"Die Kernbotschaft dieses Kongresses ist wirklich die Dringlichkeit, mit dem dieses Problem jetzt gelöst werden muss. Wir reden seit 20 Jahren hier über Bahnlärm, ohne das etwas Hörbares geschehen ist. Im Gegenteil: Der Verkehr hat zugenommen, der Lärm ist noch schlimmer geworden," sagt Frank Groß, Vorsitzender der Bürgerinitiative "Pro Rheintal" uns Organisator des "Silent Europe Rail" – Symposiums in Boppard am Rhein.
Es geht beim Kongress um die gesundheitsschädigenden Wirkungen von Bahn- und Fluglärm. Auch aus den Niederlanden, Norditalien und der Schweiz sind Lärmkritiker ins Mittelrheintal gekommen: "Der Ausbau der Bahninfrastruktur gelingt nur, wenn die Bevölkerung nicht auf die Barrikaden steigt. Und die Bevölkerung gewinnt man nur, wenn man sie auch schlafen lässt."
Einer der Referenten ist Thomas Münzel, Arzt an der Mainzer Uniklinik. Sein Krankenhaus liegt direkt in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens: "Es ist so, die Spitzenschallpegel, die erreicht werden, liegen bei 70 bis 75 Dezibel. Das bedeutet, dass bei gekippten Fenstern Arbeit schwierig durchzuführen ist."
Im Tal der Loreley steigen die Spitzenpegel des Bahnlärms manchmal sogar über 100 Dezibel. "Unmenschlich" nennt das Frank Groß, der selbst in Boppard am Rhein ganz in der Nähe der Bahnlinie arbeitet.
Doch er sieht Fortschritte im Kampf gegen den Bahnlärm. Vor allem die rechtlichen Bedingungen für die Umrüstung der besonders lauten Güterwaggons habe sich verbessert, sagt der Sprecher der Bürgerinitiative "Pro Rheintal". Frank Groß setzt seine Hoffung auf die sogenannten "Flüsterbremsen": "Ja, bei der Flüsterbremse hat sich zum einen jetzt geändert, dass ab Juni diesen Jahres die LL-Sohle, also eine bestimmte Form, die das Umrüsten kostengünstig für 1500 bis 1600 Euro möglich macht, zugelassen ist und das man das auch sehr schnell umrüsten könnte.
Es gibt jetzt also keinen Grund mehr, warum sämtliche Waggons innerhalb kürzester Zeit, also bis 2016, umgerüstet sind. Man will sich aber noch bis 2020 Zeit lassen und dem müssen wir hart widersprechen, weil wir sagen: Jetzt ist die Möglichkeit, die Umrüstung zu vollziehen. Und wir können nicht einsehen, dass man sich jetzt noch mal bis 2020 Zeit lassen will."
Frank Groß wirft vor allem der Europäischen Union vor, die schnelle Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen zu verzögern. Die Brüsseler Arme reichten dabei sogar in die Schweiz, die eigentlich ein Vorreiter in Sachen Lärmschutz sei. Etwa mit Plänen für ein Fahrverbot für laute Güterwaggons: "Die Schweiz will auch 2020 ein Fahrverbot einrichten, man hat sich aber damit Zeit gelassen, weil die EU das so will."
Technisch ist die Umrüstung schnell möglich, doch die europäischen Bahnunternehmen scheuen oft die Kosten. Die Politik müsse da handeln und zusätzliches Geld bereitstellen, fordern die Bürgerinitiativen längs des Rheins. Gemeinsam mit der Deutschen Bahn haben sin einen Beirat gebildet, der sich Anfang Dezember zum vierten Mal in Berlin trifft um weitere konkrete Maßnahmen zur Lärmminderung im Bahnverkehr vorzuschlagen. Die Lärmgegner mischen sich auch in die laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin ein. Frank Groß:
Wir haben also an die Koalitionäre ein entsprechendes Schreiben gerichtet und sie gebeten, für die entsprechenden Maßnahmen zu sorgen. Und auch von dort kam die Rückmeldung, dass man dies entsprechend berücksichtigt hat.
Auf glattgeschliffenen Schienen und mit intakten Rädern könnten selbst voll beladene Güterzüge leiser sein als LKWs. Das ist eine der Botschaften des Bahnlärm-Symposiums in Boppard. Der Lärm müsse bekämpft werden, indem man die Technik instand setze und so modernisiere, dass nicht nach ein, zwei Jahren wieder die gleichen Mängel auftreten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Kongressteilnehmer.