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Kutschaty (SPD)
"Wir müssen Ungleiches ungleich behandeln"

Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, will Politik aus Perspektive der Kinder stärker in den Vordergrund stellen und soziale Ungleichheit angehen. Wo es viele Kinder aus bildungsfernen Schichten gebe, müssten die meisten Lehrer eingesetzt werden, sagte er im Dlf.

Thomas Kutschaty im Gespräch mit Moritz Küpper |
Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsvorsitzender im nordrhein-westfälischen Landtag, lächelt für ein Porträt
Will auch Landesvorsitzender seiner Partei werden: Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsvorsitzender im nordrhein-westfälischen Landtag (picture alliance/ dpa/ Jonas Güttler)
Thomas Kutschaty ist Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen und bewirbt sich auch um den Landesvorsitz seiner Partei. Er wird beim Parteitag der NRW-SPD im November gegen Amtsinhaber Sebastian Hartmann antreten. Die Ämter des Fraktions- und Parteivorsitzenden in eine Hand zu legen, sei klug und mache die SPD schlagkräftiger, sagte Kutschaty im Interview der Woche im Deutschlandfunk.
"Die Schere geht weiter auseinander"
Und er habe auch inhaltliche Angebote zu machen: Er wolle die zukünftigen Generationen stärker in den Blick nehmen und Politik aus Perspektive der Kinder stärken. In der Coronakrise sei es derzeit die größte Herausforderung, das Land zusammenzuhalten, so Kutschaty. Verlierer der Krise seien beispielsweise Schüler, die vorher schon Schwierigkeiten hatten, am Unterricht teilzunehmen, und bei denen auch Homeschooling nicht funktioniere, etwa weil zu Hause kein Computer zur Verfügung stehe. Er mache sich große Sorgen, dass die Schere zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten weiter auseinandergehe. "Da müssen wir endlich ran", sagte der SPD-Politiker. "Wir müssen Ungleiches ungleich behandeln. Da wo wir viele Kinder haben aus bildungsferneren Gruppierungen, einen hohen Migrationsanteil, einen hohen ALGII-Anteil, da müssen die besten und die meisten Lehrer hin, da müssten die schönsten Schulgebäude stehen in diesen Stadtteilen."
3.06.2018, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Thomas Kutschaty (SPD), Vorsitzender der SPD Fraktion, spricht im Landtag.
Kutschaty (SPD) - "Die GroKo tut uns nicht gut"
Ende des Jahres will die SPD auf einem Parteitag über den Verbleib in der Großen Koalition entscheiden. NRW-Fraktionschef Thomas Kutschaty sagte im Dlf, er habe bis heute kein Argument gefunden, das ihn von der Koalition überzeuge. Die SPD brauche Raum, um sich wieder stärker zu profilieren.
Mit Blick auf die Coronakrise sprach sich Kutschaty zudem für ein Recht auf Homeoffice, für den flächendeckenden Einsatz von Schnelltests, für eine Vermögenssteuer und für - notfalls auch schuldenfinanzierte - Investitionen des Staats in den Wiederaufbau der Wirtschaft aus.
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Das Interview in voller Länge:
Moritz Küpper: Es war eine ereignisreiche Woche. Aus den USA kam beispielsweise die Meldung, dass US-Präsident Donald Trump mit dem Coronavirus infiziert ist. Auch hierzulande war viel los. Gestern jährte sich zum 30. Mal die Wiedervereinigung. Es traten alle drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz – Laschet, Merz und Röttgen – erstmals vor Publikum auf und auch aus der SPD gab es in dieser Woche Nachricht, in Nordrhein-Westfalen, dem mitgliederstärksten Landesverband – jedes vierte Mitglied kommt von hier – wird es eine Kampfkandidatur wohl geben um den Vorsitz. Nachdem Amtsinhaber Sebastian Hartmann am Montag sagte, er tritt noch einmal an, gab auch Thomas Kutschaty, der Fraktionsvorsitzende im Landtag hier seine Kandidatur bekannt. Herr Kutschaty, warum braucht es jetzt diesen Machtkampf?
Thomas Kutschaty: Ich mache der Partei ein Angebot, halte es für klug, dass wir jetzt anderthalb Jahre vor der Landtagswahl die Ämter des Fraktionsvorsitzenden und des Parteivorsitzenden in eine Hand legen. Das macht uns schlagkräftiger. Und ich habe auch inhaltliche Angebote an meine Partei zu machen. Ich möchte Politik aus der Perspektive der Kinder stärker in den Vordergrund rücken. Wir müssen uns um die zukünftigen Generationen intensiv kümmern. Daraus wächst eine ganze Menge, auch für andere und ältere Generationen. Und da braucht es einen Neustart in unserer Gesellschaft und dafür möchte ich kämpfen, und zwar nicht nur als Fraktionsvorsitzender, sondern auch als Parteivorsitzender.
"Möchte gerne Parteivorsitzender werden"
Küpper: Über die inhaltlichen Punkte wollen wir gleich noch sprechen. Bleiben wir kurz bei dem Zeitpunkt jetzt. Es gab diese Doppelspitze aus Fraktion und Parteichef jetzt einige Zeit. Warum braucht es denn dann jetzt dieses gemeinsame Angebot? Warum nicht vorher schon?
Kutschaty: Na, ich glaube, wenn es zunehmend auf die Landtagswahl zugeht, und wir haben in knapp zwei Jahren Landtagswahl hier in Nordrhein-Westfalen, dann macht das schon Sinn, das zu konzentrieren auf eine Person, um sichtbarer, erkennbarer auch zu werden. Und das ist mein Angebot, was ich an die Partei mache und deswegen möchte ich auch gerne Parteivorsitzender werden.
Aachen: Ein Wähler gibt seinen Stimmzettel ab.
 Kommunalwahl NRW - Wahl mit Signalwirkung?
Bei der Kommunalwahl gewinnt die CDU, die Grünen werden drittstärkste Kraft, hinter der SPD. Eine kleine Wahlanalyse. Außerdem: Ein Kommentar im Deutschlandfunk sorgt für massive Kritik.
Küpper: Nordrhein-Westfalen ist ein besonderes Land für die SPD. Bei der Kommunalwahl jetzt gab es aber doch einige Verluste. Ist NRW noch das sogenannte Stammland der Sozialdemokratie?
Kutschaty: Wir haben über viele Jahrzehnte große Erfolge erzielt. Vergessen Sie aber bitte nicht die ersten Jahre in Nordrhein-Westfalen waren aber CDU-regierte Jahre. Es war nicht immer ein sozialdemokratisches Land. Die Kommunalwahlen haben gezeigt, dass wir in vielen Bereichen noch gut sozialdemokratisch vertreten sind. In vielen Bereichen aber auch nicht mehr. Insbesondere Entwicklungen im Ruhrgebiet machen mir Sorgen, wo wir in vielen Bereichen natürlich noch vorne liegen, aber bei weitem nicht unser Wählerpotenzial ausschöpfen können. Und darauf kommt es an: Menschen, für die wir eigentlich Politik machen wollen, gehen immer weniger und immer seltener zur Wahl. Mich erschreckt das sehr, wenn in bestimmten Quartieren und Stadteilen Wahlbeteiligungen jetzt bei Kommunalwahl nur noch bei 20 Prozent gelegen haben. Das ist auch schlecht für unsere Demokratie, wenn einzelne Stadteile mit einer hohen Wahlbeteiligung plötzlich über die gesamte Stadt bestimmen können, wenn andere nicht mehr wählen gehen. Und deswegen müssen wir diese Menschen wieder gezielt mit sozialdemokratischen Angeboten auch ansprechen, wieder zur Wahl zu gehen.
"Doppelspitze nicht unbedingt gewünscht hier in NRW"
Küpper: Auf der Bundesebene wurde ja versucht, das mit einer Doppelspitze zu machen. Sie kandidieren jetzt alleine oder kommt da gegebenenfalls noch jemand?
Kutschaty: Im Augenblick ist die Satzungssituation so in Nordrhein-Westfalen, dass es noch keine Doppelspitze gibt. Das müssten wir auf dem Parteitag im November mit einer Zweidrittel-Mehrheit ändern, dass so etwas überhaupt möglich ist, das ist die erste Hürde.
Küpper: Aber das ließe sich ja machen, und dann…?
Kutschaty: Das ließe sich machen. Das ist die erste Hürde. Und dann muss auf dem jeweiligen Parteitag festgelegt werden: Wollen wir jetzt zwei wählen oder nur eine Person? Ich beobachte im Augenblick nicht allzu starke Tendenzen, dass eine Doppelspitze unbedingt gewünscht ist hier in Nordrhein-Westfalen. Deswegen habe ich mein Angebot jetzt auf den Tisch gelegt. Ich bin aber gerne Teamplayer und schauen wir mal, was in den nächsten Wochen dann noch passiert.
Küpper: Funktioniert denn die Doppelspitze auf Bundesebene?
Kutschaty: Ja. Ich glaube, die Doppelspitze arbeitet da gut mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Sie haben es geschafft, die Partei da auch zu befrieden, zu beruhigen. Sie haben in einer hervorragenden Art und Weise einen Kanzlerkandidaten auserkoren. Also ich bin da sehr mit zufrieden, mit dem, wie die Bundesspitze da gerade arbeitet.
Küpper: Sie haben es gesagt: befrieden, beruhigen. Als Olaf Scholz, paradoxerweise ja jener Mann, der den beiden unterlegen ist mit seiner Partnerin damals im Rennen um den Parteivorsitz, zum Kanzlerkandidaten gekürt wurde Mitte August, da war es vor allem die Worte: Geschlossenheit und kooperativ, die nach vorne gerückt wurden. Geschlossenheit wurde als ein Wert, vielleicht sogar als der Wert verkauft. Jetzt ist es hier Mitte November, bis Mitte November in der nordrhein-westfälischen SPD, diesem mächtigen Landesverband, anders. Wie glücklich sind beispielsweise Parteichef Walter-Borjans, der ja auch aus Nordrhein-Westfalen kommt oder der Fraktionschef Mützenich, der auch aus NRW kommt, über diese Konstellation, über diesen demokratischen Wettbewerb in der Heimat?
Kutschaty: Na ja, bei der Wahl zur Bundesspitze gab es ja sogar noch mehr als zwei Bewerbungen. Da gab es ganz viele Paare, die da angetreten sind. Ich glaube, das hat der Partei nicht geschadet und ich möchte noch mal in Erinnerung rufen: bei der CDU kandidieren gerade drei Personen für den Parteivorsitz auf Bundesebene. Also das ist nichts Außergewöhnliches, dass sich mehrere Menschen für ein Amt interessieren. Wir alle arbeiten gemeinsam mit unseren Vorstellungen: wie kann man die Sozialdemokratie bestmöglich platzieren bei den nächsten Wahlen, wie können wir die Menschen wieder von unserer Idee, von unseren Idealen überzeugen?
Küpper: Aber Sie treten jetzt gegen einen Amtsinhaber an. Braucht es manchmal einfach diesen Machtkampf?
Kutschaty: Ja, es gehört ja zur Demokratie auch dazu, wenn Menschen Vorstellungen haben, sie wollen etwas bewegen. Dann finde ich, sollten sie auch antreten. Und letztendlich entscheiden 450 Parteitagsdelegierte, ob es dann eine gute Idee war oder nicht.
Küpper: Herr Kutschaty, Anfang des Jahres 2019, vor gut anderthalb Jahren also, da saßen wir auch hier im Deutschlandfunk zum Interview der Woche zusammen. Sie sagten damals, dass Sie bis heute – also damals – kein Argument gefunden hätten, das Sie von der großen Koalition überzeugt hätte in Berlin. Ist das heute anders?
Kutschaty: Ich möchte jetzt nicht mehr darüber sprechen, ob die große Koalition jetzt sinnvoll ist oder nicht. Wir sind jetzt ziemlich genau ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl. Wir stecken mitten in der Bewältigung der Coronakrise. Da macht es keinen Sinn mehr, darüber zu diskutieren. Ich bin froh, dass die SPD Ministerinnen und Minister da jetzt eine hervorragende Arbeit machen in der großen Koalition, auch gerade in diesen schwierigen Zeiten der Coronakrise. Ja, ich bin sogar jetzt glücklich, dass Olaf Scholz jetzt Finanzminister ist, dieses Wirtschaftspaket, diese Finanzhilfen auf den Weg gebracht hat. Insoweit ist der SPD-Beitrag da jetzt nicht zu unterschätzen, der ist hervorragend in dieser großen Koalition und für mich steht das jetzt aktuell jetzt nicht zur Diskussion mehr an.
Küpper: Also war es doch richtig, in der großen Koalition zu bleiben?
Kutschaty: Na ja, wenn Sie mich jetzt nach der letzten Bundestagswahl 2017 gefragt haben, da hatte ich schon eine andere Auffassung. Und da fand ich das nicht besonders glücklich, in diese große Koalition wieder zu gehen. Da hat sich prinzipiell an meiner Grundauffassung auch nichts geändert, aber die Situation ist jetzt wegen der Coronakrise eine völlig andere. Ich glaube, unsere Republik war noch nie in einer solchen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise wie es jetzt ist, und deswegen ist jetzt nicht der Zeitpunkt, über große Koalition – ja oder nein? – zu diskutieren.
"Das Thema Grundrente muss jetzt umgesetzt werden"
Küpper: Sie haben gerade gesagt, Sie sind dankbar, dass Olaf Scholz jetzt Finanzminister ist. Sind Sie auch dankbar jetzt in der Krise, dass mit Angela Merkel dort eine Bundeskanzlerin ist, die sehr erfahren ist?
Kutschaty: Ja, ich hätte mir gewünscht, es wäre Martin Schulz geworden 2017 bei der Bundestagswahl. Ich glaube, er hätte diese Krise auch genauso gut gemeistert wie Angela Merkel. Aber was jetzt zählt, glaube ich, in diesem Land, ist Verlässlichkeit, Vertrauen muss man haben in Führungspersonen. Und ganz offensichtlich ist das jetzt da.
Ein älteres Ehepar läuft untergehakt durch Berlin
Altersvorsorge - Was Sie über die Grundrente wissen müssen
Mit der Grundrente sollen Menschen, die lange gearbeitet haben, aber dennoch nur wenig Rente bekommen, einen Bonus erhalten. Nun hat sich die Große Koalition auf eine Finanzierung geeinigt.
Küpper: Sie haben es gesagt, ein Jahr ist es noch bis zur Wahl. Was muss denn noch geschafft werden in dieser großen Koalition, trotz oder auch wegen der Corona-Situation?
Kutschaty: Es gibt eine Menge, was verabredet worden ist, was auf den Weg gebracht werden muss. Das Thema Grundrente muss jetzt umgesetzt werden. Wir haben auf Grund der katastrophalen Zustände in der Fleischindustrie einen Ansatz unternommen – Hubertus Heil als Arbeitsminister -, diese unsäglichen Werkarbeitsverträge mit Soloselbstständigen zu beseitigen. Das steht jetzt noch auf der Tagesordnung. Und ich hoffe, das funktioniert auch so, wie es zugesagt ist. Man merkt schon, an der einen oder anderen Stelle versucht die Union wieder, etwas aufzuweichen, was vereinbart worden ist. Das darf nicht sein. Hier müssen wir endlich für faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sorgen.
Vermögenssteuer "eine sinnvolle Option"
Küpper: Ein Thema, was aktuell auch in der Diskussion ist, betrifft auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil aus Ihrer Partei. Er will nun den Mindestanspruch auf Homeoffice gesetzlich regeln. Ist das ein richtiger, ein wichtiger Vorstoß jetzt?
Kutschaty: Ja, das halte ich für richtig und wichtig. Und das ist, glaube ich, einer der positiven Effekte, wenn man überhaupt von positiven Effekten in der Coronakrise sprechen kann. Früher hieß es ja immer, Homeoffice funktioniert nicht, dann klappt es im Unternehmen nicht. Heute haben wir gesehen, dass es hervorragend klappt, teilweise sind auch heute noch Beschäftigte im Homeoffice tätig. Und deswegen finde ich gut, wenn es einen Rechtsanspruch gibt, eine bestimmte Anzahl von Tagen auch im Homeoffice arbeiten zu können. Das erleichtert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es entlastet aber auch Pendlerinnen und Pendler. Wir können eine ganze Menge auch für die Umwelt damit tun, wenn wir nicht immer zur Arbeit so weit pendeln müssen, wenn wir die gleiche Arbeit auch von zu Hause aus erledigen kann. Also insofern ist es gut, wenn wir diese Möglichkeiten ausweiten, aber auch den Beschäftigten einen Rechtsanspruch dafür geben.
Eine Frau sitzt zu Hause an einem Tisch und arbeiten an ihrem Laptop
Heil (SPD): Mobiles Arbeiten macht Menschen zufriedener
Mehr Selbstbestimmung und Flexibilität: Das will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Arbeitnehmern mit einem Gesetz für mobiles Arbeiten ermöglichen. Es sei an der Zeit, für eine sich wandelnde Arbeitswelt einen arbeitsrechtlichen Ordnungsrahmen zu schaffen.
Küpper: Dennoch, es bleibt oder ist wohl nur ein kleiner Baustein in dieser großen Herausforderung rund um Corona. Es sind auch die Themen, die Sie vorantreiben, die Sie gerade eben eingangs dieses Interviews auch nach vorne geschoben haben: soziale Gerechtigkeit natürlich, aber auch dann gleichbedeutend eben die Finanzierung deren. Sie haben gestern auf dem Juso-Kongress in Bielefeld gesagt, wir brauchen ein neues Steuersystem. Warum?
Kutschaty: Ich bin der Auffassung, dass es zutiefst ungerecht ist, dass leistungsloses Einkommen weniger besteuert wird als das Einkommen, was Menschen erarbeiten und darauf Steuern dann auch zahlen müssen. Sie können in der Hängematte liegen, mit dem Smartphone Ihre Börsenkurse dirigieren und zahlen 25 Prozent Kapitalertragssteuer. Und auf der anderen Seite gibt es Facharbeiter, die hart malochen müssen und dafür aber einen deutlich höheren Steuersatz zahlen. Und ich bin auch der Auffassung, dass wir hohe, höchste Vermögen stärker zur Finanzierung unserer staatlichen wichtigen Aufgaben heranziehen müssen. In den USA und in Großbritannien werden Vermögenssteuern, das sind jetzt die klassische Vermögenssteuer, aber auch die Erbschaftssteuern zu zehn Prozent der gesamten Steuereinnahmen herangezogen. In Deutschland sind es nur 2,9 Prozent. Und deswegen glaube ich schon, dass wir auf die höheren Einkommen, auf die hohen, ganz hohen Vermögen stärker zugreifen müssen, eine stärkere Besteuerung machen müssen. Das hat auch was mit Leistungsgerechtigkeit zu tun.
Küpper: Sie haben gerade eben gesagt, Sie sind froh, dass Olaf Scholz jetzt Finanzminister ist und das, was Sie gerade gesagt haben, wird durchaus in Ihrer Partei ja schon länger diskutiert. Jetzt sind Sie auch schon länger in Verantwortung. Warum gelingt es dann nicht? Braucht es erst so eine Coronakrise, um das Thema wieder nach oben zu bringen?
Kutschaty: Na, die Beschlusslage haben wir ja. Ich meine, es hat ein bisschen gedauert, aber wir haben in einer Arbeitsgruppe entwickelt auf Bundesebene, dass die Vermögenssteuer eine sinnvolle Option ist, die wir jetzt auch haben wollen. Ist leider mit der Union in dieser großen Koalition nicht umsetzbar. Olaf Scholz hat ja jetzt vor einigen Tagen auch verkündet, wie er sich eine höhere Besteuerung höherer Einkommen vorstellt, ab 200.000 Euro. Also da bin ich voll auf Linie und gemeinsam mit Olaf Scholz.
Küpper: Aber in dieser Legislatur wird das nichts mehr?
Kutschaty: Es wird mit der Union nichts werden. Ich glaube nicht, dass die Union bereit ist, eine solche Veränderung vorzunehmen. Und deswegen bedarf es aus meiner Sicht natürlich auch neuer Mehrheiten nach der nächsten Bundestagswahl.
"Höhere Einkommen und höhere Vermögen stärker besteuern"
Küpper: Das heißt aber, dieser Punkt, Vermögenssteuer, das wäre ja aus Ihrer Sicht ein Pflichtpunkt für das Wahlprogramm der SPD im kommenden Jahr?
Kutschaty: Es ist Beschlusslage der SPD, auch seit dem letzten Parteitag schon, Ende letzten Jahres, dass wir höhere Einkommen und höhere Vermögen stärker besteuern wollen. Es geht auch darum, was muss der Staat alles leisten und wen wollen wir wie zur Finanzierung dieser wichtigen Aufgaben heranziehen? Wir wissen alle, dass wir mehr in Bildung investieren müssen, mehr in Forschung, mehr in Wissenschaft. Wenn wir unsere Gesellschaft auch ökologisch umgestalten wollen, dann geht das nicht von alleine, dann kostet das auch Geld. Wer soll das bezahlen? Das ist die alles entscheidende Frage. Und da sage ich: bitte nicht diejenige Kraft, die jeden Tag hart an der Supermarktkasse steht, die Stahl schmiedet und Busse fahren muss, sondern diejenigen, die hohes Vermögen haben. Die müssen einen deutlich stärkeren Anteil zur Finanzierung unserer Aufgaben beisteuern.
Küpper: Dazu passt, Sie haben es gerade gesagt, die Einschnitte aus der Coronazeit müssen sich natürlich irgendwo wiederfinden, beziehungsweise andersherum, die Finanzierung muss auch sichergestellt sein. Aktuell ist ein weiteres Thema in der Diskussion, ein Vorstoß aus der Union, eine Nullrunde für die Rente angesichts eben der jetzigen Belastung. Was halten Sie davon?
Kutschaty: Da halte ich nichts von. Rentnerinnen und Rentner sind glaube ich auch eine der Gruppen, die ganz massiv betroffen gewesen sind durch die Coronakrise. Sie mussten sich auf Grund ihrer Alterssituation sehr zurückziehen, weil sie in der Regel zur Risikogruppe gehören. Sie haben schmerzhafte menschliche Kontaktsperren gehabt, wenn man Enkelkinder nicht mehr zu Besuch bekommen kann, Angehörige nicht mehr. Ich glaube, diese Gruppe hat ganz stark gelitten und wir sprechen ja nicht von exorbitant hohen Renten, die ein Durchschnittsrentner heute bekommt. Deswegen müssen auch Rentnerinnen und Rentner zukünftig an Gehaltssteigerungen teilhaben können. Ich halte da nichts von einer Nullrunde.
Küpper: Die Schuldenbremse ist in diesem Jahr ausgesetzt. Olaf Scholz hat jetzt gesagt, im kommenden Jahr plädiert er dafür, diese wieder einzuhalten. Halten Sie das für realistisch angesichts der ja massiven Investitionen und Gelder, die es aktuell braucht?
Kutschaty: Na, wir haben ja viele Sondertöpfe geschaffen, aus sogenannten Rettungsschirmen. Letztendlich sind das neue Kredite, die aufgenommen werden. Deswegen kann man von Schuldenbremse, finde ich so, in der Reinform, sowieso schon gar nicht mehr sprechen, weder im Bundeshaushalt noch im Landeshaushalt. Es gibt hohe Kreditaufnahmen, die sind aber auch notwendig. Wenn der Staat bestimmte Schließungen angeordnet hat, aus Gesundheitsgründen Menschen nicht mehr erlaubt hat, bestimmte berufliche Sachen auszuüben, dann finde ich, ist der Staat auch in der Verpflichtung, das auszugleichen, das zu kompensieren. Insbesondere aber auch den Kommunen zu helfen, die erhebliche Steuerausfälle haben, in der Gewerbesteuer, in ihrem Einkommenssteueranteil, und es wäre jetzt für die Wirtschaft das völlig falsche Signal, wenn wir jetzt auf Sparen drängen würden, nur um eine symbolische schwarze Null einhalten zu können. Ich glaube, was jetzt an der Zeit ist, ist gerade zu investieren, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt nach der Coronakrise und die Zinssituation in Deutschland mit – ja nahezu null Prozent Zinssatz – bietet sich gerade dazu an, jetzt die nötigen Zukunftsinvestitionen auch vorzunehmen.
"Mit neuen Schulden das Land ans Laufen bringen"
Küpper: Das war richtig jetzt ein Plädoyer, die Schuldenbremse erst mal links liegen zu lassen?
Kutschaty: Im Augenblick haben wir gar nicht die Chance: Wenn wir dieses Land wieder auf Vordermann bringen wollen, muss der Staat jetzt investieren und die Rahmenbedingungen sind dank der niedrigen Zinsen gut. Und deswegen muss der Staat – ja, notfalls auch kreditfinanziert – mit neuen Schulden beitragen, damit dieses Land wieder ans Laufen kommt.
Küpper: Herr Kutschaty, Sie haben vor einiger Zeit gesagt, jüngere Generationen kennen nichts anderes als eine große Koalition in Deutschland. Und wenn wir immer nur als Juniorpartner da sind, dann muss man sich nicht mehr wundern, wenn man nicht mehr als handlungsfähige Alternative zur Union wahrgenommen wird. Sollte die SPD ausschließen, vor der Bundestagswahl in eine Unionskoalition – große Koalition kann man es vielleicht ja gar nicht mehr nennen – zu gehen?
Kutschaty: Wir müssen schauen, welche Mehrheiten zukünftig möglich sein werden. Es wird immer schwieriger, Mehrheiten zu finden. Die Parteienlandschaft hat sich verschoben. Wir haben nicht mehr klassischerweise zwei große und zwei oder drei kleine Parteien. Da sind jetzt in vielen Bereichen drei gleich große Parteien auch unterwegs, und deswegen wird man sehen müssen, wie sich zukünftig Mehrheiten finden. Mein Ziel ist auf jeden Fall…
Küpper: Drei gleich Große, was meinen Sie auf Bundesebene?
Kutschaty: Na ja, ich habe es jetzt mal für ganz Deutschland gesehen, wenn ich mir die Landtagswahlen auch angucke, das sind natürlich CDU, SPD und Grüne, die je nachdem mal unterschiedlich stark und groß sind. Das macht demnächst nicht nur auf Bundesebene, sondern auch vor allem in den Landesparlamenten es unheimlich schwierig. Wir haben ja in Deutschland schon teilweise Dreier- / Viererkoalitionen, um überhaupt zu Mehrheiten dann auch zu kommen. Und deswegen muss man da genau gucken, was ist eigentlich rechnerisch demnächst überhaupt noch möglich? Mein Ziel ist es auf jeden Fall, keine weitere große Koalition, wenn Sie dann jetzt CDU und SPD damit meinen.
Küpper: Aber ausschließen sollte man es nicht?
Kutschaty: Ich halte es nicht für erstrebenswert. So, und deswegen sollte man da tunlichst die Finger von lassen.
Küpper: Welche Machtoptionen blieben der Sozialdemokratie im Bund oder vielleicht auch im Land dann noch?
Kutschaty: Na ja, Nordrhein-Westfalen, da haben wir es ja so, dass die jetzige Regierungsmehrheit von Schwarz-Gelb seit der letzten Landtagswahl vor drei Jahren ja in so gut wie keiner einzigen Umfrage mehr eine eigene Mehrheit hat.
"Kann mir Ampelkoalition vorstellen"
Küpper: Ich habe jetzt aber nach der Sozialdemokratie gefragt und nicht nach der Union.
Kutschaty: Und deswegen muss man auch gucken, welche anderen Mehrheiten gibt es dazu auch hier in Nordrhein-Westfalen? Ich kann mir eine ganze Menge vorstellen. Ich kann mir Rot-Grüne Bündnisse, auch mit der FDP, also eine sogenannte Ampelkoalition vorstellen. Ich glaube, es gibt auch mit der FDP in einigen Bereichen Punkte, wo wir gut übereinstimmen könnten.
Küpper: Aber Rot-Rot-Grün oder Grün-Rot-Rot haben Sie jetzt bewusst außen vorgelassen?
Kutschaty: Nein, habe ich nicht außen vorgelassen. Ich glaube schon, wir müssen auch gucken, wie kann man Mehrheiten jenseits der Union bekommen. Aber das hängt dann immer, wie gesagt, ganz stark von den einzelnen handelnden Akteuren aller drei Parteien auch zusammen, ob das passt oder nicht. In manchen Bereichen kann ich mir das gut vorstellen. In Thüringen kann man, glaube ich, gut mit den Linken zusammen regieren. Ob das auf allen Ebenen so funktioniert, das wage ich aber auch zu bezweifeln.
"Wir brauchen endlich eine vernünftige Teststrategie"
Küpper: Wie schmerzhaft ist es eigentlich für die einst so stolze Sozialdemokratie, gegebenenfalls unter den Grünen jetzt als Juniorpartner in ein Bündnis einzutreten?
Kutschaty: Das ist nicht unser Ziel. Und deswegen kämpfen wir dafür, möglichst stärker auch zu sein.
Küpper: Sie haben ja gerade Umfragen auch zitiert, und da ist es ja durchaus immer mal wieder ein realistisches Szenario, auch im Bund gegebenenfalls.
Kutschaty: Es ist alles nicht auszuschließen, aber lassen Sie uns doch jetzt nicht über Mehrheitskonstellationen reden, wenn die Wahlen noch gar nicht gelaufen sind. Also sehen Sie es mir nach, dass ich mir jetzt erst mal Gedanken mache, wie kann die SPD wieder so stark werden, dass sich diese Frage überhaupt nicht stellt, dass wir nämlich deutlich stärker werden als wir jetzt sind.
Küpper: Aber Machtoptionen sind ja auch immer auch relevant, auch durchaus vor der Wahl, um den Wählerinnen und Wählern eine Idee davon zu geben, wo es hingehen könnte.
Kutschaty: Diese Optionen sind ja auch da. Wir sind ja gerade schon verschiedene Farben aus dem Malkasten durchgegangen. Also ich kann mir da eine ganze Menge vorstellen.
"Größte Herausforderung: dieses Land zusammenhalten"
Küpper: Herr Kutschaty, ich möchte doch noch mal auf die Coronakrise zu sprechen kommen. Die hält ja die Welt in Atem, auch dieses Land. Über einige Folgen, wirtschaftlich und sozial, haben wir ja schon gesprochen. Es zeigen sich aber auch in der Gesellschaft große Fliehkräfte. Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung in dieser Krise?
Kutschaty: Die größte Herausforderung ist, dieses Land zusammen zu halten. Wir merken auch schon jetzt, und die ersten Zahlen belegen das ja, dass die Verlierer der Coronakrise, die sind, die auch schon vorher nicht auf der Seite der Gewinner gewesen sind. Das sind Schülerinnen und Schüler, die schon vorher Schwierigkeiten hatten, am Unterricht richtig teilnehmen zu können, ordentlich lernen zu können. Und da schlägt es natürlich voll durch, wenn ich plötzlich Homeschooling habe. Das funktioniert eben nicht, Homeschooling, wenn die Eltern sich keinen PC zu Hause leisten können oder die private Nachhilfe nicht bezahlen können. Und das macht mir große Sorge, dass diese Schere zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten weiter auseinander geht. Und da muss man jetzt aufpassen, dass das nicht noch tiefer geht. Und da müssen wir endlich ran. Wir müssen Ungleiches ungleich behandeln, auch in den Schulen. Da, wo wir viele Kinder haben, die aus bildungsferneren Gruppierungen kommen, hohen Migrationsanteil, hohen ALG-2 Anteil, da müssen die besten und die meisten Lehrer hin. Da müssten eigentlich auch die schönsten Schulgebäude stehen, in diesen Stadtteilen. Also lassen Sie uns doch mal den Mut haben, Ungleiches ungleich zu behandeln.
Küpper: Würden Sie dem Satz zustimmen, dass wir bisher als Deutschland gut durch diese Krise gekommen sind, im Vergleich zu anderen Ländern?
Kutschaty: Das, was das Wichtigste war zunächst, ist, auf die Gesundheit der Bevölkerung zu achten. Es ist ja nicht nur ein Schnupfen, sondern es ist eine ernsthafte Erkrankung, wo ganz viele Menschen auf der Erde gestorben sind. Und wenn ich mir da die Zahlen anschaue, hat es in Deutschland verhältnismäßig gut geklappt. Wir sind Gottseidank nie in die Situation gekommen, dass die medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet werden konnte. Wir hatten es mit einem Kraftakt tatsächlich aller Beteiligten geschafft, das medizinische Personal so in Stellung zu bringen, dass eine Versorgung immer gewährleistet ist. Die Bettenanzahl in den Intensivstationen wurde erhöht. Das hat gut funktioniert, so dass wir da nicht diese Situation hatten wie beispielsweise in Italien oder Frankreich oder Spanien, wo es zu echten Engpässen gekommen ist.
"Großen Respekt vor der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung"
Küpper: Das heißt, unser Land hat sich durchaus bewährt oder andersherum: wir haben über Homeoffice gesprochen, Sie haben über Digitalisierung gesprochen. Hat es auch gezeigt, dass eigentlich viel mehr möglich wäre, wenn man denn wirklich wollen würde?
Kutschaty: Unser Land hat gezeigt, dass es zusammenstehen kann. Ich habe großen Respekt vor der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, die auch diese ganzen einschränkenden Maßnahmen akzeptiert und sich auch daran hält. Natürlich ist es nicht schön, mit einer Maske herumzulaufen. Natürlich ist es auch nicht schön, nicht zur Schule gehen zu können oder ältere Menschen in der Senioreneinrichtung mal nicht besuchen zu können. Aber es verlangt viel Disziplin, und die allergrößte Mehrheit der Bevölkerung hat sich daran gehalten. Da können wir, glaube ich, insgesamt stolz drauf sein und umso wichtiger ist es, auch darauf hinzuwirken, dass alle Menschen sich an die Regeln halten.
Küpper: Jetzt gibt es neue Maßnahmen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der CDU setzt auf eine neue Teststrategie, auf Schnelltests, vor allem in Alten- und Pflegeheimen. Ist das der richtige Weg?
Kutschaty: Ja, völlig richtig. Habe ich schon vor Wochen von unserer Landesregierung in Nordrhein-Westfalen auch gefordert. Wenn wir wieder mehr Regelbetrieb haben wollen, dann müssen wir intensiv testen. Wir brauchen endlich eine vernünftige Teststrategie. Es gibt diese Schnelltests, da weiß ich nach 15, 20 Minuten für eine verhältnismäßig geringen Aufwand von zehn, 15 Euro: bin ich infiziert oder bin ich nicht infiziert? Wenn ich solche Tests regelmäßig und intensiv mache, kann ich auch wieder mehr Veranstaltungen zulassen. Warum soll ich denn nicht vor einem Konzert einen solchen Schnelltest machen? Wenn der negativ ist, kann ich in den Konzertsaal rein, wenn nicht, sollte ich besser sofort zum Arzt gehen. Also, es würde uns wieder mehr Freiheiten auch erlauben, wenn endlich diese Schnelltests flächendeckend auf den Markt kommen.
Küpper: Es gibt verschiedenste Maßnahmen, Versuche. Es ist ja auch durchaus komplex. Ein weiterer Punkt aus Nordrhein-Westfalen: eine Woche vor Beginn der Herbstferien hat das Schulministerium hier die landesweit knapp 200.000 Lehrer vor Reisen in Corona-Risikogebiete gewarnt. Mittlerweile sind es ja viele, beispielsweise fast die kompletten Niederlande, auch Belgien, und ihnen dann mit Gehaltskürzungen gedroht. Ist das auch ein richtiger Weg?
Kutschaty: Nein, das ist auf keinen Fall der richtige Weg. Das zeigt aber auch, welche Wertschätzung diese Landesregierung den Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen entgegenbringt. Zunächst wurden Lehrer unter Verdacht gestellt, sie würden sich mehr um ihren Vorgarten kümmern in der Coronazeit, vom stellvertretenden Ministerpräsidenten, als um die Sorgen der Schülerinnen und Schüler. Dann wird Erzieherinnen und Erziehern ein Bastelset zum Maskenbau in die Kitas geschickt, statt vernünftige Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Und jetzt auch noch die Drohung von Gehaltskürzungen. Damit motiviert man keine Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Das ist schädlich, das sollte man nicht tun.
Laschet nach Berlin? "Hängt vom Parteitag ab"
Küpper: Dennoch, es gab in dieser Coronakrise in der Wahrnehmung in der öffentlichen Debatte zwei Pole: Markus Söder in Bayern eher für den strikteren Kurs, Armin Laschet hier in Nordrhein-Westfalen, der jetzt auch CDU-Parteivorsitzender und Bundeskanzler vielleicht dann werden möchte. Der galt eher als der Lockere. Wo wären Sie lieber Oppositionsführer gewesen?
Kutschaty: Na ja, Armin Laschet hat es uns, glaube ich, leichter gemacht als Markus Söder. Ich habe den Eindruck, manchmal ist Nordrhein-Westfalen aus Bayern heraus oder von Bayern heraus regiert worden. Alles ist zunächst bestritten worden an Schutzmaßnahmen, von der Landesregierung. Markus Söder hat es eingeführt, zehn Tage später war es in Nordrhein-Westfalen auch so. Damit spreche ich Schulmaßnahmen an, ich spreche die Einführung von Masken, Schutzmasken, an. All das wollte Armin Laschet zunächst nicht, es kam dann aber anschließend.
Küpper: Bei den Masken im Unterricht war es andersherum. Da war NRW vor und Bayern hinterher.
Kutschaty: Ja, aber als es um die generelle Tragepflicht von Masken ging damals, da war es genau andersherum. Das zeigt, wie unstet eigentlich auch die Arbeit dieser Landesregierung ist. Mal ist man ganz streng und mal ist man ganz locker. Abgestimmt ist da aber offensichtlich wenig.
Küpper: Dann ganz kurz zum Abschluss: Womit rechnen Sie? Bleibt Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen oder geht er nach Berlin?
Kutschaty: Das hängt vom Ergebnis des CDU-Parteitags im Dezember ab. Wenn er da gewählt wird, ist er weg aus Nordrhein-Westfalen. Ich wage da keine Prognose. Da müssen Sie die tausend Parteitagsdelegierten der CDU fragen.