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Kung-Fu, Liebe und Zombies

Der neue Film von Marc Foster, "World War Z", ist ein Zombiefilm, der sich xenophober Ressentiments bedient. Die Geschichte einer Liebe, in der sich der Mann zur Frau verwandeln will, erzählt "Laurence Anyways". "The Grandmaster" von Wong Kar-Wai ist ein Kung-Fu-Film in melancholischer Atmosphäre.

Von Hartwig Tegeler | 26.06.2013
    "Kung-Fu ist keine Volksbelustigung. Nichts, um damit herumzuprahlen."

    Sagt Yip Man, der Meister. Kung-Fu in Wong Kar-Wais Martial-Arts-Oper ist denn auch Philosophie, eine Art Meditation in Bewegung. Tony Leung als Yip Man gibt eine betörende Vorstellung in kunstvollen Kung-Fu-Choreografien. Wong Kar-Wai erzählt in "The Grandmaster" im Lichte der Geschichte Chinas von Beginn der 1930er-Jahre an die Lebensgeschichte dieses Kampfsport-Meisters Yip Man, der später Lehrer von Bruce Lee wurde. Dabei taucht Wong Kar-Wai seine Geschichte in eine melancholische Atmosphäre, in der es immer wieder um Erinnerung und Vergeblichkeit geht. Etwas, das sich auch in der Beziehung von Yip Man zu der von Zhang Ziyi gespielten Kung-Fu-Künstlerin Gong Er zeigt.

    "Wir werden sehen, wer beim nächsten Mal gewinnt. - Sehr gern, ich warte auf sie. - Auf ein Wiedersehen."

    Man muss sich auf die meditative Intensität dieses Kung-Fu-Epos', sein ästhetisches Spiel aus Licht und Schatten, Langsamkeit und plötzlich ausbrechender Dynamik der Kämpfe einlassen können. Sonst wirkt "The Grandmaster" langweilig; gelingt aber dieses Eintauchen, dann ist der Film reich und kein bisschen lang, obwohl sich uns aufgrund der Fremdheit der chinesischen Kultur sicher viele der Bilder in ihrer genauen Bedeutung nicht erschließen werden. Trotzdem beginnt man sich nach dem angekündigten vier Stunden langen Director´s Cut zu sehnen, der auf DVD erscheinen soll.

    "Kung-Fu, zwei Worte. Waagerecht und senkrecht. Ein Fehler, und du liegst. Nur der gewinnt, der stehenbleibt."

    "The Grandmaster" von Wong Kar-wai - herausragend.

    Seit seinem Kinodebüt "I killed My Mother" - 2009 herausgekommen, da war er gerade mal 20 Jahre alt - gilt Xavier Dolan als Wunderkind des Kinos. Mit "Laurence Anyways" legt der kanadische Filmemacher seinen dritten Spielfilm vor, die Geschichte einer Liebe, die sich nicht verwirklichen kann im Montreal der 1990er-Jahre. Laurence und Fred. Laurence will sich in eine Frau verwandeln. Fred ist geschockt.
    "[Sie:] Ich brauche Abstand von dir."

    Können die beiden sich jetzt noch lieben?

    "[Sie:] Das bedeutet, alles, was wir erlebt haben, war nicht echt, Laurence; alles hat eine ganz andere Bedeutung. Hast du dich verkleidet? - [Er:] Nein, ich habe dich nicht belogen. Ich habe nur nichts gesagt."

    Xavier Dolan erzählt in seiner Geschichte, die über zehn Jahre dauert, von dem Kampf von Laurence und Fred um ihre Beziehung in einem eigenartigen wie faszinierenden Mix aus Farben und Musik; filmische Elemente, die manchmal wie die beiden Figuren sich ganz nahe sind, dann wieder abstoßen oder anziehen. Von diesem Filmemacher, der jetzt mal gerade 24 ist, kann man noch eine Menge erwarten.

    "Laurence Anyways" von Xavier Dolan - empfehlenswert.

    "Ich habe Angst! - Glaubst du denn, sie kommen? - Sie kommen?"

    Wer? - Die Zombies! Wie ein tödlicher Schwarm …

    "Lauft Leute, lauft!"

    … drohen sie die Gated Community unseres Lebensmodells zu überschwemmen. Der archetypische Kampf zwischen Barbarei und Zivilisation - nichts anderes verhandelt Marc Foster im Gewand seines 3-D-Zombie - findet im Film "World War Z" nach einer weltweiten Pandemie statt, in der sich die Menschen innerhalb von zehn Sekunden in Untote verwandeln. Das Ganze wird opulent präsentiert in einem zweihundert oder gar noch mehr Millionen Dollar Budget. Mit Weltstar Brad Pitt als Zombie-Jäger wider Willen, weil, der ja solch ein Familienmensch ist.

    "Ich verlasse meine Familie nicht. - Sie wollen Ihrer Familie helfen. Finden wir einen Weg, das hier abzuwenden. Sie haben die Wahl, Mr. Lang."

    "World War Z" entwirft die Endzeitstimmung einer globalen Katastrophe und bedient dabei dumpf die Angst vorm Fremden wie das Gefühl einer tiefsitzenden Verunsicherung: Denn leben wir nicht in Zeiten einer nicht mehr kontrollierbaren Völkerwanderung? Die monumentale Mauer um Jerusalem jedenfalls, die die Zombies im Film überwinden, …

    "Der Lärm lockt der sie an. - Ja, der Lärm lockt sie an."

    … das ist die Grundmetapher des Films, die historische wie aktuelle Bezüge setzt: Hadrianswall, Chinesische Mauer oder der Zaun an der mexikanischen Grenze, der den USA als Schutz vor unerwünschten Einwanderern dient. Nein, es gibt kein Entrinnen im Film wie in unserer Realität, sagt uns "World War Z". Vorm Zaun, vor der Mauer, das jedenfalls jubelt uns dieser Film sozusagen unter, …

    "Ich weiß von keiner Stadt zu Hause, um die es besonders gut steht."

    Da, direkt vor unserer Tür, da stehen sie, bereit, sich auf uns zu stürzen wie ein Schwarm Bestien: die Fremden, die Anderen, die Zombies. Reaktionärer geht´s kaum als in diesem Machwerk.

    "World War Z" von Marc Foster - ärgerlich.