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Lage in Belarus
Lukaschenko setzt auf Härte

Für den belarusischen Präsidenten Alexander Lukaschenko sind die Proteste gegen seine Herrschaft vom Ausland gesteuert. Drahtzieher seien die USA. Einen Dialog mit der Opposition lehnt Lukaschenko weiter ab, stattdessen erhöht er den Druck - streikende Arbeiter wurden entlassen.

Von Florian Kellermann |
Protestierende Menschen halten auf dem Unabhängigkeitsplatz in Minsk ihre Smartphones mit Blitzlicht in die Höhe.
Protestierende Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz in Minsk (imago images / ITAR-TASS / Valery Sharifulin)
Für die belarusische Opposition geht es jetzt darum, die Proteste aufrechtzuerhalten. Gestern und heute gingen deutlich weniger Menschen gegen den Amtsinhaber Alexander Lukaschenko auf die Straße. Das Wochenende werde zeigen, ob die Bereitschaft, sich gegen die gefälschte Präsidentschaftswahl zu wehren, ungebrochen bleibt, sagen Beobachter.
Lukaschenkos Widersacherin bei der Wahl Swjetlana Tichanowskaja, die nach Einschätzung von Experten die meisten Stimmen erhalten hatte, gab heute eine Pressekonferenz. Zur Frage, wie lange die Protestierenden durchhalten könnten, sagte sie:
"Das wird die Zeit zeigen. Aber, wissen Sie, die belarusische Nation wird die aktuelle Staatsführung nie mehr akzeptieren können. Sie wird die Gewalt gegen unsere Bürger bei friedlichen Demonstrationen nicht vergessen und nicht vergeben können."
Protestwillige werden eingeschüchtert
Auf die Frage, ob sie Angst habe, antwortete sie auf Englisch:
"Ich denke, dass alle Bürgerinnen und Bürger jetzt Angst haben. Aber es ist unsere Mission, die Angst zu überwinden und weiterzumachen."
Wie die 13 Frauen, die heute mit Plakaten in der Hauptstadt Minsk auf der Straße standen. Auf den Plakaten war zu lesen: "Wir haben uns nicht ergeben. Und du?" Oppositionsmedien verbreiteten ein Foto von der Aktion.
Das Regime schüchtert die Protestwilligen indes konsequent ein. Neun Arbeiter des Traktorenwerks in Minsk, die sich an Streikaktionen beteiligt hatten, wurden entlassen. Dies solle als Abschreckung für andere dienen, so die Opposition.
Lukaschenko beschuldigt die USA
Außerdem hat die Staatsanwaltschaft damit begonnen, Angehörige des sogenannten Koordinierungsrats der Opposition vorzuladen. Sie ermittele wegen des Verdachts, dass ein Staatsstreich geplant werde, hieß es. Der Koordinierungsrat will einen Dialog mit den Machthabern führen, um neue, demokratische Präsidentschaftswahlen zu organisieren.
Der Amtsinhaber Alexander Lukaschenko will davon nichts wissen. Beim Besuch eines Landwirtschaftsbetriebs stellte er die Proteste heute abermals als vom Ausland organisiert dar:
"Das alles wurde von den USA geplant, und die Europäer spielen da mit. Bei Warschau wurde dazu ein spezielles Zentrum eingerichtet, wir beobachten das und wissen, womit es sich beschäftigt. Dann hat das Säbelrasseln begonnen. Panzer beginnen sich zu bewegen und Flugzeuge fliegen, das ist kein Zufall."
Dass eine Militärintervention fürchte, hatte Lukaschenko schon früher erklärt. Deshalb versetzte er die belarusischen Streitkräfte im Westen in Gefechtsbereitschaft.
Russische Techniker im Staatsfernsehen
Doch er werde dafür sorgen, dass die Proteste in einigen Tagen endgültig beendet seien, erklärte Lukaschenko. Streikenden Arbeitern drohte er damit, sie durch Immigranten aus der Ukraine zu ersetzen.
Der Amtsinhaber räumte heute indes erstmals ein, dass er Hilfe aus Russland erhielt. Russische Journalisten und Techniker hätten die Arbeit beim staatlichen belarusischen Fernsehen übernommen, als die dort Angestellten in den Streik getreten waren, sagte Lukaschenko.
Währenddessen bot die russische Staatsführung heute ihre Unterstützung an, um die politische Krise im Nachbarland beizulegen. Kreml-Sprecher Dmitrij Peskov schloss nicht aus, dass Moskau als Vermittler auftreten könne. Als Bedingung nannte Peskov, dass die belarusische Führung dies wünsche.