"Würde... dem Volk! Mut… dem Volk! Rebellion… dem Volk! Alles, was durch den Umsturz erreicht wurde… dem Volk… Imperialimus: Weg! Die Korruption: Weg! Die Misswirtschaft: Weg!"
Ouagadougou, 15. Oktober. Eine Gedenkveranstaltung am Rande der Stadt. Heute ist der Todestag des burkinischen Nationalhelden Thomas Sankara. In den 1980ern vier Jahre lang Präsident des kleinen, bitterarmen Burkina Faso - trat für Frauenrechte und Ernährungsautomonie ein, kämpfte gegen Korruption und für lokale Landwirtschaft, war meist mit Gitarre und einem Fahrrad unterwegs. Genau hier, im Flur, der aus dem flachen Gebäude führt, wurde er vor 31 Jahren ermordet - mutmaßlich beauftragt von seinem Jugendfreund Blaise Compaoré, der anschließend 27 Jahre lang Präsident war, bis 2014. Doch es geht Burkina Faso nicht gut: Islamistische Terroranschläge haben das Land erschüttert. Zwar gibt es jetzt Meinungsfreiheit, Gratis-Medikamente für Kinder, doch der Überlebenskampf der Burkinabé ist eher schwieriger geworden, bestätigt auch Etienne Minounghou, Gründer des Theaterfestivals "Récréatrales".
Mut zum Weitermachen
"Die Menschen in Burkina Faso machen sich nicht klar, dass das Verjagen eines Diktators auch bedeutet, eine Wüste zu durchqueren. Die Situation ist schwierig. Ich glaube, dass Blaise Compaoré immer noch im Hintergrund die Strippen zieht und versucht, das Land zu destabilisieren. Doch wir werden auch diese Herausforderung meistern. 2014 war eine spontane, friedliche Revolution. Die jetztige Phase der Stabilisierung ist nicht ganz so aufregend, sie ist stiller. Daher heißt das Thema des Theaterfestivals in diesem Jahr auch: 'Den Mut zusammennehmen'. Wir brauchen jetzt vor allen den Mut, weiterzumachen."
Das Auswärtige Amt rät zu höchster Vorsicht. Dennoch ist die Kriminalität im Land, das Thomas Sankara in Burkina Faso - "Land der aufrechten Menschen" - umbenannte, vergleichsweise niedrig. Und auch Flüchtlinge kommen selten von hier nach Europa. In diesem Jahr hat die Regenzeit zudem außergewöhnlich lang gedauert: Das Land, nah an der Sahelzone, ist eine Oase des Grüns, ein Blütenmeer. Gerade hat ein burkinischer Bauer aus dem Norden den alternativen Nobelpreis gewonnen, weil er mit einer traditionellen Methode schafft, aus Wüste Wald erschafft. Die Ernährungsautonomie des Landes zu stärken, hat sich auch die Schwester von Thomas Sankara vorgenommen. Blandine, heute 51 Jahre alt, leitet die Biofarm "Yelemani", rund 10 Kilometer außerhalb von Ouagadougou. Zugleich lehrt sie in Schulen Bio-Landwirtschaft.
Bürgervereine für Demokratie
"Wie kann man die lokalen Märkte stärken, während unser Land von Billigprodukten aus dem Ausland überschwemmt wird, die seine Armut festigen? Wir müssen Ernährungssouveränität erlangen – das braucht einen tiefgreifenden Mentalitätswandel. Dafür kämpfe ich, das ist meine Vision – sie ist politisch, im Sinne meines Bruders Thomas."
Lokal zu produzieren, das ist nicht einfach, wenn ein Land von außen vor allem als Rohstoff-Lieferant gesehen wird. Einst standen in Burkina Faso große Baumwollfabriken - heute ist die Produktion völlig zum Erliegen gekommen. In einer der berühmtesten, in Koudouogu, rund 100 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, kann man den Aktivisten und HipHop-Künstler Amsa Sankara - nicht verwandt mit Thomas - treffen, in den Ruinen der stillgelegten Baumwollfabrik Faso Fani. Der neue Präsident Roch Marc Christian Kaboré hatte eigentlich versprochen, sie wieder zu öffnen. Getan hat sich bisher nichts. Auch dagegen kämpft Amsa Sankara in regionalen Bürgervereinen, die sich "Balai Citoyen", "Bürgerbesen" nennen:
"Wir wollen die Bevölkerung sensibilisieren für demokratische und integre Prozesse. Der 'Balai Citoyen' ist in Regionalbüros in ganz Burkina Faso organisiert. Wir wollen dem Volk bewusst machen, dass ihre Politiker für sie da sind - und sie Einfluss auf ihre Arbeit nehmen können. Wir motivieren sie, mitzugestalten, getragen vom Geist Thomas Sankaras. Wir können immer noch von ihm lernen. Wenn er heute noch da wäre, ginge es Burkina Faso viel besser. Es gibt noch viel Arbeit zu tun."