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Ladestationen auf Privatgrund
"Dem Immobilienbereich wird derzeit viel abverlangt"

Der Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, Kai Warnecke, hat im Dlf kritisiert, dass Gebäudeeigentümer die Kosten der Elektromobilität tragen sollen. Er plädierte dafür, eher die Nutzer von Elektroautos in die Pflicht zu nehmen.

Kai Warnecke im Gespräch mit Silvia Engels |
Ein Stecker einer Ladesäule für E-Autos
E-Autos und Ladestationen sollen in Deutschland mehr werden (dpa/Christophe Gateau)
Silvia Engels: Die Frage, wieweit auch mittlerweile Immobilienbesitzer und auch die Besitzer von Mietshäusern gefragt sind, um im privaten Raum auch die E-Mobilität mit Ladestationen zu fördern.
Am Telefon ist Kai Warnecke. Er ist der Präsident von Haus und Grund. Hier sind über die Landesverbände des Vereins rund 900.000 Immobilienbesitzer organisiert. Guten Morgen, Herr Warnecke.
Kai Warnecke: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Wenn Sie das gerade hören, Änderungen im Mietrecht, es soll leichter werden, damit Mieter auch an ihrem Tiefgaragenplatz laden können, stimmen Sie da zu?
Warnecke: Ja, dem stimmen wir im Großen und Ganzen zu. In der Tat ist es bisher so, dass es nicht mal eine Klarheit darüber gibt, wie zum Beispiel in einer WEG darüber entschieden werden kann, ob es einstimmig sein muss oder eine qualifizierte Mehrheit.
Engels: Eine Eigentümergemeinschaft?
Warnecke: In einer Eigentümergemeinschaft. Es ist noch nicht einmal Rechtssicherheit da, wie die Eigentümer überhaupt einen Beschluss über eine solche Elektroladestation fassen können. Das ist aber in der Tat - das hat Ihr Kollege völlig richtig gesagt - lediglich ein Detail.
Wir haben ein riesengroßes Problem beim Netzausbau, denn die Frage ist ja nicht nur, wie kommt der Strom aus der Wallbox in das Auto, sondern wie kommt er vor allen Dingen zu dieser Ladestation hin. Hier haben wir mehrere Hürden, sowohl das Netz in einer Straße als auch den sogenannten Hausanschluss vom öffentlichen Netz in das Gebäude hinein, als auch natürlich die Elektroinfrastruktur im Haus selbst. Das sind die wahren Kostentreiber.
"Es ist einfach komplett unattraktiv das zu machen"
Engels: Das wären die wahren Kostentreiber und Sie lehnen es ab, dass diese Kosten für diesen berühmten Schluss der letzten Meile der Immobilienbesitzer zahlt. Wer soll es dann tun?
Warnecke: Der Immobilieneigentümer hat ja zunächst erst mal nichts damit zu tun, dass jemand ein Elektroauto fährt. Wenn der Immobilieneigentümer das bezahlen müsste, dann stellt sich in der WEG, in einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Frage, warum die gesamten Eigentümer den Wunsch nach einem Elektroauto eines einzelnen Mitbewohners bezahlen sollten.
Und die gleiche Frage stellt sich natürlich auch, gerade in Zeiten von Mietendeckeln, Mietpreisbremsen und der Frage nach bezahlbarem Wohnen, warum die Kosten für einen solchen Anschluss beim Eigentümer liegen sollten. Die müssen doch dort liegen, wo der Nutzen hinterher bleibt, und das ist letztlich derjenige, der das Auto fährt.
Engels: Sie haben es wahrscheinlich mitgehört. Die Bundesregierung will zum Beispiel den E-Autokauf bis zu 6000 Euro stark prämieren. Verlangen nun die Haus- und Grundbesitzer auch Subventionen, um zum Beispiel diese Kosten abdecken zu können?
Warnecke: Subventionen sind vielleicht das eine. Das andere wäre, überhaupt erst mal die Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Strom im Haus produzieren zu können. Gerade dieses Beispiel, dass man eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach hat und den Strom dann im Haus verbraucht, ob das nun für das Aufladen vom Handy ist oder das Aufladen vom Auto, allein diese banale Sache ist in Deutschland derzeit noch nicht möglich beziehungsweise nur unter extremen Hürden, weil ein Eigentümer eine solche Fotovoltaik-Anlage und den Strom, den er daraus produziert, nicht einfach an seine Mieter weiterverkaufen kann.
Das ist im Prinzip ein Fulltime-Job - dann werden Sie unter den rechtlichen Rahmenbedingungen, die wir haben, zum Energieversorger - und praktisch nicht umsetzbar. Hier sind, das muss man ganz klar sagen, die Energieversorger in der Pflicht. Die blockieren das Ganze, weil sie Sorge um ihr eigenes Geschäft haben. Das ist so ein winziges Beispiel, dass so was ganz Einfaches wie eine Solaranlage, eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses heute unmöglich macht, und solange wir diese kleinen Hürden nicht aufbrechen, brauchen wir uns gar nicht darüber zu unterhalten, ob es überhaupt zu einer Förderung oder zu einem Steuervorteil kommt, weil es einfach komplett unattraktiv ist, das derzeit zu machen.
"Dem Immobilienbereich wird derzeit einfach immer nur alles abverlangt"
Engels: Welche Rechtsänderungen verlangen Sie?
Warnecke: Wir müssen in der Lage sein, dass jeder Eigentümer in der Lage ist, erneuerbare Energien auf seinem Haus, in seinem Gebäude zu produzieren und diese dann auch im Haus verwenden zu können. Das wäre der erste wichtige Schritt. Das heißt, wir müssen es schaffen, dass wir die Stromversorgung ein wenig deregionalisieren. Wir müssen es dann schaffen, dass die Stromnetze von ihrer Qualität her in der Lage sind, die erforderlichen Mengen Strom überhaupt zu produzieren.
Auch in einer Ein-Familien-Haus-Siedlung kann sich nicht jeder Eigentümer eine Ladestation anschließen, weil das Netz in der Straße überhaupt nicht ausreichend ist, um die erforderliche Strommenge zu den Häusern hinzubringen. Und wir müssen uns darüber unterhalten, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen so geklärt sind, dass klar ist, wer wann wo eine Ladestation anbauen darf und auf wessen Kosten das Ganze geschieht. Da sind sicherlich, wenn auch nur klitzekleine Schritte, die Änderungen im Wohnungseigentumsrecht, aber auch im Mietrecht, Schritte in die richtige Richtung.
E-Ladestation vor einer Behoerde in Freiburg (Baden-Württemberg) . Foto: Winfried Rothermel | Verwendung weltweit
Ergebnisse des Autogipfels - Höhere Kaufprämien und mehr Ladestationen für E-Autos
Lange besprachen sich Politik, Verbände und Wirtschaft beim Autogipfel am Montag im Kanzleramt. Die Bundesregierung setzt sich ambitionierte Ziele: Bis 2030 sollen in Deutschland sieben bis zehn Millionen E-Autos fahren.
Engels: Wenn wir nun einmal das Beispiel von Ihnen fortspinnen, dass die Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach vom Vermieter betrieben wird und in irgendeiner Form durch rechtliche Erleichterungen nun auch dem Mieter mit dem E-Auto zunutze gestellt wird, wie steht es denn dann mit Haftungsrisiken? Ist da alles geklärt? Weil dann ist ja der Vermieter wirklich zuständig dafür, dass das Auto auch Strom hat?
Warnecke: Haftungsrisiken sind ebenfalls noch nicht geklärt. Wir haben ja diese Fälle, in denen Elektroautos sich von der Feuerwehr nicht löschen lassen. Darüber hinaus scheint es so zu sein, dass die Brände durch Batterien mehr sind als bei herkömmlichen Autos. Wenn man ein solches Auto in der Tiefgarage stehen hat, dann empfiehlt es sich nach heutigem Stand dringend, mit der Versicherung zu klären, ob die Schadenssumme so noch in Ordnung ist, ob eventuell eine höhere Versicherungsprämie fällig wird. Auch das sind Nachfolgefragen, die insgesamt zu klären sind.
Einige Autos wie zum Beispiel mit Druckgas dürfen ja gar nicht in Tiefgaragen einfahren. Auch da wird sich sicherlich noch einiges bewegen und dann stellt sich auch hier die Frage, wie sieht das aus in einem Haus, das auf einmal eine wesentlich höhere Wohngebäudeversicherungsprämie hat. Müssen das eigentlich alle mehr bezahlen, oder nur diejenigen, die Elektroautos fahren.
Engels: Klingt alles so, als ob Sie von der Regierung verlangen, auch bei einem Autogipfel demnächst mal am Tisch zu sitzen?
Warnecke: Das wäre das einzig Sinnvolle, denn Elektroautos - das ging aus Ihrem Beitrag ja klar hervor - funktionieren nur mit Ladeinfrastruktur. Dem Immobilienbereich wird derzeit von der Bundesregierung einfach immer nur alles abverlangt. Hier kommen die Vorgaben, um selbst im Immobilienbereich die CO2-Einsparungen voranzubringen. Gleichzeitig darf Wohnen nicht teurer werden und jetzt sollen die Gebäudeeigentümer auch noch die Elektromobilität stemmen. Hier müsste man mal ganzheitlich denken, aber das ist von der Bundesregierung wohl derzeit nicht mehr zu erwarten.
"Für die breite Masse ist das nicht attraktiv"
Engels: Auf der anderen Seite kann es natürlich auch für Vermieter attraktiv sein, demnächst eine Wohnung zu vermieten, wo man den E-Ladeplatz mit anbietet. Das heißt, hier gibt es doch auch Geschäftsmöglichkeiten. Ist das vielleicht ein bisschen zu viel geklagt?
Warnecke: Nein, das halte ich nicht für zu viel geklagt. Die Investitionen sind ziemlich hoch. Ich kann nur noch mal betonen: Wir leben in Zeiten, in denen wir diskutieren über Mietendeckel. Das heißt, die Mieten, die abgesenkt werden. Und wir reden gleichzeitig über Anschlüsse, wo die Wallboxen zwar für 1000, 1500 Euro erhältlich ist. Die Montage kostet dann aber fast noch mal das gleiche obendrauf.
Last but not least müssen Sie die elektrische Infrastruktur im Hause bereitstellen. Das sind gleich mehrere tausend Euro. Das ist vielleicht etwas, was für den einen oder anderen im Bereich eines Luxus-Appartements attraktiv ist. Für die breite Masse scheint das jedoch kein Grund zu sein, eine bestimmte Wohnung anzumieten oder zu kaufen.
Zwei E-Autos werden an Ladesäulen in aufgeladen. 
Barbara Lenz - "Wichtig ist, die Lademöglichkeiten zu verbessern"
Verkehrsforscherin Barara Lenz rät dazu, Regulierungen aufzuheben, die das Einrichten von Ladestationen für E-Autos in oder an Wohngebäuden unterbinden. Elektromobilität käme beispielsweise in Ein-Familien-Haus-Siedlungen gut an, wo die Leute über eigene Lademöglichkeiten verfügten, sagte Lenz im Dlf.
Engels: Herr Warnecke, Ihr Blick in die Zukunft. Wenn die Rechtsänderungen, wie Sie sie verlangen, nicht kommen, scheitert dann der breite Ausbau der E-Mobilität?
Warnecke: Daran alleine wird es wahrscheinlich nicht unbedingt scheitern. Es wird vermutlich dann scheitern, wenn wir es nicht schaffen, die erneuerbaren Energien vernünftig in den Gebäuden zu produzieren und die Möglichkeit, allen Bewohnern eines Hauses, Selbstnutzern und Mietern zu geben, diesen Strom im Gebäude zu verbrauchen, gleichgültig wofür. Und wir brauchen vor allen Dingen endlich die Möglichkeit, dass Stromversorgung nicht mehr nur dazu dient, kommunale Stromversorger mit üppigen Gewinnen zu versorgen, sondern dass die Verbraucher an der Energiewende in einer Weise beteiligt werden, die es ihnen auch ermöglicht, zum Beispiel Elektroautos zu fahren.
Wir haben die Situation, dass Verbraucher das Doppelte für Strom bezahlen als das, was die deutsche Wirtschaft bezahlt, und solange diese Schräglage vorhanden ist und sich immer weiter entwickelt, durch mehr Gesetze, durch EEG-Umlagen und Ähnliches, ist Strom letztlich keine wirklich preiswerte Alternative zu anderen Energieformen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.