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Kunstblumenmanufaktur
Sächsische Blumen für die Royals

Der Hutmacher der englischen Königin zählt zu den Kunden der Kunstblumenmanufaktur Steyer aus Wallroda, nahe Dresden. Die Inhaber hatten den Standort wegen der Fachkräfte in der Region ausgewählt. Und behaupten sich seit nunmehr 30 Jahren mit Qualitätsware gegenüber der Billigkonkurrenz aus Asien.

Von Iris Milde |
    Kronprinz Charles von Großbritannien und Camilla Parker Bowles bei ihrer Hochzeit am 09.04.2005 in Windsor.
    Die Federn auf dem Hut von Camilla Parker Bowles bei ihrer Hochzeit mit Kronprinz Charles am 9. April 2005 gehören zu den bekanntesten Arbeiten von Heide Steyer. (dpa / Frank May )
    Ein Vierseithof im sächsischen Wallroda, 20 Kilometer östlich von Dresden. Während der Garten vor dem Haus gerade aus dem Winterschlaf erwacht, erblühen in der Werkstatt unter den flinken Händen der Blumenmacherinnen Rosen, Veilchen, Kamelien und Orchideen. Kleine Kunstwerke, die dann die Laufstege der Welt erobern und auch das eine oder andere royale Haupt krönen, wie das der Queen.
    Camillas Blumen
    "Also wir bedienen ja schon seit 30 Jahren die Hutmacher der Königin. Oder auch wenn in Schweden eine Taufe ist und man dann im Fernsehen die Bilder sieht und die haben alle die Hüte mit unseren Blumen auf, also das ist schon toll. Das sieht schon toll aus."
    Schwärmt Heide Steyer, Chefin der gleichnamigen Kunstblumenmanufaktur Heide Steyer.
    Sie zieht ein Bild aus einem Stapel Modezeitschriften. Darauf zu sehen ist Camilla bei ihrer Hochzeit mit dem britischen Kronprinzen Charles. Sie trägt einen Kopfschmuck aus langen, goldenen Blütenblättern, die einen Fächer bilden.
    "Das ist die Blume, die durch alle Medien ging. Und die wurde aber auch sofort von den Chinesen kopiert, das sind Federn, geschnittene Federn. Und wir haben sie dann sofort aus der Kollektion genommen."
    Seit den 70er-Jahren überschwemmen preisgünstige Kunstblumen aus Asien den europäischen Markt. Heide Steyer und ihr Mann Gerald blieben konkurrenzfähig, weil sie jede Blume von Hand in höchster Qualität und ganz individuell nach Kundenwunsch anfertigen.
    Beliebt seien vor allem große und füllige Blüten
    "Es gibt nur noch sehr wenige Firmen, die Blumen eben herstellen in Europa und die meisten sind dann eben doch so, dass sie eben nur Couture-Sachen machen, also Einzelstücke machen. Und wir können eben auch Serien herstellen."
    Sagt Gerald Steyer, der das Unternehmen gemeinsam mit seiner Frau führt. Er steht zwischen hohen Holzregalen, in denen insgesamt 1.500 Stanzeisen liegen. Die Form einer regelmäßigen, fünfblättrigen Blüte legt er unter die Stanze. Darunter mehrere Lagen weiße Seide.
    "Mit einer Stanzung bekomme ich 24 Blatt, die also dann mitverarbeitet werden."
    Bis zu 144 Einzelteile können in einer einzigen Blüte stecken. Beliebt seien vor allem große und füllige Blüten, sagt Heide Steyer. Sie und ihr Mann sind beide Quereinsteiger.
    "Ich habe meinen Mann kennengelernt auf einem Kostümball und der hatte einen wunderschönen Blumenhut auf. Und ich war so begeistert."
    Nähe zum ostdeutschen Zentrum für Kunstblumenherstellung
    Die jungen Eheleute übernahmen 1970 in West-Berlin eine Kunstblumenmanufaktur. 1998 zogen sie mit der Firma ins sächsische Wallroda. Wallroda liegt in der Nähe von Sebnitz, dem einstigen Zentrum der deutschen Kunstblumenherstellung.
    "Unsere gelernten Arbeitskräfte gingen in den Ruhestand. Und wir waren fünfzig und wir hatten also noch keine Lust in irgendeiner Art und Weise aufzuhören. Und im Westen wurde der Lehrberuf schon 1972 gestrichen. Also wir sind auf jeden Fall wegen der gelernten Arbeitskräfte hier in die Region gekommen, weil ja bis zu Wende ausgebildet wurde."
    Bis heute legen die Chefs selbst Hand an. Gerald Steyer ist verantwortlich für die Buchhaltung. Heide Steyer für das Design und das Färben: "Ich habe sieben Grundfarben und daraus mische ich eigentlich jede Farbe."
    Mit der Pipette gibt Heide Steyer einen Tropfen in ein Emaille-Schüsselchen. "Also es ist sehr oft, dass ein Tropfen schon eine Farbe total verändert." Sie nimmt ein gestanztes Blütenblatt und tunkt den Rand in die Farbe.
    "Dies wird ein sehr schönes Altrosa jetzt durch das Schwarz, das ich da hineingetropft habe. Aber um die Farbe dann richtig zu sehen, wird es hier zwischen dem Zeitungspapier abgedrückt."
    50 neue Blüten pro Jahr
    Die kleine Frau mit dem Kurzhaarschnitt ist nun ganz in ihrem Element. Um die 50 neue Blüten entwirft die über 70-Jährige im Jahr. Die gesamte Kollektion umfasst mehr als 1.000 Blumen. Die Preise für eine handgefertigte Blüte liegen zwischen 50 Cent und 250 Euro.
    "Es ist es ja doch immer so, dass man nicht unbedingt weiß, was also aus der Kollektion wirklich gekauft wird oder nicht. Und das ist ja auch das Problem unserer Firma, dass wir zwei Mal im Jahr richtig Roulette oder Lotto spielen. Denn wir machen jetzt Muster für das Frühjahr 2018, also praktisch ein Jahr voraus."
    "In der Mode ist es einfach so: Wenn etwas modern ist, dann ist alles vorbei, ja? Und dann kommt mit einem Mal ein Schnitt und dann plumpst der Umsatz runter mindestens 50 Prozent."
    Diese Erfahrung machten die Steyers zur Wirtschaftskrise 2008. Inzwischen hat sich der Umsatz wieder erholt und seit vergangenem Herbst sei regelrecht ein Knoten geplatzt, sagt Gerald Steyer.
    "Wir mussten jetzt 12.000 Orchideen herstellen seit Oktober letzten Jahres für eine italienische Firma, die eben sehr hochwertige, sehr elegante Schuhe herstellt."
    Noch zu DDR-Zeiten den Beruf des Blumenmachers erlernt
    In der Werkstatt sitzen an langen Tischen vier Frauen. Sie alle haben noch zu DDR-Zeiten den Beruf des Blumenmachers erlernt. Gisela Findeisen feuchtet ein paar vorgestanzte Blütenblätter an, legt sie auf ein Kissen.
    "Dann nehme ich den Höhler und verforme das Blatt." Sie drückt eine vorgewärmte Metallkugel in die rote Seide.
    "Da entsteht dann so ein Bauch. So und mit dem Messer wird dann der Rand oben umgekippt."
    Schwierige Nachfolgersuche
    Das Ergebnis ist ein Rosenblatt, einem echten zum Verwechseln ähnlich. Die einzelnen Blütenblätter werden nun routiniert um einen kurzen Stiel gebunden. Heide und Gerald Steyer sind beide über 70 und denken schon länger ans Aufhören. Aber die Nachfolgersuche gestaltet sich schwierig. Meistens scheitere es schon an den Sprachen, sagt Heide Steyer. Schließlich gehen 80 Prozent ihrer Ware in den Export.
    "Nee, auch der Kunde hat so viele Wünsche noch, also wir können eigentlich gar nicht aufhören!"