Wir wollen eine komplette elektronische, papierlose Prozessakte erstellen. Nur im äußersten Notfall wollen wir hier in Belgien während eines zivilrechtlichen Verfahrens auf Ausdrucke zurückgreifen - das ist der Hauptaspekt unseres Projekts.
... sagt der Präsident des belgischen Verfassungsgerichts Professor Ivan Verougstraete. Ein mögliches, kommendes Justizszenario: Der Anwalt reicht Klage ein - nicht wie bisher durch ein ausgedrucktes Schriftstück, sondern ausschließlich in elektronischer Form. Per E-Mail sowie Internet und XML wird die elektronische Klage, wo nötig, verschlüsselt an die Geschäftsstelle des Gerichts kommuniziert. Die Geschäftsstelle des jeweiligen Gerichts besitzt Zugriffs- und Schreibrechte und fügt die Klageschrift ein.
Nehmen wir beispielsweise einen zivilrechtlichen Fall. Zuerst legen wir ein elektronisches Dokument an. Auch alle weiteren Schriftstücke, die im Verlauf des Verfahrens erzeugt werden, sind nur noch elektronisch. Anwälte und Mandanten können diese lesen und – je nach Berechtigung - gegebenenfalls verändern. Elektronische Signaturen gelten als Unterschriften. Das Dokument existiert nur noch auf dem Computermonitor.
Kläger und Angeklagter, Anwälte und Richter - die diversen beteiligten Parteien greifen zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Machtbefugnissen auf die digitale Prozessakte zu. Zugriffe können auch künstlich erschwert, ja sogar verboten und elektronisch unterbunden werden: Die Anwälte dürfen zum Beispiel keine Gelegenheit bekommen, die Notizen des Richters einzusehen oder gar zu manipulieren. Wofür früher eine separate Handakte des Richters sorgte, das erledigt in Belgien jetzt die Rechteverwaltung im Server.
Die sichere und eindeutige Identifikation ist eine weitere Voraussetzung. In den kommenden fünf Jahren wollen wir das mit Ausweisen in Form elektronischer Chipkarten lösen. Zunächst werden die Anwälte entsprechende Identifikationskarten bekommen. Beim Kartenleser ziehen wir eine weitere Sicherheitsschicht ein. Dort wird die Berechtigung des Anwenders überprüft, gewisse Programme oder Dokumente zu starten und zu nutzen. Bei Kriminalfällen ist es aus Datenschutzgründen natürlich entscheidend, nur die eigenen Akten lesen zu können. Für andere Nutzer müssen solche Informationen selbstverständlich geheim bleiben. Um diese und andere Sicherheitsmechanismen zu integrieren, benötigen wir ein internetbasiertes Sicherheitsportal, das in einigen Wochen seine Arbeit aufnimmt.
Wenn aber fast die gesamten Gerichtsprozesse nur noch auf der Plattform der Computernetzwerke und in den virtuellen Gerichts- und Handakten ausgetragen werden, dann droht der Einwand, die demokratische Öffentlichkeit bleibe außen vor. Dieses Risiko weist Ivan Verougstraete zurück. Im Gegenteil: Schon jetzt nutzen Juristen im zivilrechtlichen Bereich oft die Möglichkeit, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Umgekehrt bleibt es den streitenden Parteien auch beim digitalen Verfahren unbelassen, auf eine mündliche Verhandlung zu bestehen. Und, so der belgische Präsident des Verfassungsgerichts: Allein aus Kostengründen sei die Entwicklung hin zum EDV-Gericht sowieso unumgänglich.
Die Rechtsprechung zu beschleunigen und sicherer zu machen, sind alleine zwei gute Gründe. Außerdem soll das ganze System demokratischer werden. Jeder Bürger muss Zugang zu den Informationen haben, wo immer er sich gerade befindet. In der belgischen Justiz hat sich nach langjähriger EDV-Nutzung herausgestellt, dass die dezentralen Hybridlösungen immer teurer - zu teuer geworden sind. Also erschien uns eine zentrale und papierlose Systemarchitektur nur als konsequent. Wir mussten also handeln.
Konsequent ist auch, dass im Prinzip alle Bürger am EDV-Verfahren partizipieren können. Auch gesellschaftliche Randgruppen sollen in der Lage sein, sich in Zukunft elektronisch zu befehden. Die belgischen Gemeindeverwaltungen haben dies sicherzustellen. Gerade Strafgefangenen oder Randgruppen sollen die digitalen Gerichtsakten nicht verschlossen bleiben. Geht es nach dem Plan des höchstrangigen Juristen, kommen deshalb auf die belgischen Kommunen erhebliche IT-Infrastruktur-Kosten zu.
Dies ein entscheidender Gedanke: Wenn man den Bürgern den online-Zugang zu seinen digitalen Gerichtsakten gestattet, dann muss dieser Zugang auch im Gefängnis möglich sein. Da darf es keine Ausnahmen geben. Das gilt ebenso für Personen ohne feste Anschrift. Wer auf der Straße lebt, braucht ebenfalls eine technische Infrastruktur, um sich in das System einloggen zu können. Gemeinden und Kommunen werden diesen Personengruppen entsprechende Internetzugänge bereitstellen.
... sagt der Präsident des belgischen Verfassungsgerichts Professor Ivan Verougstraete. Ein mögliches, kommendes Justizszenario: Der Anwalt reicht Klage ein - nicht wie bisher durch ein ausgedrucktes Schriftstück, sondern ausschließlich in elektronischer Form. Per E-Mail sowie Internet und XML wird die elektronische Klage, wo nötig, verschlüsselt an die Geschäftsstelle des Gerichts kommuniziert. Die Geschäftsstelle des jeweiligen Gerichts besitzt Zugriffs- und Schreibrechte und fügt die Klageschrift ein.
Nehmen wir beispielsweise einen zivilrechtlichen Fall. Zuerst legen wir ein elektronisches Dokument an. Auch alle weiteren Schriftstücke, die im Verlauf des Verfahrens erzeugt werden, sind nur noch elektronisch. Anwälte und Mandanten können diese lesen und – je nach Berechtigung - gegebenenfalls verändern. Elektronische Signaturen gelten als Unterschriften. Das Dokument existiert nur noch auf dem Computermonitor.
Kläger und Angeklagter, Anwälte und Richter - die diversen beteiligten Parteien greifen zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Machtbefugnissen auf die digitale Prozessakte zu. Zugriffe können auch künstlich erschwert, ja sogar verboten und elektronisch unterbunden werden: Die Anwälte dürfen zum Beispiel keine Gelegenheit bekommen, die Notizen des Richters einzusehen oder gar zu manipulieren. Wofür früher eine separate Handakte des Richters sorgte, das erledigt in Belgien jetzt die Rechteverwaltung im Server.
Die sichere und eindeutige Identifikation ist eine weitere Voraussetzung. In den kommenden fünf Jahren wollen wir das mit Ausweisen in Form elektronischer Chipkarten lösen. Zunächst werden die Anwälte entsprechende Identifikationskarten bekommen. Beim Kartenleser ziehen wir eine weitere Sicherheitsschicht ein. Dort wird die Berechtigung des Anwenders überprüft, gewisse Programme oder Dokumente zu starten und zu nutzen. Bei Kriminalfällen ist es aus Datenschutzgründen natürlich entscheidend, nur die eigenen Akten lesen zu können. Für andere Nutzer müssen solche Informationen selbstverständlich geheim bleiben. Um diese und andere Sicherheitsmechanismen zu integrieren, benötigen wir ein internetbasiertes Sicherheitsportal, das in einigen Wochen seine Arbeit aufnimmt.
Wenn aber fast die gesamten Gerichtsprozesse nur noch auf der Plattform der Computernetzwerke und in den virtuellen Gerichts- und Handakten ausgetragen werden, dann droht der Einwand, die demokratische Öffentlichkeit bleibe außen vor. Dieses Risiko weist Ivan Verougstraete zurück. Im Gegenteil: Schon jetzt nutzen Juristen im zivilrechtlichen Bereich oft die Möglichkeit, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Umgekehrt bleibt es den streitenden Parteien auch beim digitalen Verfahren unbelassen, auf eine mündliche Verhandlung zu bestehen. Und, so der belgische Präsident des Verfassungsgerichts: Allein aus Kostengründen sei die Entwicklung hin zum EDV-Gericht sowieso unumgänglich.
Die Rechtsprechung zu beschleunigen und sicherer zu machen, sind alleine zwei gute Gründe. Außerdem soll das ganze System demokratischer werden. Jeder Bürger muss Zugang zu den Informationen haben, wo immer er sich gerade befindet. In der belgischen Justiz hat sich nach langjähriger EDV-Nutzung herausgestellt, dass die dezentralen Hybridlösungen immer teurer - zu teuer geworden sind. Also erschien uns eine zentrale und papierlose Systemarchitektur nur als konsequent. Wir mussten also handeln.
Konsequent ist auch, dass im Prinzip alle Bürger am EDV-Verfahren partizipieren können. Auch gesellschaftliche Randgruppen sollen in der Lage sein, sich in Zukunft elektronisch zu befehden. Die belgischen Gemeindeverwaltungen haben dies sicherzustellen. Gerade Strafgefangenen oder Randgruppen sollen die digitalen Gerichtsakten nicht verschlossen bleiben. Geht es nach dem Plan des höchstrangigen Juristen, kommen deshalb auf die belgischen Kommunen erhebliche IT-Infrastruktur-Kosten zu.
Dies ein entscheidender Gedanke: Wenn man den Bürgern den online-Zugang zu seinen digitalen Gerichtsakten gestattet, dann muss dieser Zugang auch im Gefängnis möglich sein. Da darf es keine Ausnahmen geben. Das gilt ebenso für Personen ohne feste Anschrift. Wer auf der Straße lebt, braucht ebenfalls eine technische Infrastruktur, um sich in das System einloggen zu können. Gemeinden und Kommunen werden diesen Personengruppen entsprechende Internetzugänge bereitstellen.