverse Vorkehrungen treffen. Wenn ich zum Beispiel mein Altfahrzeug in Zahlung gegeben habe, dann dürfte es kein Problem geben, weil der Händler ja weiß, dass er das Neufahrzeug nicht liefern kann und damit auch vielleicht die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs noch etwas herauszögern kann. Beim privaten Verkäufer, mit dem sollte man, hier sollte man mit seinem Käufer sprechen, ob er auch noch bereit ist, eventuell ein bis zwei Wochen zu warten mit der Abnahme des Fahrzeugs. Also möglichst frühzeitig sich drum kümmern, ob man das alte Fahrzeug eventuell noch ein, zwei Wochen weiterfahren kann.
    Ehring: Wenn ich denn eins habe. Es kann ja auch sein, dass das alte Fahrzeug kaputt ist und ich deshalb das neue kaufen möchte. Kann denn der Händler auch Kulanzlösungen schaffen? Hat der noch was in petto?
    Schattenkirchner: Die Möglichkeit besteht natürlich, dass man auf den Händler direkt zugeht und sagt, im Fall der Immobilität, ob ein Ersatzfahrzeug gestellt werden könnte oder zumindest für eine bestimmte Zeit. Natürlich sind Kulanzlösungen immer möglich, aber das liegt natürlich im Ermessen des einzelnen Händlers.
    Ehring: Hat denn der Händler erfahrungsgemäß genügend Fahrzeuge? Ist so eine Kulanzlösung im Rahmen des Möglichen?
    Schattenkirchner: Oh, da fragen Sie jetzt natürlich … Es ist natürlich sehr unterschiedlich, wie die Händler aufgestellt sind zum einen, und zum anderen sind möglicherweise ja viele, viele Kunden betroffen, sodass natürlich nicht für alle Ersatzfahrzeuge zur Verfügung gestellt werden könnten, aber wer dringend auf Mobilität angewiesen ist und vielleicht dann auch nur für einen kurzen Zeitraum oder für bestimmte Tage, da ist durchaus auf Kulanz zu hoffen.
    "Es kommt darauf an, wie lange diese Verzögerung dauert"
    Ehring: Und wenn ich mir jetzt einen Mietwagen nehmen muss, den muss ich dann selber bezahlen?
    Schattenkirchner: Es kommt darauf an, wie lange diese Verzögerung dauert. Wenn es tatsächlich über diese acht Wochen hinausgehen sollte, dann bekomme ich natürlich auch ein Mietfahrzeug ersetzt, aber im Vorfeld ist es tatsächlich schwierig, hier Kosten geltend zu machen.
    Ehring: Jetzt noch zum Schluss gefragt – die Ursache für diese Zuspitzung, wo sehen Sie die?
    Schattenkirchner: Also da kann ich natürlich auch nur darauf zurückgreifen, was derzeit durch die Presse geht, und da wird in der Regel darüber berichtet, dass es um Streitigkeiten um einen Auftrag geht, der nicht stattgefunden hat beziehungsweise bei dem VW den Auftrag zurückgenommen hat, aber mehr ist dazu noch nicht bekannt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.