"Nun legen wir ab. Wir geben jetzt einen Schlag voraus und versuchen, das Schiff langsam in die Ausfahrt reinzudrehen."
Ein Samstag Morgen im Hafen von Eckernförde, nördlich von Kiel. Gerade hat das Schiff abgelegt. Nun bugsiert es Kapitän Rainer Skerka mit Vorsicht durch die Hafenausfahrt. Denn die ist ziemlich eng.
"Da muss man ein bisschen aufpassen, dass man nirgends touchiert."
Das Nadelöhr ist geschafft, Skerka ist erleichtert. Er ist neu an Bord, hat das Kommando gerade erst übernommen. "Planet", so heißt das Schiff. Ein höchst ungewöhnliches Schiff.
"Das war mein erstes Manöver. Man ist angespannt. Dieses Schiff ist ja ganz anders geartet von der Bauweise her. Und man weiß nicht, wie dieses Schiff reagiert."
"Backbord 20"
"Mittschiffs"
100.000 Schiffe. So viele fahren weltweit auf hoher See. Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Kriegsschiffe, Frachter. 80 Prozent des Welthandels laufen über die Weltmeere. Schiffe sind hocheffizient, sagen die einen. Kein anderes Verkehrsmittel bringt seine Fracht so günstig von einem Kontinent zum anderen. Schiffe sind nicht so effizient, wie sie sein könnten, sagen die anderen. Sie verbrauchen zuviel Treibstoff, stoßen zuviel CO2 aus, geben zu viele Abgase ab: Stickoxide, Feinstaub, Schwefeldioxid. Können neue, innovative Konzepte die Schifffahrt effizienter machen? Sauberer? Klimafreundlicher?
"3,2,1, start logging."
"Looks good, high speed."
September 2008. Ein Frachter kreuzt durch den Oslofjord, 80 Meter lang, scheinbar ein Küstenmotorschiff wie jedes andere. Doch der Frachter ist ein Unikat, der Prototyp für eine neue Technologie. Sein Rumpf fährt, von außen nicht erkennbar, auf einem Luftkissen.
"Das ist ein Luftschmierungssystem. Es ist ein Luftkissenschiff, wo wir aber nicht abheben, sondern nur Schmierung machen. Wir machen unter dem Schiff einen Luftfilm, der den Reibungswiderstand zwischen Wasser und Stahl einfach abschmilzt."
Jörn Winkler, Gründer von DK Group, ein Schiffstechnologie-Unternehmen aus den Niederlanden. Air Cavity System, so heißt das Konzept: Ein Kompressor an Bord erzeugt Druckluft und presst sie nach unten, zur Unterseite des Rumpfes. Dort befinden sich rinnenartige Hohlräume, durch die die Luft nach hinten strömt. Das Entscheidende: Da die Reibung zwischen Luft und Wasser deutlich kleiner ist als zwischen Stahl und Wasser, kann das Schiff viel leichter durch die Fluten gleiten – und spart dadurch Treibstoff. Winkler:
"Wenn wir ein großes Tankschiff nehmen, da sind 9000 Quadratmeter flacher Boden. Wer sich ein bisschen mit Fußball auskennt: Das ist ein ganzer Fußballplatz ohne Reibungswiderstand, was plötzlich eine glatte Luftschicht ist, genauso wie Schlittschuhlaufen."
Zehn bis 15 Prozent Treibstoff ließen sich sparen, sagt Winkler, und damit auch zehn bis 15 Prozent an Emissionen.
"Wir haben ein Testschiff gebaut, das getestet wurde. Und das funktioniert wunderbar."
Laut Winkler macht Air Cavity ein Schiff lediglich um zwei bis drei Prozent teurer – eine Investition, die sich nach wenigen Jahren rentieren sollte. An einem ähnlichen Verfahren arbeitet man auch in Japan. Hier soll die Luft nicht durch Rinnen im Rumpf geleitet werden, sondern einfach als feine Luftblasen am Schiffsrumpf entlang strömen.
"Die japanische Schmierung macht im Durchschnitt fünf Prozent. Wir müssen das Schiff mehr umbauen, kriegen dafür auch eine höhere Einsparung, zehn bis fünfzehn Prozent."
Die japanische Technologie hat allerdings den Vorteil, dass sich ältere Schiffe recht einfach nachrüsten ließen. Deshalb hat Winkler mit seinem System zunächst jene knapp 4000 Neubauten im Visier, die jedes Jahr aufgelegt werden.
"2011 geht’s vielleicht richtig los. Das sind ja lange Prozesse mit großen Schiffen, wo erst mal Designs gemacht werden, Planung. Es dauert einfach drei Jahre, bis man irgendwas im Markt hat."
"Man sagt auch, dieses Schiff ist das Schiff der Leitern und Treppen. Man bräuchte eigentlich einen Fahrstuhl, will ich damit sagen."
Samstag Mittag. Detlef Heesch ist hinabgeklettert in den Rumpf der "Planet". Heesch leitet den seemännischen Dienst bei der WTD 71, der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen in Eckernförde. Die "Planet" ist das Forschungsschiff der Bundeswehr. 2005 in Dienst gestellt, knapp 100 Millionen Euro teuer. Länge: 73 Meter, Breite 27 Meter – deutlich breiter als andere Schiffe dieser Größenklasse. Das Besondere an der "Planet": Sie sieht aus wie ein Katamaran, ein Schiff mit zwei Rümpfen. Doch sie ist keiner. Das, was sie eigentlich ausmacht, steckt unter Wasser. Heesch:
"Das sind sozusagen zwei U-Boot-Rümpfe, auf denen ein Schiff aufgebaut ist, auf zwei Säulen. Wie ein Katamaran auf zwei U-Boot-Rümpfen, das könnte man sagen dazu. Wobei wir durchs Wasser fahren und nicht übers Wasser."
Swath, so heißt das Konzept, Small Waterplane Area Twin Hull. Ein seltener, innovativer Schiffstyp. Bis heute gibt es nur ein paar Exemplare auf der Welt. Da seine Schwimmkörper unter Wasser sind, liegt ein Swath-Schiff extrem ruhig in der See. Für ein Forschungsschiff ein Vorteil, etwa wenn es Sensoren ins Wasser ausbringen will. Und, so Heesch:
"Es ist von der Akustik ruhiger als andere Schiffe. Sie haben die Akustik eines U-Boot-Rumpfes. Und es ist bekannt, dass das verhältnismäßig gering ist, weil ein U-Boot sich ja verstecken muss."
Schleichfahrten auf hoher See – das ist der Hauptzweck der "Planet". Systematisch soll sie die Schallausbreitung unter Wasser vermessen. Grundlagendaten für die U-Boot-Flotte.
"Das Schiff ist, da es nun mal ein Prototyp ist, natürlich ein wenig gewöhnungsbedürftig. Ansonsten ist das im Großen und Ganzen eigentlich ein sehr gutes Schiff hier."
Olav Bünger ist der leitende Ingenieur der "Planet", oder kurz: der Chief.
"Wir sind jetzt im E-Werk. Hier stehen unsere Dieselmotoren drin, mit den Generatoren."
Das Herz des Schiffes: der dieselelektrische Antrieb, effizient und energiesparend. Das Prinzip: Vier Dieselmotoren sind an Generatoren angeschlossen und erzeugen Strom. Jeder Diesel steckt in einem Metallcontainer, einer Art Schallkabine.
"Jetzt machen wir mal eine Kapsel auf, damit man mal das Geräusch hört."
Der Strom, den die Dieselgeneratoren erzeugen, wird durch Kabel nach unten geleitet, in die beiden U-Boot-ähnlichen Schwimmkörper. Bünger steigt hinab in einen der Unterwasserrümpfe. Steile Treppen, massive Sicherheitstüren – ein Hindernisparcours.
"Wir sind jetzt unten im Schiff – hier, wo wir stehen, auf Kopfhöhe so 3 bis 4 Meter unter Wasser."
Bünger zeigt auf die Motoren. Es sind Elektromotoren.
"Das sind diese beiden zylindrischen Tonnen mit circa 1,20 Meter Durchmesser. Diese Motoren haben 1040 Kilowatt und eine maximale Umdrehung von 150 Umdrehungen."
Die Elektromotoren sind leise, dazu die schallgedämmten Dieselgeneratoren und der Spezialrumpf. Das alles macht die Planet zum Flüsterschiff. Doch nun muss sie in die Werft. Eine Abdichtung an einem der Propeller ist offenbar undicht. Die Reise geht durch die Ostsee, vorbei an Fehmarn und Rügen, bis nach Stralsund.
"Wir sind jetzt hier in einer Fertigungshalle, die es weltweit sicherlich nirgendwo so gibt wie hier. Wo wir Spulen fertigen können, die für den Einsatz in Motoren oder Generatoren im Megawattbereich gefertigt werden können."
Ein Industriegebiet in Erlangen, das Betriebsgelände von Siemens. Bernd Wacker steht in einer Halle mit seltsamen Maschinen, sie erinnern an Filmprojektoren und an Tonbandgeräte aus längst vergangenen Zeiten.
"Sieht aus wie eine alte Tonbandspule. Und das Band selber, was da drauf ist, sieht auch fast aus wie ein altes Magnet-Tonband, nur dass es nicht braun ist, sondern es ist weiß."
Das weiße Band besteht aus Keramik und hat eine besondere Eigenschaft: Es leitet elektrischen Strom ohne jeden Widerstand, also völlig verlustfrei – vorausgesetzt man kühlt es ab bis auf minus 200 Grad Celsius. Supraleitung, so heißt das Phänomen. Bei Metallen kennt man sie schon lange. Bei Keramiken dagegen wurde die Supraleitung erst 1986 entdeckt – und zwar völlig überraschend. Weil sie bei höheren Temperaturen funktioniert als bei Metallen, bezeichnet man sie als Hochtemperatur-Supraleitung. Aber: Die Produktion der Keramiken erwies sich als schwierig. Erst seit ein paar Jahren ist man in der Lage, sie zu Kabeln zu verarbeiten – jenen dünnen, weißen Bändern in der Fertigungshalle von Siemens. Bernd Wacker:
"Man könnte das durchaus mit einer Bandnudel vergleichen, nur noch viel dünner. So dünn kann man, glaube ich, eine Bandnudel gar nicht ausrollen – 0,2 mm."
Die Spezialkabel können, auf Eiseskälte gekühlt, etwa 30mal mehr Strom leiten als ein gleich dickes Kupferkabel. Bei Siemens wickelt man diese Kabel kilometerweise zu Spulen – und zwar mit den Maschinen, die aussehen wie zu groß geratene Tonbandgeräte. Aus diesen Spulen haben Wacker und seine Leute einen völlig neuen Schiffsmotor gebaut – einen supraleitenden Elektromotor.
"Die wesentlichen Vorteile liegen darin, dass wir ungefähr 30 Prozent Volumen und Gewicht sparen gegenüber einer konventionellen Maschine. Ein typischer Motor, der 100 Tonnen wiegt, wiegt dann 70 Tonnen. Wir können mit dieser Technologie auch eine sehr schallarme Maschine bauen, die im Schiff, besonders wenn es um Passagierschiffe geht, von besonderem Vorteil sind. Außerdem können wir die Verluste ungefähr auf die Hälfte verringern. Das heißt wir können CO2 sparen."
Zwar muss der supraleitende Schiffsmotor mit flüssigem Neon gekühlt werden. Aber das wird durch die Einsparungen an Gewicht und Treibstoff mehr als wettgemacht, sagt Bernd Wacker. Nach einer kleinen Versuchsmaschine hat Siemens nun einen größeren Prototyp gebaut, immerhin vier Megawatt stark.
"Wir werden diese Technologie ausführlich testen müssen, sodass wir potenziell ab 2012 die Technologie einbauen könnten."
Megayachten, Kreuzfahrtschiffe, Militärschiffe und Fähren – sie alle könnten eines Tages vom leichten und leisen supraleitenden Motor profitieren. Und natürlich auch Forschungsschiffe wie die "Planet".
Sonntag Vormittag. Ein schrilles Signal dringt durchs Schiff. Alarm an Bord der "Planet".
"Zur Übung, zur Übung. Feuer im Schiff, Feuer im Schiff! Es brennt in Null 7 B Null 8, Null 7 B Null 8!"
Nur eine Übung. Dennoch kommt Hektik auf. Die Männer sehen zu, dass sie zu ihren Plätzen kommen. Bei Feueralarm hat jeder an Bord eine ganz bestimmte Aufgabe zu erledigen.
"Brücke hört."
"Ja, ich bin hier vor Ort. Frage Verständigung?"
"Verständigung ist laut und klar."
"Funkraum besetzt, Lüfterklappen in B- und E-Deck alle geschlossen."
"Alles klar."
Die Alarmglocke schrillt ein zweites Mal. Hektik macht sich breit.
"Durchsage an die Besatzung: weiteres Feuer Null 7 B 05. Müllsammelraum. Müllsammelraum, ein weiterer Brandherd! Gang B-Deck. Das Feuer breitet sich aus auf dem Gang im B-Deck!"
Die Löschtrupps geben ihr Bestes. Dann, endlich, ein erster Erfolg.
"Brücke von Gruppenstand?"
"Brücke hört."
"Der Olsen war gerade hier als Läufer. Der sagte, dieser Brand in Null 7 B Null 8 sei gelöscht. 12 und 5 wird noch bekämpft."
"Ja, das hat die Brücke verstanden. 12 und 5 wird noch bekämpft. In 8 ist gelöscht."
Der Hafen von Rotterdam. An Bord des Küstenmotorschiffs "Michael A." wird gehämmert und geschweißt. Der Bug des kleinen Frachters erhält einen ausfahrbaren Mast. An dessen Spitze hängt etwas, das aussieht wie ein lose gefalteter Fallschirm. Es ist ein Zugdrachen, der – getrieben vom Wind – das Schiff hinter sich herziehen soll.
Einige Tage später. Die "Michael A." fährt auf der Nordsee. Erstmals kommt der Gleitschirm zum Einsatz. Eine Winde spult eine Leine ab und lässt den Drachen 300 Meter hoch in die Luft steigen. Er fliegt Schlangenlinien und Achten und gibt dem Frachter einen kräftigen Schub nach vorn. SkySails, so heißt das System.
"Wir haben es inzwischen auf drei Schiffen in Betrieb genommen. Und wir werden einen Fischtrawler ausrüsten und im Laufe des zweiten Quartals drei weitere Schiffe."
Stephan Brabeck ist der technische Geschäftsführer von SkySails in Hamburg. Früher befuhren Segelschiffe die Weltmeere, angetrieben vom Wind. Dann wurden Dampfmaschine und Dieselmotor erfunden, die Segler verschwanden von den Ozeanen. Doch in Zeiten von Ölknappheit und Klimaerwärmung könnte der Wind eine Renaissance erleben – als energiesparender Zusatzantrieb von Frachtern wie der "Michael A.". Stephan Brabeck:
"Die 'Michael A.' hat einen täglichen Treibstoffverbrauch von etwa vier Tonnen. Das entspricht ungefähr 3000 Dollar pro Tag. Davon sparen Sie zwischen 300 und 900 Dollar pro Tag."
Ein SkySails-Drachen produziert rund fünf Mal mehr Schubkraft als ein Segel der gleichen Größe, sagt Brabeck. Und zwar gleich aus zwei Gründen: Erstens fliegt der Gleitschirm bis zu 300 Meter hoch, wo der Wind deutlich stärker weht als unten. Zweitens fliegt der Drachen ständig Kurven und Achten. Dadurch wird, ähnlich wie bei einem Flugzeug, ein Tragflügeleffekt wirksam. Es bildet sich ein Sog aus, der den Drachen nach vorne zieht. Gelenkt wird er von einem Autopiloten, der unterhalb des Schirms hängt. An dieser Steuerung mussten die Ingenieure lange herumtüfteln. Brabeck:
"Wir haben auch schmerzliche Erfahrungen machen müssen. Wir haben in den ersten Monaten schon mal den einen oder anderen Verlust zu beklagen gehabt. Aber wir haben diese Probleme alle beheben können. Und wir sind jetzt gut unterwegs mit den Schiffen und haben das Equipment so zuverlässig, dass wir in die Serienproduktion gehen können."
Nach und nach wollen Brabeck und seine Leute immer größere Drachen bauen, mit denen man eines Tages sogar Riesentanker oder Großfrachter bestücken könnte. Das Potenzial jedenfalls scheint enorm.
"Wenn man alle 60.000 Schiffe, die man ausrüsten kann, mit einem SkySails-System ausrüsten würde, dann würde das einer jährlichen Einsparung von 150 Millionen Tonnen CO2 entsprechen."
SkySails spart Treibstoff, kostet aber Geld – einige 100.000 Euro pro Drachen. Nur: In Zeiten der Wirtschaftskrise halten sich die Reeder mit Investitionen zurück. Ob sich ein System wie SkySails durchsetzen wird, hängt nicht zuletzt vom Ölpreis ab. Wirksamer politischer Druck jedenfalls fehlt. Noch ist kein Gesetz in Sicht, das die Reeder dazu veranlasst, die CO2-Emissionen ihrer Schiffe zu senken. Bis auf weiteres wird Klimaschutz einzig über die Geldbeutel der Schiffseigner laufen.
"Angriff in Null 7 B Null 8 wird durchgeführt. Feuer breitet sich aber weiter aus."
Sonntag Mittag. Die Lage an Bord der Planet wird unübersichtlich. Einen der Brandherde konnte die Mannschaft zwar löschen. Die anderen aber bekommt sie nicht in den Griff. Die Brücke fasst einen Entschluss:
"Gruppenstand für Brücke?"
"Gruppenstand hört."
"Wenn du drei Leute zur Verfügung hast, dann bitte das Steuerbord-Rettungsboot klarmachen."
"Ja, verstanden. Steuerbord-Rettungsboot klarmachen."
"Herr Olsen? Bootsbesatzung! Sie brauch’ ich Vorne im Boot!"
Sofort machen sich die Männer an die Arbeit, lösen das knallorange lackierte Rettungsboot aus seiner Halterung.
"Wir haben jetzt nur noch die Bolzen. Wir haben das Boot soweit vorbereitet!"
"Eine Durchsage an alle, hier spricht der Kapitän. Es ergeht die Anweisung zum Verlassen des Schiffes!"
Ein paar Minuten später haben sich alle am Boot versammelt, mit angelegten Rettungswesten – fertig zum Verlassen des Schiffes. Aber: zwei Männer fehlen.
"Jetzt noch der Herr Schwarz und der Herr Wolter. Die halten die Stellung noch an der Rauchgrenze."
"Ja, ist verstanden. Die sollen sich jetzt auch zurückziehen. Wir gehen jetzt alle in die Boote und in See."
"Achtung, Durchsage an die Besatzung: Der Brandabwehrtrupp zieht sich jetzt auch zurück. Der Treffpunkt ist Steuerbord Rettungsboot, zum Verlassen des Schiffes!"
Doch dann reicht es Kapitän Skerka. Er bricht das Manöver ab.
"Die Übung ist hiermit beendet. Station aufklaren!"
Mindestens einmal im Monat muss die Mannschaft der "Planet" eine Brandübung absolvieren, so wollen es die Vorschriften. Aus gutem Grund, meint Rainer Skerka.
"Es ist jederzeit bei so einem Hightech-Gerät mit dieser ganzen Elektronik, diesen Tausenden Kilometern von Kabeln, nicht auszuschließen, dass es zu einem Brand kommt. Und das ist heutzutage das Schlimmste für ein Schiff: ein Brand an Bord!"
"Ich taufe dich auf den Namen 'Alsterwasser' und wünsche dir allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!"
August 2008. Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk tauft ein Schiff, das genauso aussieht wie all die anderen Ausflugsdampfer, die auf der Alster herumschippern. Den Unterschied bemerkt nur, wer mit der "Alsterwasser" ablegt. Denn statt wie üblich mit Diesel fährt das Schiff mit Wasserstoff – und zwar vibrationsfrei und praktisch lautlos.
"Sie hören – nichts! Sie hören hier im Moment Leute reden, sie hören Besteck klappern. Sie hören aber keinen Antrieb. Zusätzlich steht er nicht, wenn er nach draußen geht, in den Dieselschwaden."
Anno Mertens von der Firma "Proton Motor" bei München. Statt Kohlendioxid und Ruß kommt purer Wasserdampf aus dem Schornstein der Alsterwasser. Angetrieben wird sie durch eine Brennstoffzelle unter Deck.
"Eine Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff mit Hilfe von Luft in elektrischen Strom um. Und wir treiben mit diesem elektrischen Strom, den wir hier gewinnen, das Schiff elektrisch leise und abgasfrei an."
Der Wasserstoff steckt in zwölf Tanks, gespeichert bei 350-fachem Atmosphärendruck. Der Strom, den die Brennstoffzelle erzeugt, lädt eine Batterie auf. Sie dient als Zwischenspeicher und speist einen Elektromotor, der die Schiffsschraube auf Touren bringt. Mit einer Leistung von 100 Kilowatt ist der Motor allerdings nicht stärker als der eines Mittelklassewagens. Doch nicht nur auf einem Binnengewässer, auch auf hoher See soll die Technik bald zum Einsatz kommen.
"Bei uns geht es darum, dass wir den Hauptantrieb einer Personenfähre durch Brennstoffzellen betreiben wollen, weil wir gänzlich auf Diesel oder Erdgas verzichten wollen","
sagt Brigitte Behrends von Beluga Shipping, einer Reederei aus Bremen. Die 30 Meter große Personenfähre soll ab 2011 zwischen Neuharlingersiel und der Insel Spiekeroog verkehren, im Rahmen eines Projekts namens "e4ships". Auch sie soll mit Wasserstoff fahren.
""Wir wollen den Wasserstoff aus regenerativen Energien herstellen. Und zwar hauptsächlich aus Windstrom, der uns dort vor Ort zur Verfügung gestellt wird."
Aber: Um Brennstoffzellen im großen Maßstab in Schiffen einzusetzen, müssten sie viel billiger werden und deutlich mehr leisten. Denn mit der Power der derzeitigen Zellen ist nicht im Traum daran zu denken, einen Containerriesen anzutreiben. Probleme bereiten auch die Wasserstofftanks. Ihre Kapazitäten reichen für eine Passage über den Atlantik schlicht nicht aus. Das bedeutet: Am ehesten könnte Wasserstoff bei kleineren Schiffen mit geringer Reichweite funktionieren, oder für umweltfreundliche Stromgeneratoren an Bord von Passagierdampfern. An Wasserstoff als universellen Schiffs-Treibstoff aber glauben die wenigsten Experten. Wenn das Erdöl knapp wird, wollen sie die Schiffe mit Biokraftstoff fahren lassen – oder die großen Pötte sogar mit Atomkraft.
"Seit gestern hat sich das Wetter dramatisch verschlechtert. Von Windstärke 5 ist es jetzt hochgegangen auf Windstärke 8."
Montag Morgen. Auf der "Planet" hat Kapitän Skerka schlechte Neuigkeiten.
"Von daher hat der Lotse heute morgen, als wir uns bei ihm gemeldet hatten, schon gesagt, dass wir erst mal eine Wetterbesserung abwarten müssen und dann im Verlauf des Tages entscheiden, ob das heute überhaupt noch geht."
Eigentlich sollte die "Planet" heute morgen in den Hafen von Stralsund einlaufen. Doch der Wind ist zu stark, er könnte das Schiff aus der Fahrrinne drücken. Jetzt heißt es warten – warten auf ruhigeres Wetter. Die Wellen draußen auf der Ostsee sind nicht ohne, vier bis fünf Meter hoch. Doch die Planet hebt und senkt sich nur langsam, fast bedächtig. Seekrank ist niemand an Bord. Die spezielle Konstruktion des Schiffes – ein Katamaran, getragen von zwei U-Boot-ähnlichen Schwimmkörpern – zeigt ihre Stärken. Skerka:
"Es ist wesentlich angenehmer, bei schwerer See mit diesem Schiff zu fahren statt mit einem Einrumpf-Schiff. Während andere Schiffe dann schon ordentlich zur Kehr gehen, liegt dieses Schiff bei Windstärke 8, 9, 10 wie ein Brett."
Der eigentliche Härtetest steht noch aus: Einen handfesten Orkan mit riesigen Brechern hat die "Planet" noch nicht erlebt. Aber vielleicht, sagt Kapitän Skerka, kommt der schon bald, auf der nächsten Fahrt.
"Es geht in den Skagerrak. Und wir hoffen, dass wir da Schlechtwetter kriegen, um die noch ausstehende Schlechtwetter-Funktionsüberprüfung zu machen."
"Das ist eine umgebaute Fleischschneidemaschine, die ausrangiert wurde, mit der ich Langschnitte erzeugen kann. Mit sauberer Führung und entsprechend scharf umlaufenden Schneidemesser."
Technische Universität Darmstadt. In einem der Labors steht der Biologe Bernhard Köhler an seiner Schneidemaschine. In den Regalen lauter Gläser mit Tierpräparaten – Forellen, Makrelen, Doraden.
"Wir sind in einem biologischen Labor-Raum, wo wir systematisch Fische präparieren und schneiden. Zur Aufklärung der Struktur gehört, dass wir den Verlauf der Muskelfasern sehr exakt verfolgen, weil wir dann diese biologischen Strukturen technisch nachbauen."
Köhler und sein Team arbeiten an einem neuen, alternativen Schiffsantrieb. Kein Propeller wie üblich, sondern ein Antrieb, der dem Vorbild der Natur nachempfunden ist – der Schwanzflosse eines Fisches.
"Der Standardantrieb bei Schiffen wird von Schiffsschrauben geleistet. Jetzt ist es so, dass diese Schiffsschraubenantriebe teilweise erhebliche Umweltschäden verursachen. Das ist ganz besonders gravierend in Venedig. Da entstehen enorme Gebäudeschäden, weil die Gebäude direkt die Kanalwände darstellen. Und durch die zahlreichen Motorboote und deren Schraubenstrahl werden die Fundamente regelrecht ausgespült, bis die in sich zusammensacken. Und das hat uns auf den Gedanken gebracht, ob es vielleicht möglich wäre, einen alternativen Antrieb, wie ihn die Fische haben, nutzbar zu machen."
Die Idee: Würde man die Schiffsschraube ersetzen durch eine mechanische, sanft hin und her schwingende Schwanzflosse, so würde man weniger Wasserdruck erzeugen – und damit weniger Schäden in Seen, Flüssen und Kanälen. Nur: Lässt sich diese Idee auch in die Tat umsetzen? Um das herauszufinden, haben die Forscher einen Prototyp gebaut – einen Fischroboter namens Smoky. Ein mechanisches Skelett in Fischform, gut einen Meter lang, zusammengesetzt aus zehn Segmenten, die miteinander verbunden sind durch eine biegsame Stange, sagt Physik-Ingenieurin Britta Abé.
"Das, was wir hier haben, ist eine Dorade. Wir haben extra eine Dorade von der Körperform gewählt, so eine gedrungene, große Form eignet sich besser. Normalerweise ist der ganze Fisch mit einer Latexhaut umgeben, die wir hier gemacht haben. Die Haut kann man dem Skelett anziehen wie ein Kleid. Und so kann man den ganzen Fisch ins Wasser setzen."
Im Moment aber hängt Smoky im Trockenen, Britta Abé muss ihn reparieren. Angetrieben wird Smoky durch acht Servomotoren. Abé:
"Die Bewegung wird durch ein Computerprogramm gesteuert. Das Computerprogramm hat eine reale Fischbewegung analysiert und steuert so die Amplituden der Servos, dass eine Welle über den Körper des Fisches läuft, die mit einer immer größeren Amplitude zum Schwanz hin sich fortbewegt."
Und wie fühlt sich der Roboterfisch im Wasser? Bernhard Köhler:
"Er kam von der Stelle, aber zu langsam."
Ein Schiff mit Flossenantrieb würde wohl anders aussehen als Smoky, der Roboterfisch: Kein kompletter Fischkörper, sondern nur die Flosse, drehbar montiert an einem Stiel mit zwei oder drei Gelenken. Britta Abé:
"Wobei es wahrscheinlich sogar besser ist, die Bewegung nicht horizontal zu erzeugen, sondern vertikal, wie zum Beispiel ein Wal schwimmt. Dann kann man die Schwanzflosse noch breiter machen und die ganze Schiffsbreite ausnutzen. Und es ist vorgesehen diesen Antrieb für langsam fahrende Schiffe in flachen Gewässern zu verwenden."
Eine originelle Idee. Aber um sie umzusetzen, ist noch einiges an Grundlagenarbeit nötig. Wie zum Beispiel lässt sich eine mechanische Flosse bauen, die genügend Kraft ins Wasser bringt – und damit genug Vortrieb fürs Schiff? Probleme, mit denen man in Darmstadt noch einige Zeit zu tun haben wird.
100.000 Schiffe, Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Kriegsschiffe, Frachter. Sie alle könnten effizienter fahren, leiser, sauberer und klimafreundlicher. Vorausgesetzt, man setzt all die neuen, innovativen Konzepte in den nächsten Jahren auch tatsächlich ein – Konzepte wie den Zugdrachen von SkySails, den supraleitenden Motor von Siemens, die Luftblasen-Technik des Air Cavity Systems oder den Brennstoffzellen-Antrieb. Würde man, so sagen Experten, diese Techniken konsequent nutzen – der Treibstoffverbrauch eines Schiffes ließe sich auf die Hälfte reduzieren, und damit auch seine Emissionen.
"Es gibt Neuigkeiten. Gegen kurz nach 12 rief die Lotsen-Zentrale bei uns an und hat uns mitgeteilt, dass das Wetter sich bessert."
Montag Mittag. Auf der "Planet", dem Forschungsschiff mit den zwei Rümpfen, hellt sich die Stimmung von Kapitän Rainer Skerka auf.
"Der Wind ist kräftig zurückgegangen, dass wir dann um 14:30 Uhr einen Lotsen kriegen, um auf unseren Liegeplatz gelotst zu werden auf dem Werftgelände."
Die letzten 30 Seemeilen nach Stralsund muss die "Planet" einen Lotsen an Bord nehmen. Jens Mauksch, so heißt er, soll das Schiff sicher durch die enge Fahrrinne leiten.
"Flachwassergebiet. Das Schiff ist sehr breit. Fahrwasser ist in Stralsund bloß 40 Meter, also sehr schmal. Und durch den Niedrigwasserpegel, den wir heute haben, sind wir jetzt am Limit."
Hochkonzentriert steht Mauksch hinter dem Steuermann und gibt seine Kommandos. Blinklichter markieren die Fahrrinne, grün für steuerbord, rot für backbord.
"50."
"50 Meter."
Dann, am späten Nachmittag, läuft die "Planet" im Hafen von Stralsund ein. Die letzten Meter steuert der Kapitän persönlich.
"40."
"40 Meter achteraus."
Langsam nähert sich das Schiff der Kaimauer. Skerka lenkt äußerst behutsam. Eine Viertelstunde später, die Planet liegt sicher am Pier. Für Rainer Skerka war es das erste Anlegemanöver mit seinem neuen Schiff.
"Glücklich angelegt – ohne Beule zu fahren! Und ohne den Propeller kaputtzufahren. Es ist immer wieder ein erhebender Augenblick, wenn das ohne Probleme über die Bühne gegangen ist mit dem Anlegen!"
Ein Samstag Morgen im Hafen von Eckernförde, nördlich von Kiel. Gerade hat das Schiff abgelegt. Nun bugsiert es Kapitän Rainer Skerka mit Vorsicht durch die Hafenausfahrt. Denn die ist ziemlich eng.
"Da muss man ein bisschen aufpassen, dass man nirgends touchiert."
Das Nadelöhr ist geschafft, Skerka ist erleichtert. Er ist neu an Bord, hat das Kommando gerade erst übernommen. "Planet", so heißt das Schiff. Ein höchst ungewöhnliches Schiff.
"Das war mein erstes Manöver. Man ist angespannt. Dieses Schiff ist ja ganz anders geartet von der Bauweise her. Und man weiß nicht, wie dieses Schiff reagiert."
"Backbord 20"
"Mittschiffs"
100.000 Schiffe. So viele fahren weltweit auf hoher See. Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Kriegsschiffe, Frachter. 80 Prozent des Welthandels laufen über die Weltmeere. Schiffe sind hocheffizient, sagen die einen. Kein anderes Verkehrsmittel bringt seine Fracht so günstig von einem Kontinent zum anderen. Schiffe sind nicht so effizient, wie sie sein könnten, sagen die anderen. Sie verbrauchen zuviel Treibstoff, stoßen zuviel CO2 aus, geben zu viele Abgase ab: Stickoxide, Feinstaub, Schwefeldioxid. Können neue, innovative Konzepte die Schifffahrt effizienter machen? Sauberer? Klimafreundlicher?
"3,2,1, start logging."
"Looks good, high speed."
September 2008. Ein Frachter kreuzt durch den Oslofjord, 80 Meter lang, scheinbar ein Küstenmotorschiff wie jedes andere. Doch der Frachter ist ein Unikat, der Prototyp für eine neue Technologie. Sein Rumpf fährt, von außen nicht erkennbar, auf einem Luftkissen.
"Das ist ein Luftschmierungssystem. Es ist ein Luftkissenschiff, wo wir aber nicht abheben, sondern nur Schmierung machen. Wir machen unter dem Schiff einen Luftfilm, der den Reibungswiderstand zwischen Wasser und Stahl einfach abschmilzt."
Jörn Winkler, Gründer von DK Group, ein Schiffstechnologie-Unternehmen aus den Niederlanden. Air Cavity System, so heißt das Konzept: Ein Kompressor an Bord erzeugt Druckluft und presst sie nach unten, zur Unterseite des Rumpfes. Dort befinden sich rinnenartige Hohlräume, durch die die Luft nach hinten strömt. Das Entscheidende: Da die Reibung zwischen Luft und Wasser deutlich kleiner ist als zwischen Stahl und Wasser, kann das Schiff viel leichter durch die Fluten gleiten – und spart dadurch Treibstoff. Winkler:
"Wenn wir ein großes Tankschiff nehmen, da sind 9000 Quadratmeter flacher Boden. Wer sich ein bisschen mit Fußball auskennt: Das ist ein ganzer Fußballplatz ohne Reibungswiderstand, was plötzlich eine glatte Luftschicht ist, genauso wie Schlittschuhlaufen."
Zehn bis 15 Prozent Treibstoff ließen sich sparen, sagt Winkler, und damit auch zehn bis 15 Prozent an Emissionen.
"Wir haben ein Testschiff gebaut, das getestet wurde. Und das funktioniert wunderbar."
Laut Winkler macht Air Cavity ein Schiff lediglich um zwei bis drei Prozent teurer – eine Investition, die sich nach wenigen Jahren rentieren sollte. An einem ähnlichen Verfahren arbeitet man auch in Japan. Hier soll die Luft nicht durch Rinnen im Rumpf geleitet werden, sondern einfach als feine Luftblasen am Schiffsrumpf entlang strömen.
"Die japanische Schmierung macht im Durchschnitt fünf Prozent. Wir müssen das Schiff mehr umbauen, kriegen dafür auch eine höhere Einsparung, zehn bis fünfzehn Prozent."
Die japanische Technologie hat allerdings den Vorteil, dass sich ältere Schiffe recht einfach nachrüsten ließen. Deshalb hat Winkler mit seinem System zunächst jene knapp 4000 Neubauten im Visier, die jedes Jahr aufgelegt werden.
"2011 geht’s vielleicht richtig los. Das sind ja lange Prozesse mit großen Schiffen, wo erst mal Designs gemacht werden, Planung. Es dauert einfach drei Jahre, bis man irgendwas im Markt hat."
"Man sagt auch, dieses Schiff ist das Schiff der Leitern und Treppen. Man bräuchte eigentlich einen Fahrstuhl, will ich damit sagen."
Samstag Mittag. Detlef Heesch ist hinabgeklettert in den Rumpf der "Planet". Heesch leitet den seemännischen Dienst bei der WTD 71, der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen in Eckernförde. Die "Planet" ist das Forschungsschiff der Bundeswehr. 2005 in Dienst gestellt, knapp 100 Millionen Euro teuer. Länge: 73 Meter, Breite 27 Meter – deutlich breiter als andere Schiffe dieser Größenklasse. Das Besondere an der "Planet": Sie sieht aus wie ein Katamaran, ein Schiff mit zwei Rümpfen. Doch sie ist keiner. Das, was sie eigentlich ausmacht, steckt unter Wasser. Heesch:
"Das sind sozusagen zwei U-Boot-Rümpfe, auf denen ein Schiff aufgebaut ist, auf zwei Säulen. Wie ein Katamaran auf zwei U-Boot-Rümpfen, das könnte man sagen dazu. Wobei wir durchs Wasser fahren und nicht übers Wasser."
Swath, so heißt das Konzept, Small Waterplane Area Twin Hull. Ein seltener, innovativer Schiffstyp. Bis heute gibt es nur ein paar Exemplare auf der Welt. Da seine Schwimmkörper unter Wasser sind, liegt ein Swath-Schiff extrem ruhig in der See. Für ein Forschungsschiff ein Vorteil, etwa wenn es Sensoren ins Wasser ausbringen will. Und, so Heesch:
"Es ist von der Akustik ruhiger als andere Schiffe. Sie haben die Akustik eines U-Boot-Rumpfes. Und es ist bekannt, dass das verhältnismäßig gering ist, weil ein U-Boot sich ja verstecken muss."
Schleichfahrten auf hoher See – das ist der Hauptzweck der "Planet". Systematisch soll sie die Schallausbreitung unter Wasser vermessen. Grundlagendaten für die U-Boot-Flotte.
"Das Schiff ist, da es nun mal ein Prototyp ist, natürlich ein wenig gewöhnungsbedürftig. Ansonsten ist das im Großen und Ganzen eigentlich ein sehr gutes Schiff hier."
Olav Bünger ist der leitende Ingenieur der "Planet", oder kurz: der Chief.
"Wir sind jetzt im E-Werk. Hier stehen unsere Dieselmotoren drin, mit den Generatoren."
Das Herz des Schiffes: der dieselelektrische Antrieb, effizient und energiesparend. Das Prinzip: Vier Dieselmotoren sind an Generatoren angeschlossen und erzeugen Strom. Jeder Diesel steckt in einem Metallcontainer, einer Art Schallkabine.
"Jetzt machen wir mal eine Kapsel auf, damit man mal das Geräusch hört."
Der Strom, den die Dieselgeneratoren erzeugen, wird durch Kabel nach unten geleitet, in die beiden U-Boot-ähnlichen Schwimmkörper. Bünger steigt hinab in einen der Unterwasserrümpfe. Steile Treppen, massive Sicherheitstüren – ein Hindernisparcours.
"Wir sind jetzt unten im Schiff – hier, wo wir stehen, auf Kopfhöhe so 3 bis 4 Meter unter Wasser."
Bünger zeigt auf die Motoren. Es sind Elektromotoren.
"Das sind diese beiden zylindrischen Tonnen mit circa 1,20 Meter Durchmesser. Diese Motoren haben 1040 Kilowatt und eine maximale Umdrehung von 150 Umdrehungen."
Die Elektromotoren sind leise, dazu die schallgedämmten Dieselgeneratoren und der Spezialrumpf. Das alles macht die Planet zum Flüsterschiff. Doch nun muss sie in die Werft. Eine Abdichtung an einem der Propeller ist offenbar undicht. Die Reise geht durch die Ostsee, vorbei an Fehmarn und Rügen, bis nach Stralsund.
"Wir sind jetzt hier in einer Fertigungshalle, die es weltweit sicherlich nirgendwo so gibt wie hier. Wo wir Spulen fertigen können, die für den Einsatz in Motoren oder Generatoren im Megawattbereich gefertigt werden können."
Ein Industriegebiet in Erlangen, das Betriebsgelände von Siemens. Bernd Wacker steht in einer Halle mit seltsamen Maschinen, sie erinnern an Filmprojektoren und an Tonbandgeräte aus längst vergangenen Zeiten.
"Sieht aus wie eine alte Tonbandspule. Und das Band selber, was da drauf ist, sieht auch fast aus wie ein altes Magnet-Tonband, nur dass es nicht braun ist, sondern es ist weiß."
Das weiße Band besteht aus Keramik und hat eine besondere Eigenschaft: Es leitet elektrischen Strom ohne jeden Widerstand, also völlig verlustfrei – vorausgesetzt man kühlt es ab bis auf minus 200 Grad Celsius. Supraleitung, so heißt das Phänomen. Bei Metallen kennt man sie schon lange. Bei Keramiken dagegen wurde die Supraleitung erst 1986 entdeckt – und zwar völlig überraschend. Weil sie bei höheren Temperaturen funktioniert als bei Metallen, bezeichnet man sie als Hochtemperatur-Supraleitung. Aber: Die Produktion der Keramiken erwies sich als schwierig. Erst seit ein paar Jahren ist man in der Lage, sie zu Kabeln zu verarbeiten – jenen dünnen, weißen Bändern in der Fertigungshalle von Siemens. Bernd Wacker:
"Man könnte das durchaus mit einer Bandnudel vergleichen, nur noch viel dünner. So dünn kann man, glaube ich, eine Bandnudel gar nicht ausrollen – 0,2 mm."
Die Spezialkabel können, auf Eiseskälte gekühlt, etwa 30mal mehr Strom leiten als ein gleich dickes Kupferkabel. Bei Siemens wickelt man diese Kabel kilometerweise zu Spulen – und zwar mit den Maschinen, die aussehen wie zu groß geratene Tonbandgeräte. Aus diesen Spulen haben Wacker und seine Leute einen völlig neuen Schiffsmotor gebaut – einen supraleitenden Elektromotor.
"Die wesentlichen Vorteile liegen darin, dass wir ungefähr 30 Prozent Volumen und Gewicht sparen gegenüber einer konventionellen Maschine. Ein typischer Motor, der 100 Tonnen wiegt, wiegt dann 70 Tonnen. Wir können mit dieser Technologie auch eine sehr schallarme Maschine bauen, die im Schiff, besonders wenn es um Passagierschiffe geht, von besonderem Vorteil sind. Außerdem können wir die Verluste ungefähr auf die Hälfte verringern. Das heißt wir können CO2 sparen."
Zwar muss der supraleitende Schiffsmotor mit flüssigem Neon gekühlt werden. Aber das wird durch die Einsparungen an Gewicht und Treibstoff mehr als wettgemacht, sagt Bernd Wacker. Nach einer kleinen Versuchsmaschine hat Siemens nun einen größeren Prototyp gebaut, immerhin vier Megawatt stark.
"Wir werden diese Technologie ausführlich testen müssen, sodass wir potenziell ab 2012 die Technologie einbauen könnten."
Megayachten, Kreuzfahrtschiffe, Militärschiffe und Fähren – sie alle könnten eines Tages vom leichten und leisen supraleitenden Motor profitieren. Und natürlich auch Forschungsschiffe wie die "Planet".
Sonntag Vormittag. Ein schrilles Signal dringt durchs Schiff. Alarm an Bord der "Planet".
"Zur Übung, zur Übung. Feuer im Schiff, Feuer im Schiff! Es brennt in Null 7 B Null 8, Null 7 B Null 8!"
Nur eine Übung. Dennoch kommt Hektik auf. Die Männer sehen zu, dass sie zu ihren Plätzen kommen. Bei Feueralarm hat jeder an Bord eine ganz bestimmte Aufgabe zu erledigen.
"Brücke hört."
"Ja, ich bin hier vor Ort. Frage Verständigung?"
"Verständigung ist laut und klar."
"Funkraum besetzt, Lüfterklappen in B- und E-Deck alle geschlossen."
"Alles klar."
Die Alarmglocke schrillt ein zweites Mal. Hektik macht sich breit.
"Durchsage an die Besatzung: weiteres Feuer Null 7 B 05. Müllsammelraum. Müllsammelraum, ein weiterer Brandherd! Gang B-Deck. Das Feuer breitet sich aus auf dem Gang im B-Deck!"
Die Löschtrupps geben ihr Bestes. Dann, endlich, ein erster Erfolg.
"Brücke von Gruppenstand?"
"Brücke hört."
"Der Olsen war gerade hier als Läufer. Der sagte, dieser Brand in Null 7 B Null 8 sei gelöscht. 12 und 5 wird noch bekämpft."
"Ja, das hat die Brücke verstanden. 12 und 5 wird noch bekämpft. In 8 ist gelöscht."
Der Hafen von Rotterdam. An Bord des Küstenmotorschiffs "Michael A." wird gehämmert und geschweißt. Der Bug des kleinen Frachters erhält einen ausfahrbaren Mast. An dessen Spitze hängt etwas, das aussieht wie ein lose gefalteter Fallschirm. Es ist ein Zugdrachen, der – getrieben vom Wind – das Schiff hinter sich herziehen soll.
Einige Tage später. Die "Michael A." fährt auf der Nordsee. Erstmals kommt der Gleitschirm zum Einsatz. Eine Winde spult eine Leine ab und lässt den Drachen 300 Meter hoch in die Luft steigen. Er fliegt Schlangenlinien und Achten und gibt dem Frachter einen kräftigen Schub nach vorn. SkySails, so heißt das System.
"Wir haben es inzwischen auf drei Schiffen in Betrieb genommen. Und wir werden einen Fischtrawler ausrüsten und im Laufe des zweiten Quartals drei weitere Schiffe."
Stephan Brabeck ist der technische Geschäftsführer von SkySails in Hamburg. Früher befuhren Segelschiffe die Weltmeere, angetrieben vom Wind. Dann wurden Dampfmaschine und Dieselmotor erfunden, die Segler verschwanden von den Ozeanen. Doch in Zeiten von Ölknappheit und Klimaerwärmung könnte der Wind eine Renaissance erleben – als energiesparender Zusatzantrieb von Frachtern wie der "Michael A.". Stephan Brabeck:
"Die 'Michael A.' hat einen täglichen Treibstoffverbrauch von etwa vier Tonnen. Das entspricht ungefähr 3000 Dollar pro Tag. Davon sparen Sie zwischen 300 und 900 Dollar pro Tag."
Ein SkySails-Drachen produziert rund fünf Mal mehr Schubkraft als ein Segel der gleichen Größe, sagt Brabeck. Und zwar gleich aus zwei Gründen: Erstens fliegt der Gleitschirm bis zu 300 Meter hoch, wo der Wind deutlich stärker weht als unten. Zweitens fliegt der Drachen ständig Kurven und Achten. Dadurch wird, ähnlich wie bei einem Flugzeug, ein Tragflügeleffekt wirksam. Es bildet sich ein Sog aus, der den Drachen nach vorne zieht. Gelenkt wird er von einem Autopiloten, der unterhalb des Schirms hängt. An dieser Steuerung mussten die Ingenieure lange herumtüfteln. Brabeck:
"Wir haben auch schmerzliche Erfahrungen machen müssen. Wir haben in den ersten Monaten schon mal den einen oder anderen Verlust zu beklagen gehabt. Aber wir haben diese Probleme alle beheben können. Und wir sind jetzt gut unterwegs mit den Schiffen und haben das Equipment so zuverlässig, dass wir in die Serienproduktion gehen können."
Nach und nach wollen Brabeck und seine Leute immer größere Drachen bauen, mit denen man eines Tages sogar Riesentanker oder Großfrachter bestücken könnte. Das Potenzial jedenfalls scheint enorm.
"Wenn man alle 60.000 Schiffe, die man ausrüsten kann, mit einem SkySails-System ausrüsten würde, dann würde das einer jährlichen Einsparung von 150 Millionen Tonnen CO2 entsprechen."
SkySails spart Treibstoff, kostet aber Geld – einige 100.000 Euro pro Drachen. Nur: In Zeiten der Wirtschaftskrise halten sich die Reeder mit Investitionen zurück. Ob sich ein System wie SkySails durchsetzen wird, hängt nicht zuletzt vom Ölpreis ab. Wirksamer politischer Druck jedenfalls fehlt. Noch ist kein Gesetz in Sicht, das die Reeder dazu veranlasst, die CO2-Emissionen ihrer Schiffe zu senken. Bis auf weiteres wird Klimaschutz einzig über die Geldbeutel der Schiffseigner laufen.
"Angriff in Null 7 B Null 8 wird durchgeführt. Feuer breitet sich aber weiter aus."
Sonntag Mittag. Die Lage an Bord der Planet wird unübersichtlich. Einen der Brandherde konnte die Mannschaft zwar löschen. Die anderen aber bekommt sie nicht in den Griff. Die Brücke fasst einen Entschluss:
"Gruppenstand für Brücke?"
"Gruppenstand hört."
"Wenn du drei Leute zur Verfügung hast, dann bitte das Steuerbord-Rettungsboot klarmachen."
"Ja, verstanden. Steuerbord-Rettungsboot klarmachen."
"Herr Olsen? Bootsbesatzung! Sie brauch’ ich Vorne im Boot!"
Sofort machen sich die Männer an die Arbeit, lösen das knallorange lackierte Rettungsboot aus seiner Halterung.
"Wir haben jetzt nur noch die Bolzen. Wir haben das Boot soweit vorbereitet!"
"Eine Durchsage an alle, hier spricht der Kapitän. Es ergeht die Anweisung zum Verlassen des Schiffes!"
Ein paar Minuten später haben sich alle am Boot versammelt, mit angelegten Rettungswesten – fertig zum Verlassen des Schiffes. Aber: zwei Männer fehlen.
"Jetzt noch der Herr Schwarz und der Herr Wolter. Die halten die Stellung noch an der Rauchgrenze."
"Ja, ist verstanden. Die sollen sich jetzt auch zurückziehen. Wir gehen jetzt alle in die Boote und in See."
"Achtung, Durchsage an die Besatzung: Der Brandabwehrtrupp zieht sich jetzt auch zurück. Der Treffpunkt ist Steuerbord Rettungsboot, zum Verlassen des Schiffes!"
Doch dann reicht es Kapitän Skerka. Er bricht das Manöver ab.
"Die Übung ist hiermit beendet. Station aufklaren!"
Mindestens einmal im Monat muss die Mannschaft der "Planet" eine Brandübung absolvieren, so wollen es die Vorschriften. Aus gutem Grund, meint Rainer Skerka.
"Es ist jederzeit bei so einem Hightech-Gerät mit dieser ganzen Elektronik, diesen Tausenden Kilometern von Kabeln, nicht auszuschließen, dass es zu einem Brand kommt. Und das ist heutzutage das Schlimmste für ein Schiff: ein Brand an Bord!"
"Ich taufe dich auf den Namen 'Alsterwasser' und wünsche dir allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!"
August 2008. Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk tauft ein Schiff, das genauso aussieht wie all die anderen Ausflugsdampfer, die auf der Alster herumschippern. Den Unterschied bemerkt nur, wer mit der "Alsterwasser" ablegt. Denn statt wie üblich mit Diesel fährt das Schiff mit Wasserstoff – und zwar vibrationsfrei und praktisch lautlos.
"Sie hören – nichts! Sie hören hier im Moment Leute reden, sie hören Besteck klappern. Sie hören aber keinen Antrieb. Zusätzlich steht er nicht, wenn er nach draußen geht, in den Dieselschwaden."
Anno Mertens von der Firma "Proton Motor" bei München. Statt Kohlendioxid und Ruß kommt purer Wasserdampf aus dem Schornstein der Alsterwasser. Angetrieben wird sie durch eine Brennstoffzelle unter Deck.
"Eine Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff mit Hilfe von Luft in elektrischen Strom um. Und wir treiben mit diesem elektrischen Strom, den wir hier gewinnen, das Schiff elektrisch leise und abgasfrei an."
Der Wasserstoff steckt in zwölf Tanks, gespeichert bei 350-fachem Atmosphärendruck. Der Strom, den die Brennstoffzelle erzeugt, lädt eine Batterie auf. Sie dient als Zwischenspeicher und speist einen Elektromotor, der die Schiffsschraube auf Touren bringt. Mit einer Leistung von 100 Kilowatt ist der Motor allerdings nicht stärker als der eines Mittelklassewagens. Doch nicht nur auf einem Binnengewässer, auch auf hoher See soll die Technik bald zum Einsatz kommen.
"Bei uns geht es darum, dass wir den Hauptantrieb einer Personenfähre durch Brennstoffzellen betreiben wollen, weil wir gänzlich auf Diesel oder Erdgas verzichten wollen","
sagt Brigitte Behrends von Beluga Shipping, einer Reederei aus Bremen. Die 30 Meter große Personenfähre soll ab 2011 zwischen Neuharlingersiel und der Insel Spiekeroog verkehren, im Rahmen eines Projekts namens "e4ships". Auch sie soll mit Wasserstoff fahren.
""Wir wollen den Wasserstoff aus regenerativen Energien herstellen. Und zwar hauptsächlich aus Windstrom, der uns dort vor Ort zur Verfügung gestellt wird."
Aber: Um Brennstoffzellen im großen Maßstab in Schiffen einzusetzen, müssten sie viel billiger werden und deutlich mehr leisten. Denn mit der Power der derzeitigen Zellen ist nicht im Traum daran zu denken, einen Containerriesen anzutreiben. Probleme bereiten auch die Wasserstofftanks. Ihre Kapazitäten reichen für eine Passage über den Atlantik schlicht nicht aus. Das bedeutet: Am ehesten könnte Wasserstoff bei kleineren Schiffen mit geringer Reichweite funktionieren, oder für umweltfreundliche Stromgeneratoren an Bord von Passagierdampfern. An Wasserstoff als universellen Schiffs-Treibstoff aber glauben die wenigsten Experten. Wenn das Erdöl knapp wird, wollen sie die Schiffe mit Biokraftstoff fahren lassen – oder die großen Pötte sogar mit Atomkraft.
"Seit gestern hat sich das Wetter dramatisch verschlechtert. Von Windstärke 5 ist es jetzt hochgegangen auf Windstärke 8."
Montag Morgen. Auf der "Planet" hat Kapitän Skerka schlechte Neuigkeiten.
"Von daher hat der Lotse heute morgen, als wir uns bei ihm gemeldet hatten, schon gesagt, dass wir erst mal eine Wetterbesserung abwarten müssen und dann im Verlauf des Tages entscheiden, ob das heute überhaupt noch geht."
Eigentlich sollte die "Planet" heute morgen in den Hafen von Stralsund einlaufen. Doch der Wind ist zu stark, er könnte das Schiff aus der Fahrrinne drücken. Jetzt heißt es warten – warten auf ruhigeres Wetter. Die Wellen draußen auf der Ostsee sind nicht ohne, vier bis fünf Meter hoch. Doch die Planet hebt und senkt sich nur langsam, fast bedächtig. Seekrank ist niemand an Bord. Die spezielle Konstruktion des Schiffes – ein Katamaran, getragen von zwei U-Boot-ähnlichen Schwimmkörpern – zeigt ihre Stärken. Skerka:
"Es ist wesentlich angenehmer, bei schwerer See mit diesem Schiff zu fahren statt mit einem Einrumpf-Schiff. Während andere Schiffe dann schon ordentlich zur Kehr gehen, liegt dieses Schiff bei Windstärke 8, 9, 10 wie ein Brett."
Der eigentliche Härtetest steht noch aus: Einen handfesten Orkan mit riesigen Brechern hat die "Planet" noch nicht erlebt. Aber vielleicht, sagt Kapitän Skerka, kommt der schon bald, auf der nächsten Fahrt.
"Es geht in den Skagerrak. Und wir hoffen, dass wir da Schlechtwetter kriegen, um die noch ausstehende Schlechtwetter-Funktionsüberprüfung zu machen."
"Das ist eine umgebaute Fleischschneidemaschine, die ausrangiert wurde, mit der ich Langschnitte erzeugen kann. Mit sauberer Führung und entsprechend scharf umlaufenden Schneidemesser."
Technische Universität Darmstadt. In einem der Labors steht der Biologe Bernhard Köhler an seiner Schneidemaschine. In den Regalen lauter Gläser mit Tierpräparaten – Forellen, Makrelen, Doraden.
"Wir sind in einem biologischen Labor-Raum, wo wir systematisch Fische präparieren und schneiden. Zur Aufklärung der Struktur gehört, dass wir den Verlauf der Muskelfasern sehr exakt verfolgen, weil wir dann diese biologischen Strukturen technisch nachbauen."
Köhler und sein Team arbeiten an einem neuen, alternativen Schiffsantrieb. Kein Propeller wie üblich, sondern ein Antrieb, der dem Vorbild der Natur nachempfunden ist – der Schwanzflosse eines Fisches.
"Der Standardantrieb bei Schiffen wird von Schiffsschrauben geleistet. Jetzt ist es so, dass diese Schiffsschraubenantriebe teilweise erhebliche Umweltschäden verursachen. Das ist ganz besonders gravierend in Venedig. Da entstehen enorme Gebäudeschäden, weil die Gebäude direkt die Kanalwände darstellen. Und durch die zahlreichen Motorboote und deren Schraubenstrahl werden die Fundamente regelrecht ausgespült, bis die in sich zusammensacken. Und das hat uns auf den Gedanken gebracht, ob es vielleicht möglich wäre, einen alternativen Antrieb, wie ihn die Fische haben, nutzbar zu machen."
Die Idee: Würde man die Schiffsschraube ersetzen durch eine mechanische, sanft hin und her schwingende Schwanzflosse, so würde man weniger Wasserdruck erzeugen – und damit weniger Schäden in Seen, Flüssen und Kanälen. Nur: Lässt sich diese Idee auch in die Tat umsetzen? Um das herauszufinden, haben die Forscher einen Prototyp gebaut – einen Fischroboter namens Smoky. Ein mechanisches Skelett in Fischform, gut einen Meter lang, zusammengesetzt aus zehn Segmenten, die miteinander verbunden sind durch eine biegsame Stange, sagt Physik-Ingenieurin Britta Abé.
"Das, was wir hier haben, ist eine Dorade. Wir haben extra eine Dorade von der Körperform gewählt, so eine gedrungene, große Form eignet sich besser. Normalerweise ist der ganze Fisch mit einer Latexhaut umgeben, die wir hier gemacht haben. Die Haut kann man dem Skelett anziehen wie ein Kleid. Und so kann man den ganzen Fisch ins Wasser setzen."
Im Moment aber hängt Smoky im Trockenen, Britta Abé muss ihn reparieren. Angetrieben wird Smoky durch acht Servomotoren. Abé:
"Die Bewegung wird durch ein Computerprogramm gesteuert. Das Computerprogramm hat eine reale Fischbewegung analysiert und steuert so die Amplituden der Servos, dass eine Welle über den Körper des Fisches läuft, die mit einer immer größeren Amplitude zum Schwanz hin sich fortbewegt."
Und wie fühlt sich der Roboterfisch im Wasser? Bernhard Köhler:
"Er kam von der Stelle, aber zu langsam."
Ein Schiff mit Flossenantrieb würde wohl anders aussehen als Smoky, der Roboterfisch: Kein kompletter Fischkörper, sondern nur die Flosse, drehbar montiert an einem Stiel mit zwei oder drei Gelenken. Britta Abé:
"Wobei es wahrscheinlich sogar besser ist, die Bewegung nicht horizontal zu erzeugen, sondern vertikal, wie zum Beispiel ein Wal schwimmt. Dann kann man die Schwanzflosse noch breiter machen und die ganze Schiffsbreite ausnutzen. Und es ist vorgesehen diesen Antrieb für langsam fahrende Schiffe in flachen Gewässern zu verwenden."
Eine originelle Idee. Aber um sie umzusetzen, ist noch einiges an Grundlagenarbeit nötig. Wie zum Beispiel lässt sich eine mechanische Flosse bauen, die genügend Kraft ins Wasser bringt – und damit genug Vortrieb fürs Schiff? Probleme, mit denen man in Darmstadt noch einige Zeit zu tun haben wird.
100.000 Schiffe, Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Kriegsschiffe, Frachter. Sie alle könnten effizienter fahren, leiser, sauberer und klimafreundlicher. Vorausgesetzt, man setzt all die neuen, innovativen Konzepte in den nächsten Jahren auch tatsächlich ein – Konzepte wie den Zugdrachen von SkySails, den supraleitenden Motor von Siemens, die Luftblasen-Technik des Air Cavity Systems oder den Brennstoffzellen-Antrieb. Würde man, so sagen Experten, diese Techniken konsequent nutzen – der Treibstoffverbrauch eines Schiffes ließe sich auf die Hälfte reduzieren, und damit auch seine Emissionen.
"Es gibt Neuigkeiten. Gegen kurz nach 12 rief die Lotsen-Zentrale bei uns an und hat uns mitgeteilt, dass das Wetter sich bessert."
Montag Mittag. Auf der "Planet", dem Forschungsschiff mit den zwei Rümpfen, hellt sich die Stimmung von Kapitän Rainer Skerka auf.
"Der Wind ist kräftig zurückgegangen, dass wir dann um 14:30 Uhr einen Lotsen kriegen, um auf unseren Liegeplatz gelotst zu werden auf dem Werftgelände."
Die letzten 30 Seemeilen nach Stralsund muss die "Planet" einen Lotsen an Bord nehmen. Jens Mauksch, so heißt er, soll das Schiff sicher durch die enge Fahrrinne leiten.
"Flachwassergebiet. Das Schiff ist sehr breit. Fahrwasser ist in Stralsund bloß 40 Meter, also sehr schmal. Und durch den Niedrigwasserpegel, den wir heute haben, sind wir jetzt am Limit."
Hochkonzentriert steht Mauksch hinter dem Steuermann und gibt seine Kommandos. Blinklichter markieren die Fahrrinne, grün für steuerbord, rot für backbord.
"50."
"50 Meter."
Dann, am späten Nachmittag, läuft die "Planet" im Hafen von Stralsund ein. Die letzten Meter steuert der Kapitän persönlich.
"40."
"40 Meter achteraus."
Langsam nähert sich das Schiff der Kaimauer. Skerka lenkt äußerst behutsam. Eine Viertelstunde später, die Planet liegt sicher am Pier. Für Rainer Skerka war es das erste Anlegemanöver mit seinem neuen Schiff.
"Glücklich angelegt – ohne Beule zu fahren! Und ohne den Propeller kaputtzufahren. Es ist immer wieder ein erhebender Augenblick, wenn das ohne Probleme über die Bühne gegangen ist mit dem Anlegen!"