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Kurze Pulse für die Medizin

Physik.- Ob die Behandlung von Netzhautablösungen oder das Entfernen von Pigmentflecken: Laser finden in der Medizin zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Und allmählich nimmt auch die Idee Gestalt an, mithilfe von Lasern kompakte Röntgenlampen für die Krebsdiagnose zu bauen.

Von Ralf Krauter | 06.07.2010
    Das Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching ist weltweit führend bei der Grundlagenforschung mit Lasern. Einer der Direktoren, der gebürtige Ungar Ferenc Krausz, hält seit Jahren den Weltrekord für den kürzesten Laserblitz aller Zeiten. 80 Attosekunden war er lang – 80 Milliardstel einer Milliardstel Sekunde.

    Das riesige Labor ist abgedunkelt. Drei junge Männer hantieren an einem zehn Meter langen Versuchsaufbau. Überall Laser und Spiegel, Vakuumkessel, Kabel und Messgeräte. Über eine Metalltreppe steigt Ferenc Krauszauf eine Empore, von der man das gesamte Labor überblickt. Rund 20 Millionen Euro hat das Equipment zu seinen Füßen gekostet.

    "Drüben, wo Sie dieses grüne Flackern sehen, das ist ein bereits jetzt existierender Kurzpulslaser namens Atlas. Das ist ein Titan-Saphir-Laser, der derzeit bereits tagtäglich Experimente mit 20 Femtosekunden und in etwa zwei Joule Pulsen bedient. Wenn Sie diese zwei Joule mit den 20 Femtosekunden dividieren, kommen sie auf eine Spitzenleistung von 100 Terawatt."

    100 Terawatt, das sind 100 Billionen Watt. Die elektrische Leistung eines Gewitterblitzes beträgt nur einen Bruchteil davon. Ferenc Krausz zeigt auf armdicke Röhren, die von der grün flackernden Laserquelle wegführen.

    "Da sehen Sie auch die Vakuumrohre, in denen diese hochenergetischen und hochintensiven Laserpulse dann geleitet werden, ins Kellerlabor. In jedem dieser Würfel befindet sich ein Spiegel, den wir elektronisch bewegen können."

    Hätten die energiereichen Strahlen nicht einige Zentimeter Durchmesser, würden sie die Spiegel rasch zerstören. Erst ein Stockwerk tiefer werden sie gebündelt, in einem Labor mit weiteren Experimenten.

    "Ja, also der Strahl wurde blockiert, insofern dürfen wir uns jetzt kurz bewegen in diesem Bereich. Hier sehen Sie im Wesentlichen die Fortsetzung dieser Rohre von oben. Da wird der hochintensive Laserstrahl zu einer dieser Vakuumkammern geführt."

    Die Vakuumkammern, das sind schwarze Stahlkessel mit Bullaugen. Einer davon steht aus Strahlenschutzgründen hinter einer dicken Betonmauer. In seinem Inneren beschleunigen die energiereichen Laserblitze Elektronen beinahe auf Lichtgeschwindigkeit. In einer angrenzenden zweiten Kammer werden die geladenen Flitzer dann gezielt vom Kurs gebracht.

    "Da ist eine Struktur untergebracht, das sehen Sie hier, verborgen hinter diesem Eisenblock – eine Struktur, die ein periodisches Magnetfeld erzeugt. Und dieses periodische Magnetfeld bringt die hindurch laufenden Elektronen in seitlicher Richtung in Oszillation. Durch diese seitliche Oszillation kommt es zur Abstrahlung von Röntgenstrahlung in einem sehr schön gebündelten Strahl."

    Gebündeltes Röntgenlicht ist hilfreich bei der Früherkennung von Krebs. Es liefert detaillierte Aufnahmen, auf denen kleinste Tumore erkennbar sind. Bislang wird solches Röntgenlicht in riesigen Teilchenbeschleunigern erzeugt. Mit intensiven Laserstrahlen, so die Vision von Ferenc Krausz, ließen sich die Gerätschaften soweit verkleinern, dass sie im Keller einer Klinik Platz finden. Dann müssten die Patienten zwecks Diagnose nicht mehr zur Strahlenquelle reisen.

    Im Garchinger Labor trifft die Strahlung der lasergetriebenen Röntgenlampe auf einen mannshohen Quader, der sie absorbiert. Noch allerdings hat sie zuwenig Energie, um für klinische Anwendungen spannend zu sein. Um das zu ändern, bauen die Max-Planck-Forscher jetzt einen zehnmal stärkeren Kurzpulslaser, dessen Blitze Spitzenleistungen von 1000 Terawatt erreichen. Dieser Petawatt-Laser soll den Elektronen den entscheidenden Kick verpassen, damit sie bei ihrem Magnetfeldslalom Bündel kurzwelligen Röntgenlichtes aussenden.

    "Wenn wir das eines Tages erreichen – und das ist eines der Kernziele in diesem neuen CARLA-Projekt – dann sind wir so weit, dass wir mit einer einigermaßen kompakten Anlage gebündelte harte Röntgenstrahlung für klinische Anwendungen bereit haben und hoffentlich eines Tages dann diese gebündelte Röntgenstrahlung dann zur Früherkennung von Krebs im klinischen Einsatz bereit stellen können."

    Zur Sendereihe "50 Jahre Laser