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Kunstsammlung Gurlitts
Es gibt Erben mit Ansprüchen

Nach dem Tod Cornelius Gurlitts stellt sich die Frage, was mit der umfangreichen Kunstsammlung geschehen wird. Der Vertrag über die Überprüfung der Sammlung auf etwaige Raubkunst habe über den Tod hinaus Gültigkeit. Außerdem gebe es Erben, die Ansprüche stellen könnten, sagte DLF-Experte Stefan Koldehoff.

    Die Überprüfung der Bilder Gurlitts betreffen aber nur die 1400 Werke, die in der Schwabinger Wohnung des Gestorbenen gefunden wurden. "Die Gemälde, die Gurlitt in seinem Salzburger Haus aufbewahrte, wollte er in privater Regie überprüfen lassen", sagt Stefan Koldehoff im DLF. Da werde sich nun zeigen müssen, ob dies geschehe.
    Cornelius Gurlitt hat zudem Erben, die womöglich Ansprüche auf die Sammlung haben könnten. Gurlitt hatte eine Schwester mit Familie. Und eines dürfe man nicht vergessen: Gurlitt habe aus freien Stücken der Überprüfung seiner Sammlung auf etwaige Raubkunst zugestimmt: "Das ist viel mehr, als viele deutsche Museen bislang getan haben", sagt Koldehoff.

    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Schmitz: Seit November vergangenen Jahres ist Cornelius Gurlitt weltberühmt. Da wurde seine Kunstsammlung bekannt und dass die Staatsanwaltschaft Augsburg eineinhalb Jahre zuvor seine über 1200 Bilder umfassende Sammlung beschlagnahmt hatte: Wegen vermuteter Steuerhinterziehung – ein Verdacht, der sich allerdings nicht bestätigte. Der Schwabinger Kunstfund mit Werken von Picasso, Chagall, Matisse, Beckmann, Nolde und vielen anderen sorgte für Aufsehen, auch weil Raubkunstwerke darunter vermutet werden, also Kunstwerke, die jüdischen Besitzern von den Nationalsozialisten abgepresst worden waren.
    Denn: Die Sammlung von Cornelius Gurlitt stammte von Seinem Vater Hildebrand, Kunsthändler während der Nazi-Zeit.
    Erst vor einem Monat hatte Cornelius Gurlitt der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern vertraglich zugesichert, seine millionenschwere Sammlung auch nach dem Ende der Beschlagnahmung von Experten untersuchen zu lassen und die Raubkunstwerke gegebenenfalls zurückzugeben. Die Staatsanwaltschaft rückte die Stücke wieder raus. - Wem gehören sie denn jetzt? Gibt es Erben? Das habe ich meinen Kollegen Stefan Koldehoff gefragt.
    Koldehoff: Rückgabe der Sammlung ist nicht so einfach
    Stefan Koldehoff: Ja, es gibt Erben. Nun bin ich kein Jurist und kann nicht sagen, wie genau die Erbfolge aussieht. Aber es gab ja eine Schwester, die verstorben ist, und einen Ehemann. Auf der Seite ist Verwandtschaft vorhanden. Dann gibt es in Spanien auch noch einen Cousin, der Fotograph ist. Diese Erben haben sich im Vorfeld nach bekannt werden des ganzen Falles Gurlitt auch schon gemeldet und den Anwälten wohl gesagt, so ganz schnell und so ganz einfach mit dem Zurückgeben ist das ja nun nicht, da hätten wir eventuell auch noch bestimmte Ansprüche.
    Es ist also schon zu vermuten, dass zumindest ein Teil der Sammlung Gurlitt an die Verwandtschaft geht, und was mit dem Rest ist, das ist einfach die große Frage. Ich persönlich halte sie nicht für geeignet für ein Gurlitt-Museum. Dafür ist sie einfach nicht kohärent genug. Man muss sich immer klar machen: Der Vater, der mit den Nazis zusammengearbeitet hat, der musste natürlich nehmen, was nicht verkäuflich war, da steckt kein sammlerisches Konzept dahinter. Auf der anderen Seite gibt es die Aussage von Cornelius Gurlitt, dem jetzt gestorbenen Sohn, warum haben die nicht mit all dem Theater gewartet, bis ich tot bin, dann hätten sie die Bilder sowieso bekommen.
    Das ist jetzt das große Geheimnis, zu dem sich heute aber auch noch niemand äußert. Ich habe gerade noch mal mit dem Büro des Pressesprechers telefoniert: Wird das Ganze geschenkt werden an Museen oder an eine karitative Einrichtung, oder was passiert mit diesen Werken?
    Schmitz: Cornelius Gurlitt hat sich vertraglich dazu verpflichtet, gegenüber der Bundesregierung und auch dem Freistaat Bayern, die Sammlung nach der erfolgten Beendigung der Beschlagnahmung von Experten untersuchen zu lassen. Der Vertrag gilt doch, oder nicht?
    Koldehoff: Der Vertrag gilt und es ist auch eine Frist gesetzt worden. Innerhalb eines Jahres soll diese Untersuchung stattfinden. Das bezieht sich allerdings "nur" auf die rund 1.400 Bilder, die in der Wohnung in Schwabing, in der er jetzt auch gestorben ist, gefunden wurden. Es gab ja noch einen zweiten Bilderfund, der wesentlich spektakulärer war: große Ölgemälde von Monet und von Manet und von Courbet und von richtig wertvollen Impressionisten. Die sind nie zur Untersuchung an die Task Force gegeben worden. Da hat Cornelius Gurlitt immer gesagt, die wolle er von privaten Provenienzforschern untersuchen lassen und auch da eigentlich restituieren, wenn sich Raubkunst herausstellt.
    Auch da wird man jetzt abwarten müssen, was in den nächsten Tagen seine Betreuer bekannt geben, welche Verfügung er da hinterlassen hat.
    Schmitz: Die Anwälte sind wohl aus dem Spiel?
    Verfahren strafrechtlich beendet
    Koldehoff: Strafrechtlich endet mit dem Tod eines potenziell Beschuldigten ohnehin das Verfahren. Aber natürlich muss der Betreuer, der im Auftrage von Cornelius Gurlitt agiert, jetzt gucken, was mit dem Nachlass passiert. So ganz raus sind die Anwälte noch nicht, aber viel Spektakuläres ist da wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten.
    Schmitz: Aber einiges wird sich nun tun in den nächsten Wochen, vermute ich?
    Koldehoff: Ja, und das ist ganz spannend. Es gab eine Reihe von Gerüchten, beispielsweise die Gerüchte, dass Cornelius Gurlitt nicht nur gesagt habe, wenn sich Raubkunst findet, dann will ich die auf jeden Fall bedingungslos an die ursprünglichen Eigentümer zurückgeben, sondern dass er auch darüber nachgedacht habe, ob er die Werke aus den Beständen der sogenannten entarteten Kunst nicht möglicherweise auch an die Häuser zurückgeben will, aus denen sie ursprünglich mal entfernt worden waren. Das wäre natürlich eine unglaubliche Geste.
    Und ohnehin sollte man vielleicht an diesem Tag auch noch mal daran erinnern: Das was dieser Privatmensch, ohne juristisch dazu gezwungen zu sein, getan hat, nämlich zu sagen, ich lasse freiwillig meine gesamte Sammlung auf Raubkunst untersuchen, das ist mehr als viele deutsche Museen bislang getan haben.
    Schmitz: ... , sagt Stefan Koldehoff über den Kunstsammler Cornelius Gurlitt, der heute Vormittag gestorben ist.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.