Die Kleinstadt Midyat im Südosten der Türkei, eine Insel der Ruhe im Kriegslärm von Südostanatolien. Vom Stadtrand aus ist entfernter Geschützdonner aus der südlichen Nachbarstadt Nusaybin zu hören, wo sich kurdische Rebellen und türkische Sicherheitskräfte schwere Kämpfe liefern.
Totenstille herrscht dagegen im Osten, wo bisher die Schlacht um die Kleinstadt Idil getobt hat. Auf dem Marktplatz von Midyat, vor der Moschee und am Busbahnhof, warten die geflüchteten Einwohner der umliegenden Städte auf Informationen aus dem Kampfgebiet. Der Lastwagenfahrer Abdullah Bulduk aus Idil ist einer der wenigen, die schon Näheres erfahren konnten.
"Mein Haus ist zerstört worden, es ist nichts davon übrig. Unser Ortsvorsteher war zur Besichtigung dort. Er hat mir gesagt, dass mein Haus dem Erdboden gleich gemacht wurde. Aber mehr wissen wir noch nicht darüber, wie es in Idil aussieht. Die Stadt ist ja noch gesperrt, es darf keiner rein oder raus."
"Mein Haus ist zerstört worden, es ist nichts davon übrig. Unser Ortsvorsteher war zur Besichtigung dort. Er hat mir gesagt, dass mein Haus dem Erdboden gleich gemacht wurde. Aber mehr wissen wir noch nicht darüber, wie es in Idil aussieht. Die Stadt ist ja noch gesperrt, es darf keiner rein oder raus."
70.000 Einwohner plus 40.000 Flüchtlinge
Seit zwei Monaten ist Abdullah Bulduk mit seiner Familie in Midyat – seit in Idil die Kämpfe begannen und tausende Einwohner in die umliegenden Dörfer und Städte flohen. Der 61-Jährige ist mit Ehefrau, Kindern und Enkeln bei einer Tochter untergekommen, die in Midyat verheiratet ist und nun acht Personen mehr im Haus hat. Damit ist Bulduk noch besser dran als viele andere, denn Midyat ist überfüllt mit Flüchtlingen aus der Umgebung.
70.000 Einwohner zählt Midyat normalerweise, 10.000 Flüchtlinge aus Syrien beherbergt das Städtchen ohnehin schon, und nun sind seit Jahresbeginn noch 30.000 einheimische Flüchtlinge aus den umliegenden Städten dazugekommen, sagt der Landrat von Midyat, der die Unterbringung und Hilfe koordiniert:
"Wir haben vom ersten Tag an einen Krisenstab gebildet, um die Gäste unterzubringen und zu versorgen. Wir haben ihnen unsere Krankenhäuser und Schulen geöffnet, geben ihnen finanzielle Hilfen und behandeln sie in allen Angelegenheiten bevorzugt."
Alleine die Schulen von Midyat haben in diesem Jahr schon über 4000 Kinder aus den umkämpften Städten der Umgebung aufgenommen, sagt der Landrat:
"Wir eröffnen zusätzliche Klassen, wir stellen zusätzliche Lehrer ein, und wir vergrößern auch die bestehenden Klassen. Darunter leidet vielleicht die Qualität etwas, aber das nehmen wir in Kauf, damit die ankommenden Kinder nicht ohne Schulbildung bleiben."
"Wir haben vom ersten Tag an einen Krisenstab gebildet, um die Gäste unterzubringen und zu versorgen. Wir haben ihnen unsere Krankenhäuser und Schulen geöffnet, geben ihnen finanzielle Hilfen und behandeln sie in allen Angelegenheiten bevorzugt."
Alleine die Schulen von Midyat haben in diesem Jahr schon über 4000 Kinder aus den umkämpften Städten der Umgebung aufgenommen, sagt der Landrat:
"Wir eröffnen zusätzliche Klassen, wir stellen zusätzliche Lehrer ein, und wir vergrößern auch die bestehenden Klassen. Darunter leidet vielleicht die Qualität etwas, aber das nehmen wir in Kauf, damit die ankommenden Kinder nicht ohne Schulbildung bleiben."
"Wie soll ich ohne Arbeit meine Familie durchbringen?"
Wie lange die Flüchtlinge bleiben müssen, weiß niemand. Doch die behördlichen Anstrengungen in den Schulen deuten darauf hin, dass der Staat nicht mit ihrer baldigen Rückkehr rechnet. Unter den wartenden Flüchtlingen greift die Verzweiflung um sich. Vielen geht es wie dem 44-jährigen Schlosser Abdulkerim Gönenc aus Nusaybin:
"Wir haben alles zurücklassen müssen, unsere Möbel, unsere Sachen – wir sind mit nichts als den Kleidern am Leib gekommen. Wie soll ich ohne Arbeit meine Familie durchbringen, wie soll ich 400 Lira Miete bezahlen? Ja, die Kinder gehen hier zur Schule, aber wie soll ich sie ernähren?"
Nicht nur in Midyat warten Flüchtlinge aus den umkämpften Städten des Südostens. In der Region sind nach Angaben der türkischen Regierung insgesamt 350.000 Menschen auf der Flucht – alles einheimische Kurden wohlgemerkt, die Flüchtlinge aus Syrien nicht mitgerechnet. Was werden sie tun, wenn es so weitergeht – nach Europa fliehen, wie es Selahattin Demirtas, der Chef der türkischen Kurdenpartei, kürzlich androhte?
"Wir haben alles zurücklassen müssen, unsere Möbel, unsere Sachen – wir sind mit nichts als den Kleidern am Leib gekommen. Wie soll ich ohne Arbeit meine Familie durchbringen, wie soll ich 400 Lira Miete bezahlen? Ja, die Kinder gehen hier zur Schule, aber wie soll ich sie ernähren?"
Nicht nur in Midyat warten Flüchtlinge aus den umkämpften Städten des Südostens. In der Region sind nach Angaben der türkischen Regierung insgesamt 350.000 Menschen auf der Flucht – alles einheimische Kurden wohlgemerkt, die Flüchtlinge aus Syrien nicht mitgerechnet. Was werden sie tun, wenn es so weitergeht – nach Europa fliehen, wie es Selahattin Demirtas, der Chef der türkischen Kurdenpartei, kürzlich androhte?
Laut türkischer Regierung 350.000 kurdische Binnenflüchtlinge
Abdulkerim Gönenc winkt ab: "Nach Europa, wie soll ich da hinkommen, dafür habe ich doch kein Geld. Ich kann mir ja noch nicht mal einen Reisepass leisten. Wenn ich das Geld hätte, wäre ich doch schon von 10 oder 20 Jahren gegangen."
Nicht einmal in den Westen der Türkei würde er sich wagen, sagt Gönenc: "Wenn ich dorthin gehe, dann sagen die, der ist Kurde aus dem Osten, da bekomme ich Scherereien. Und wo sollte ich da auch die Kinder unterbringen? Nein, wir können nirgends hin."
Und so sehen es auch die anderen Flüchtlinge aus Nusaybin, Idil und Cizre, die sich vor der Moschee in Midyat versammelt haben, so wie der Porzellanwarenhändler Abdullah Celik aus Idil:
"Von Europa erwarten wir nichts, die halten sich die Ohren zu und wollen gar nicht wissen, wie es uns geht. Wir gehen nirgendwo anders hin. In Midyat ist es vorerst ruhig, und wo sollten wir auch hin?"
Nicht einmal in den Westen der Türkei würde er sich wagen, sagt Gönenc: "Wenn ich dorthin gehe, dann sagen die, der ist Kurde aus dem Osten, da bekomme ich Scherereien. Und wo sollte ich da auch die Kinder unterbringen? Nein, wir können nirgends hin."
Und so sehen es auch die anderen Flüchtlinge aus Nusaybin, Idil und Cizre, die sich vor der Moschee in Midyat versammelt haben, so wie der Porzellanwarenhändler Abdullah Celik aus Idil:
"Von Europa erwarten wir nichts, die halten sich die Ohren zu und wollen gar nicht wissen, wie es uns geht. Wir gehen nirgendwo anders hin. In Midyat ist es vorerst ruhig, und wo sollten wir auch hin?"