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Lage in Idlib
Möglicher Einsatz der Bundeswehr in Syrien umstritten

Soll sich Deutschland bei einem möglichen Giftgaseinsatz in Syrien an militärischer Vergeltung beteiligen? Die Frage spaltet den Bundestag. Aus der Opposition kommt die Forderung, die Bundesregierung müsse das Parlament zunächst einmal über ihre Pläne informieren.

Von Klaus Remme |
    In Idlib dmeonstrieren am 7. September 2018 tausende Menschen gegen eine mögliche Militäroffensive der Regierungstruppen. Sie schwenken Flaggen von Oppositionsgruppen.
    Die Rebellenhochburg Idlib (AFP / Omar Haj Kadour)
    Noch wird spekuliert, doch auch die Bundesregierung hat große Sorge, dass sich, "entsetzliche Muster aus anderen syrischen Kampfschauplätzen wiederholen könnten". Die "Bild"-Zeitung berichtet über eine Anfrage der Amerikaner, ob sich Deutschland an einer militärischen Reaktion nach möglichen Giftgas-Angriffen auf Idlib beteiligen würde.
    Von Regierungssprecher Steffen Seibert gab es dafür heute weder eine Bestätigung noch ein Dementi: "Natürlich steht die Bundesregierung in Kontakt mit Partnern und Verbündeten, es hat keine Situation gegeben, in der jetzt eine Entscheidung zu fällen gewesen wäre und ganz klar ist allen in der Bundesregierung, dass grundsätzlich, jeder militärische Einsatz der Bundeswehr mit dem parlamentarischen Beteiligungsgesetzt in Einklang stehen muss."
    Verteidigungsministerium prüft laut Bericht Optionen
    Nach Chemiewaffen-Angriffen im April hatte die Bundeskanzlerin Vergeltungsschläge von Amerikanern, Briten und Franzosen in Syrien, als erforderlich und angemessen bewertet, eine deutsche Beteiligung im Vorfeld aber ausgeschlossen. Aktuell, so "Bild", lasse die Verteidigungsministerin Beteiligungsoptionen prüfen, Aufklärungsflüge, Schadensanalysen, Kampfeinsätze.
    Der Sprecher Ursula von der Leyens sagte dazu so viel: "Es ist eine Selbstverständlichkeit, alle Streitkräfte der Welt planen in Szenarien und müssen das auch tun. Das sagt per se nichts aus über die Wahrscheinlichkeit, dass diese Szenarien auch eintreten."
    Es gab heute dennoch viele Reaktionen, vor allem die Befürchtung, eine deutsche Beteiligung erst im Nachhinein vom Bundestag bestätigen zu lassen, sorgte für Unruhe. Gesetzlich ist das möglich, etwa wenn Gefahr im Verzug ist oder bei Einsätzen, die keinen Aufschub dulden.
    Der Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, kritisierte: "Wir haben eine Parlamentsarmee und niemand, auch nicht die Bundesregierung, hat das Recht und wird es auch nicht tun, Soldaten irgendwo hinzuschicken, und deswegen ist das Verfahren schon ein Unmögliches. Es wäre im Übrigen elementar, wenn man das wirklich will, dass man dann mit denjenigen, die das entscheiden sollen, ein Gespräch führt und nicht, dass wir das über die Öffentlichkeit zuerst erfahren."
    SPD gegen Beteiligung der Bundeswehr
    Widerstand kommt auch vom Koalitionspartner. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles erklärte, die SPD werde weder in der Regierung noch im Parlament einer Beteiligung Deutschlands am Krieg in Syrien zustimmen. Katrin-Göring Eckhardt von den Grünen betonte, anstatt Eventualitäten zu planen, solle man sich auf die Vermeidung einer humanitären Krise in Idlib konzentrieren.
    FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner sieht es so: "Der Einsatz von Massenvernichtungswaffen, von Giftgas, das ist ein Menschheitsverbrechen, dass geächtet und geahndet werden muss. Durch die internationale Gemeinschaft und wenn die internationale Gemeinschaft das entscheidet, dann kann auch Deutschland nicht an der Seite stehen, sondern müsste in einem solchen Fall auch seine Möglichkeiten prüfen."
    Die AfD forderte, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erst einmal wieder herzustellen, bevor man sich an weiteren, "robusten internationalen Einsätzen", beteilige. Deutschland solle sich deshalb aus dem syrischen Bürgerkrieg heraushalten.