Achtzehn Künstler und eine Künstlergruppe stellen in Dresden aus, zu sehen sind rund 60 Arbeiten: Skulpturen, Grafikdesigns, Gemälde, vor allem aber viele Fotos erwarten die Besucher. Das habe ganz praktische Gründe, erklärt Direktor Gisbert Porstmann:
"Also, wir haben viele Fotografien, das ist natürlich verständlich, denn wenn man auf die Flucht geht, packt man sich nicht drei Keilrahmen auf den Rücken, sondern man steckt heute sein IPhone ein oder seine tragbare Festplatte. Und viele Fotografen haben so ihre Arbeit tatsächlich über die Balkanroute mit hierher getragen."
Zu sehen sind vor allem Portraits, viele aus Flüchtlingslagern in den Nachbarländern Syriens. Ein Kleinkind, das eine Pause beim Betteln macht. Frauen bei der Handarbeit. Aber auch ein Mädchen in einer weißen Bluse, das so fröhlich an einem Strand in die Kamera lächelt, dass man sich ihr Flüchtlingsschicksal kaum vorstellen mag.
Neuer Blick auf Flucht und Flüchtlinge
"Und da merkt man, dass eigentlich in unserem Kopf das Bild entsteht. Denn wenn man jetzt die ganze Berichterstattung von den vielen, die über das Meer gekommen sind, nicht hätte, wäre es eben nur ein Mädchen am Strand. Aber in dem Moment, wo ich das heute sehe, mit meinem Wissen, ist es eben ein wahnsinniges und still bewegendes Bild von dieser Flüchtlingskatastrophe."
Davon erzählen andere Künstler graphisch oder zeichnerisch. Auch solche, die die Kunst erst nach ihrer Flucht für sich entdeckt haben. Karikaturen sind ebenfalls zu sehen, die etwa den Kurden-Konflikt thematisieren. Der Grafik-Designer Samer Eid zeigt drastisch seine Sicht auf sein Heimatland Syrien: Ein blutverschmierter Stuhl des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad. Ein aus Blutstropfen angedeuteter Weihnachtsbaum mit dem Titel "Weihnachten in Syrien".
Eine andere Art der Verarbeitung hat der Kalligraph Wael Al Wareeth gewählt. Geschwungen, mit braunen Linien und roten Punkten, hat der das Lied der Deutschen in altarabischer Schrift gesetzt:
"Ich warte auf meinen Asylbescheid, und in dieser Zeit habe ich mich entschlossen, dieses Werk anzufertigen. Ich wollte etwas für das deutsche Volk tun, ich wollte mich einfach bedanken. Ich bin Künstler, und ich wollte mich auf eine besondere Art bedanken. Mein Werk ist eine Mischung aus Deutscher und arabischer Kultur, das Lied der Deutschen in altarabischen Schriftzeichen."
Vielfalt aus allen Ländern
Al Wareeth, der in Dresden in einer Asylunterkunft lebt, ist nicht nur Künstler, sondern auch Mitinitiator der Ausstellung "Nahnu". Er habe unbedingt seine und die Werke anderer geflüchteter Künstler ausstellen wollen, sagt er. Und er stieß mit dieser Idee auf offene Ohren beim Verein "Willkommen im Hochland", der in Wareeth‘ Unterkunft im Dresdner Oster ehrenamtliche Unterstützung leistet. Der Verein startete einen Aufruf und bekam so viele Anfragen, dass eine Jury über die Auswahl entscheiden musste. Kunsthistorikern und Jury-Mitglied Christine Bücher:
"Das spannende, das Schöne an dieser Ausstellung ist einfach diese Vielfältigkeit. Vielfältigkeit von den Ländern, aus denen die Künstler kommen, von den Medien. Und wir haben Künstler dabei und darauf sind wir stolz, die schon eine ganze Weile in Deutschland leben. Künstler mit Migrationshintergrund haben wir schon seit langem in unsere Gesellschaft, die gehören einfach dazu. Und jetzt kommen viele neue dazu und es gilt jetzt, uns alle miteinander ins Gespräch zu bringen."
Vor knapp 30 Jahren floh Barbak Nayebi aus dem Iran nach Deutschland, seit 1993 lebt er in Dresden. Auch von ihm hängen zwei Bilder in der Ausstellung. In den Werken der syrischen Flüchtlinge erkennt er seine Themen wieder:
"Die haben schon eine ähnliche Situation wie ich damals, als ich 1986 nach Deutschland gekommen bin. Und man sieht auch bei den Bildern, dass die ganz schwer betroffen sind. Mit Krieg und Zerstörung, was da herrscht. Ich empfinde eine Solidarität mit den Leuten, die da weggegangen sind."
Ein Gefühl, dass auch viele Besucher der Ausstellungseröffnung äußerten. Die Ausstellung in Dresden ist noch bis zum 24. April zu sehen.