Über das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland wird immer gerne spekuliert, so geschah es auch im letzten Jahr anlässlich der großen Ausstellung im Pariser Louvre mit dem Titel "De l'Allemagne. 1800-1939. Von Friedrich bis Beckmann". Der Louvre wollte das französische Publikum hier erstmals umfangreich mit der deutschen Kunst von der Romantik bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bekannt machen. Allerdings war dies offenbar gar nicht im Sinne des eigentlichen Initiators des Projekts, des deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris mit dem seit 2009 als Direktor fungierenden Basler Kunsthistoriker Andreas Beyer.
Diesem schwebte vielmehr die Konzentrierung der Ausstellung auf die deutsche Romantik vor und sicher nicht der kunsthistorische Brückenschlag bis hinein in die Zeit des Naziterrors. So krachte es ganz ordentlich im Getriebe der Kunstwissenschaften beider Nationen. Und wie reagierte das Publikum auf den Ausstellungszankapfel? Mit Begeisterung und Interesse an einer größtenteils bis dahin für sie unbekannten deutschen Kunst.
Ein deutsches Feuilleton hingegen verpasste seiner Rezension der Schau den markanten Titel "Aus tiefem Tal zu Riefenstahl" und signalisierte hiermit unmissverständlich und als hätte es ihm der Direktor des deutschen Forums eingeflüstert, dass die Kuratoren des Louvre wohl offenbar keine Ahnung von den Finessen deutscher Kunstgeschichtsschreibung hätten.
Wie konnte eine Zusammenarbeit zwischen deutschen und französischen Kollegen nur so gründlich schief gehen? An ein ganz anderes Klima, das die Anfänge des deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris vor knapp 15 Jahren kennzeichnete, erinnert sich Danièle Cohn, Ästhetikprofessorin und eine der Kuratorinnen der kontrovers diskutierten Ausstellung, heute noch mit Enthusiasmus:
"Die Gründung des Forum wurde damals von beiden Seiten als der Auslöser für eine Zusammenarbeit begrüßt. Dass Deutschland viele Literaten, Denker und Musiker hervorgebracht hatte, war allen klar, aber von seinen Malern wusste man hier sehr wenig. Diese deutsche Wissenschaftler-Enklave war der ideale Ort, wo sich deutsche und französische Kollegen treffen konnten."
Die umstrittene Louvre-Ausstellung ist nun vorüber und am deutschen Forum hat soeben ein neuer Direktor seinen Posten bezogen. Thomas Kirchner, im Gegensatz zu seinem Vorgänger ausgewiesener Forscher zur französischen Kunst, kennt bereits den Pariser Wissenschaftsbetrieb und ist überzeugt, dass sich der Sturm des letzten Jahres gelegt hat:
"Warten wir ab, ich war noch nicht im Louvre, oder, ich war natürlich im Louvre, aber ich habe noch nicht mit dem neuen Direktor gesprochen, aber alles, was ich bisher gehört habe, glaube ich nicht, dass ich mich warm anziehen muss. Das war eine etwas schwierige Situation. Es gab Trübungen des Verhältnisses, die aber im gewissen Sinne nicht das grundsätzliche Einvernehmen infrage stellen."Eintrübungen hat es in den letzten Jahren offenbar auch innerhalb des deutschen Forums gegeben. Immer seltener beteiligten sich Franzosen an den Kolloquien oder Publikationen des Hauses, da es häufig an französischen Forschungsschwerpunkten mangelte und stattdessen ein schwer vermittelbarer Theoriediskurs versucht wurde, der mit dem Ort, dem Gastland, wenig zu tun hatte.
Das deutsche Forum wird jetzt gut daran tun, sich wieder auf seine Frankreichforschungen zu konzentrieren. Thomas Kirchner ist dies bewusst:
"Mir ist ganz wichtig, dass unsere Aufgabe nicht darin besteht, jetzt missionarisch die deutsche Kunstgeschichte hier zu verbreiten und die französischen Kollegen davon zu überzeugen, dass das der richtige Weg ist, sondern im Gegenteil eigentlich, das gegenseitige Verständnis dafür zu fördern. Aber auf der anderen Seite geht es einfach auch für uns darum, den Zugriff der französischen Kollegen besser zu verstehen und auch zu würdigen, um im gewissen Sinne sich gegenseitig befruchtend dann auch an Projekten gemeinsam zu arbeiten."
Man könnte es einen Dornröschenschlaf nennen, aus dem das deutsche Forum mit seinem neuen Direktor jetzt wieder erwachen wird, meint auch Danièle Cohn.
"Die Erwartungen auf französischer Seite sind sehr hoch. Es gibt eigentlich nichts zu reparieren. Wir möchten alle nur wieder zu einer Normalität zurückkehren, in der endlich wieder effizient gearbeitet werden kann."
Die Zeichen stehen hierfür gut und das deutsche Forum in Paris könnte vielleicht zu einem Musterknaben im deutsch-französischen Verhältnis werden, gemeinsam erbrachte Forschungsergebnisse täten es aber auch schon.