Über Kunst, die die Nationalsozialisten nach 1933 nicht mehr wollten und ab 1937 aktiv bekämpften, verkauften und zerstörten, ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viel geforscht worden. Zur von den Nazis so genannten "entarteten Kunst" gibt es inzwischen sogar eigene, staatlich finanzierte Forschungsstellen.
Die Frage, was dem Regime aber gefiel und ins ideologische Konzept passte, ist dagegen noch nicht in allen Aspekten beantwortet. Dazu beitragen sollte eine Tagung des Zentralinstituts für Kunstgeschichte und des Münchner Stadtmuseums.
Blumenstillleben, Alpenpanoramen und Akte
Nach Angaben des Kunsthistoriker Christian Fuhrmeister gehörten zu den Gemälden, die von den Nationalsozialisten in Ausstellungen präsentiert wurden, 800 Blumenstillleben, 3.000 Alpenpanoramen und andere Landschaftsgemälde sowie viele Akte.
"Das heißt, wir haben vorgeblich unpolitische Motive, die aber systemstabilisierend gewirkt haben, weil sie im Zusammenhang der NS-Kunstpolitik einen ideologiefreien Raum hergestellt haben." Trotzdem sei am Eingang einer solchen Ausstellung das Hitlerporträt gezeigt worden.
Viele bürgerliche Bilder in NS-Kunstausstellungen
Auch der kämpfende Soldat, die Wehrmacht und die SS oder eine Hakenkreuzfahne seien in den Ausstellungen der Nationalsozialisten zu sehen gewesen. Fuhrmeister betonte allerdings: "Diese 'erwarteten Bilder' spielten eine ganz geringe Rolle."
Mit der großen Menge an genuin bürgerlichen Bildern habe sich die Kunstgeschichte dagegen bisher wenig beschäftigt hat - eine Herausforderung für die Zukunft. Fotos von den Propaganda-Ausstellungen sind in der Datenbank www.gdk-research.de öffentlich einsehbar.
Versteckte Gewalt an vielen Stellen
Außerdem beleuchtete die Tagung die Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der von der NS-Politik propagierten Kunst - in Gemälden, aber auch in Fotografien, Zeitungsberichten und Wochenschauen. Geschlechterbilder hätten immer auch Gewalträume und -vorstellungen definiert, die mit Geschlechterverhältnissen im Nationalsozialismus verbunden sind, so Christian Fuhrmeister.
An vielen Stellen stoße man zumindest auf versteckte Gewalt: "In Hierarchien und Rollenzuweisungen wie 'die Frau am Herd' oder 'die Frau als Mutter'."
Besonders interessant findet der Kunsthistoriker, wie schnell sich diese Zuweisungen im Nationalsozialismus selbst geändert haben. Aus der "Volksgemeinschaft" werde eine "Kampfgemeinschaft", später eine "Schicksalsgemeinschaft" und schließlich eine "Opfergemeinschaft".
"Irgendwann wird aus der Zeitschrift 'Die junge Frau' die 'Kamerad Frau'. Die Rollenbilder sind fluide und werden adaptiert - auch an die Kriegswirklichkeit."