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Lage der Menschenrechte
Clausnitz ruft Amnesty International auf den Plan

Eritrea, Syrien einerseits, Deutschland, die USA andererseits. Wenn es um Menschenrechtsverstöße geht, hat Amnesty International auf beiden Seiten etwas zu kritisieren. In Deutschland gibt es zwar weder Todesstrafe noch Folter in Gefängnissen. Trotzdem sieht die Menschenrechtsorganisation Grund zur Sorge. Was sich zuletzt am Vorgehen der Polizei in Clausnitz gezeigt habe.

Von Claudia van Laak |
    Bei einer Demonstration in Frankfurt hält eine Frau ein Schild mit der Aufschrift "Menschenrechte sind für alle da".
    Bei einer Demonstration in Frankfurt hält eine Frau ein Schild mit der Aufschrift "Menschenrechte sind für alle da". (picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt)
    Er ist deprimierend, der aktuellen Jahresbericht von Amnesty International. Die Menschenrechtsorganisation hat die Lage in 160 Ländern untersucht, in 122 davon wurde im letzten Jahr gefoltert, in zwei Dritteln ist nach Ansicht von Amnesty die Meinungs- und Pressefreiheit eingeschränkt. Im Fokus natürlich: Syrien. Die internationale Staatengemeinschaft habe massiv versagt, sagte die deutsche Generalsekretärin von Amnesty, Selim Caliskan, bei der Vorstellung des Jahresberichts.
    "Der Grund für dieses Versagen liegt aus unserer Sicht in einer Kontinuität des Wegschauens und einer zu egoistischen Fokussierung auf nationale Interessen, die sich bei vielen Regierungen findet."
    Der aktuelle Jahresbericht von Amnesty International benennt Eritrea als eines der repressivsten Länder weltweit. Der verpflichtende Militärdienst für alle sei nichts anderes als Zwangsarbeit.
    "Viele versuchen, sich vor diesem lebenslangen Militärdienst in Sicherheit zu bringen, indem sie das Land verlassen und fliehen. Zusätzlich werden aber Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Regierungskritiker willkürlich verhaftet, gefoltert und getötet. Fluchtversuche wertet die Regierung Eritreas als Hochverrat. Wer an der Grenze erwischt wird, wird erschossen."
    Auch Frankreich steht in der Kritik - wegen des Umgangs mit Muslimen
    Kritik übt Amnesty International auch an der aktuellen Politik derjenigen Staaten, die die Menschenrechte in ihrer Verfassung verankert haben. Die USA müssten endlich das Gefangenenlager Guantanamo schließen, Sorgen bereiteten auch Polen und Ungarn – und nicht zuletzt Frankreich. Generalsekretärin Caliskan:
    "Seit Ausrufung des Notstands gab es mehr als 3000 Hausdurchsuchungen. Viele wurden ohne ausreichende Erklärung und oft unter Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt durchgeführt. Und laut Aussagen vieler Menschen gingen die Behörden speziell gegen Muslime vor."
    Deutschland bekommt Lob und Kritik zugleich von der weltweit arbeitenden Menschenrechtsorganisation. Lob für das zivilgesellschaftliche Engagement in punkto Flüchtlinge - die Willkommenskultur - Kritik für die aktuelle Politik der Großen Koalition - das Asylpaket II. Besonders der Plan, Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, trifft auf Widerstand von Amnesty International.
    "Wenn die Bundesregierung tatsächlich diese drei Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt, dann verstößt sie gegen die eigenen verfassungsrechtlichen Kriterien zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten."
    Gute Nachricht: drei Länder haben gleichgeschlechtliche Partnerschaften zugelassen
    Sorgen bereiten Amnesty auch die massiv gestiegenen Angriffe auf Asylbewerberheime, speziell in Sachsen. Das Vorgehen der Polizei in Clausnitz könne nicht einfach verteidigt werden, sagte Generalsekretärin Selim Caliskan bei der Vorstellung des Jahresberichts.
    "Aus unserer Sicht ist nötig, dass diese Vorfälle aufgeklärt werden durch eine unabhängige Kontrollinstanz, die aufgebaut werden muss, damit man überhaupt weiß, was ist dort passiert, was hat sich die Polizei zuschulden kommen lassen und wie muss man das in Zukunft besser angehen."
    Für Amnesty eine der wenigen guten Nachrichten aus dem letzten Jahr: in Griechenland, Zypern, den USA und Irland haben gleichgeschlechtliche Partnerschaften eine rechtliche Grundlage erhalten.