Nach einem recht steilen Aufstieg vom Tal der Wupper hinauf durch ein gemischt bebautes Viertel mit kleinen und mittelgroßen Industriebetrieben, mit nur wenigen herrschaftlichen Villen, städtischen Mietshäusern und den typisch bergischen schieferverkleideten Häusern samt grüner Fensterläden kommt man zu einem gewaltigen Eingangstor aus Bruchstein. Ein paar Schleifen noch über eine schmale kurvenreiche Straße und dann: eine luftige Stahltreppe. Sie führt zum Eingangspavillon, einem modernen Gehäuse aus Stahl und Glas.
Erster Haltepunkt: die Villa Waldfrieden, vom Lackfabrikanten Kurt Herberts erbaut in den 50er Jahren - ein Gebäude, das mit seinen geschwungenen Linien selbst schon wie eine Skulptur wirkt, die sich wunderbar harmonisch in die Wiesenhügellandschaft einfügt. Michael Mader, Leiter und Geschäftsführer des Skulpturenparks erklärt, dass das Haus von innen nach außen gedacht ist.
"Da gibt es einen wichtigen Gesichtspunkt, das ist die Bewegung der Bewohner durch das Gebäude. Die beeinflussen die Raumform, es ist eine Art dynamische Perspektive und dadurch entsteht diese baumartige Verzweigung der Wege durch das Gebäude. Wenn man sich hier umsieht, dann merkt man, es gibt eine Stuktur, die geht vom Haupteingang aus und verzweigt sich in die einzelnen Räume hinein."
Die Räume beherbergen die Cragg-Stiftung mit Archiv und Büro. Das Ergeschoss der Villa kann man buchen für Feiern oder Konferenzen. Und man kann das Gesamtkunstwerk besichtigen an besonderen "Tagen der Architektur" und bei Führungen. "Das zweite ist, dass alle diese Räume abgerundet sind, es gibt also keine scharfen Kanten und Ecken, was zur Folge hat, das sich das Licht in einer sehr sanften Weise verteilt, und so eine ganz bestimmte Qualität hat."
Regelmäßige Sonderausstellungen
Eine ganz besondere Licht-Qualität strahlt derzeit aus den terrassenförmigen runden Verandafenstern der Villa in den Park hinein. Auf großen LED-Wänden sind Ausschnitte aus Bühnenstücken der Wuppertaler Tanztheaterikone Pina Bausch zu sehen; sie sind ein Teil der Ausstellung "Vorsichtshalber vorsichtig" ihres langjährigen Bühnenbildners Peter Pabst. "Im Anschluss zeigen wir eine Ausstellung des katalanischen Bildhauers Jaume Plensa, wird im April eröffnet."
Aber auch unabhängig von Sonderausstellungen bietet der Skulpturenpark reichlich Augenfutter. Vom parkähnlichen Garten der Villa und seiner "gezähmten Natur" führen schmale Pfade in einen fast richtigen Bio-Wald – einen sehr gepflegten mit den verschiedensten Laubbäumen, mit altehrwürdigen Kastanien, noch jungem Blutahorn, großwipfeligen Linden, oder glattstämmigen Buchen. Einige Nadelhölzer wachsen oben am Berg, Lärchen und Fichten, dazwischen wuchert Gehölz, Rhododendronbüsche, Wiese und Moos wechseln sich ab. Und dann, mittendrin: ein Glaskubus – früher stand genau an dieser Stelle das Schwimmbad des Lackfabrikanten.
"Der Grundriss ist praktisch identisch und man hat das Becken umfunktioniert zum Kellerraum und darauf die Halle errichtet. Der Ort scheint wie geschaffen dafür und er ist es in gewisser Hinsicht auch."
Kunst und Natur als Einheit
Die Skulpturen im Innenraum lassen sich ebenso von außen betrachten wie die umgebende Natur von innen. Die Grenzen scheinen zu verschwinden, der alte Widerspruch zwischen Natur und Kultur aufgehoben; Kontrast oder kongeniale Ergänzung? Beides stimmt.
Bald darauf am Wegesrand: ein großer Stein, vielleicht ein Findling, allerdings weiss mit schwarzen Flecken – eindeutig nicht Natur, sondern menschengemacht. "Das ist ein Trash-Stone von Wilhelm Mundt, ein Beispiel dafür, dass unsere Dauerausstellung nicht nur Werke von Tony Cragg umfasst, sondern auch zahlreiche andere Künstler vertreten sind. Dieser Trash Stone, also Müllstein auf deutsch, ist eine ganz interessante Arbeit, weil sie aus komprimiertem Müll besteht, Hausmüll, der mit einer Schicht Harz überzogen ist und deswegen einfach in der Natur liegen kann ."
Künstlerisches Recycling, perfekter Kreislauf. Eines ist indes auch klar und nachvollziehbar: Tony Cragg hat diesen Skulpturenpark gegründet und deswegen bilden seine Werke einen Schwerpunkt der Sammlung. Man erkennt seine Arbeiten sofort: es sind weiche, fast amorphe, organische Formen, die in den Himmel weisen. Und sie schimmern weithin sichtbar durch die Bäume und Parkwege.
Die "Rational beings"
"Das sind säulenartige Skulpturen, die einer Werkgruppe angehören, die "Rational beings" heißt und das sind Skulpturen, wenn man da näher rantritt, dann wird einem auffallen, oder vielen Besuchern fällt das auf, da erkennen sie so Gesichtsprofile und tatsächlich sind Gesichtsprofile Ausgangspunkt für die Gestaltung der Skulpturen. Da spielt dann Rotation, eine geometrische Transformation eine Rolle und es entstehen Objekte, die eine bestimmte Energie auszustrahlen scheinen, ähnlich wie Bäume oder Pflanzen."
Ganz das Gegenteil: eine Edelstahlskulptur mit metallisch glänzenden ineinander greifenden Dreiecken, Rhomben, Vierecken von Richard Deacon. Und noch wieder ganz anders: Jaume Plensas Marmorbüste "Mariana W.s World". Ein langgezogenes, fast elliptisch wirkendes Gesicht einer jungen Frau, die Maserungen im Stein bilden die Struktur des Gesichtes. Es gibt viel zu entdecken im Skulpturenpark Waldfrieden; es gibt zwar keine Picknicktische, aber Bänke zum Ausruhen und Genießen. Jetzt ist eine gute Zeit, sich auf den Wanderweg zu machen. Michael Mader: "Wir haben schon ein paar Frühblüher, Schneeglöckchen sprießen schon an einigen Ecken und das ist der Vorbote der Blütenpracht, die wir im Frühjahr hier haben, wenn die Magnolien sich dann öffnen."