"Wir haben die Gedenkstätte Sobibor im Jahre 2012 als Außenstelle übernommen. Wir sorgen für diesen Ort und haben auch schon eine Dauerausstellung vorbereitet. Also, wir sind als Gedenkstätte logistisch, organisatorisch und inhaltlich fertig. Also, wir können schon mit dem Bau in diesem Jahr beginnen. Dann brauchen wir etwa zwei Jahre."
Tomasz Kranz leitet die Gedenkstätte Majdanek am Rande von Lublin. Zurzeit ist er auch für den Erinnerungsort Sobibor zuständig. Dort, im Wald 100 Kilometer östlich von Lublin, ließen die Nationalsozialisten 1942/43 bis zu 200.000 Juden und Roma ermorden. Doch Sobibor ist heute wenig bekannt, denn hier gelang es den Nazis, die Spuren des Lagers zu verwischen, anders als in Majdanek oder Auschwitz, die von der Roten Armee befreit wurden.
Darüber, welche Form das Gedenken an den Holocaust in Sobibor künftig annehmen soll, diskutierten Historiker und Museumspädagogen in Lublin-Majdanek. Bislang gibt es in Sobibor ein Denkmal aus den 60er-Jahren. Ein kleines provisorisches Museum aus dem Jahr 1993 wurde inzwischen abgerissen. Für die gesamte neue Gedenkanlage einschließlich Museum und Begegnungsstätte liegt ein Architektenentwurf vor, doch es gibt Probleme im Detail.
"Wir wissen, dass wir vor zwei Jahren die Fundamente der Gaskammern entdeckt haben und die Fundamente der Gaskammern sollen auch in die Neugestaltung der Gedenkstätte einbezogen werden. Also, es geht um die Art, wie sie geschützt und exponiert werden."
Erläuterung des Architekturentwurfs
Łukasz Mieszkowski, Angehöriger des im internationalen Wettbewerb erfolgreichen Architektenteams, erklärt das Konzept so:
"Bei dieser Neugestaltung geht es darum, die menschlichen Überreste in den Massengräbern zu schützen, sie vor der schon Jahrzehnte andauernden Schändung zu bewahren. Die Besucher des Lagers treten nämlich, ohne es zu wissen, auf das Gräberfeld. Sie heben auch Knochenreste auf und nehmen sie mit. Wir wollen die Besucher vor einer Grabschändung schützen, aber auch davor, das Geschehen im Lager sofort verstehen zu wollen. Dafür haben wir eine Mauer als Hauptelement der Erinnerung konstruiert – zum Schutz der Toten und zum Schutz der Besucher."
Die Betonmauer soll neben dem Weg der Opfer zu den Gaskammern verlaufen und das Feld der Massengräber umschließen. Dieses Konzept stieß gleichwohl auf Kritik unter Mitgliedern des internationalen Steuerungskomitees, das die Opfer von Sobibor vertritt. Vertreter aus Yad Vashem wollten die Mauer öffnen. Die Besucher sollten einen einfacheren Zugang zum Gräberfeld haben. Die Architekten haben inzwischen nachgebessert.
Auch Diskussion über die europäische Bildungsarbeit
In Lublin wurde auch über die europäische Bildungsarbeit in der künftigen Gedenkstätte diskutiert. Sollte man nicht nur den deutschen Antisemitismus und die Judenverfolgung der Nationalsozialisten herausstellen, sondern auch die Probleme damit in anderen europäischen Ländern? Einige der Bildungsexperten sprachen sich dafür aus. Jarosław Sellin, stellvertretender Kulturminister in Polens nationalkonservativer Regierung, betonte hingegen:
"Alle Vernichtungsorte der europäischen, darunter der polnischen Juden auf polnischem Boden wurden von den Deutschen geschaffen. Die Aufgabe des polnischen Staats ist es, daran zu erinnern, die Details zu zeigen – auch in Sobibor."
Zugleich lud Sellin, wie bereits frühere polnische Regierungen, Deutschland ein, sich an der Gedenkstätte in Sobibor zu beteiligen, auch finanziell:
"Wir sind für jede Zusammenarbeit offen und auch dankbar für eine finanzielle Beteiligung."
Bislang hat Deutschland zwar verbal unermüdlich Unterstützung signalisiert, konkrete Anfragen und Einladungen indes vornehm ignoriert. Wie lange noch, fragte sich mancher Teilnehmer, darunter auch der deutsch-polnische Antifa-Aktivist Kamil Majchrzak:
"Die intensiven Bemühungen der Gedenkstätte Majdanek und der internationalen Zivilgesellschaft aus Holland, aus Deutschland und Polen, die seit mehr als 15 Jahren aktiv ist in Sobibor, verstehe ich vor allem als Appell auch an die deutsche Seite, an den Deutschen Bundestag und an die deutsche Bundesregierung, hier sich nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich stärker einzubringen. Und die Bemühung um einen europäischen Gedenkort zu unterstützen."