Die fast 1000 Mann starken Sicherheitskräfte wurden fast vollständig abgezogen. Die Boote der Küstenwacht und des Grenzschutzes liegen oft wochenlang im Hafen vor Anker. Im Aufnahmelager, wo sich noch vor wenigen Monaten fast 2000 Menschen drängten, herrscht Totenstille. Hinter dem eisernen Tor ein einsamer, wegen der Kälte dick vermummter Wachsoldat.
"Hier ist kein einziger Immigrant mehr. Und das Personal wurde bis auf vier, fünf Mann abgebaut. Für den Notfall, falls doch noch mal ein Boot ankommen sollte."
Lampedusa vor elf Monaten. Die 6000 Bürger der kleinen Insel gingen auf die Barrikaden. Sie warfen Italiens Innenminister Roberto Maroni vor ein Rassist zu sein, weil er beschlossen hatte, die ankommenden Migranten nicht mehr aufs Festland zu bringen, sondern sie in Lampedusa bis zu ihrer Rückführung zu inhaftieren. Lampedusa wurde zur Sackgasse für die Boat People, die die gefährliche Überfahrt aus Afrika lebend überstanden hatten. Der Fischer Toni Colapinto veranstaltete sogar einen Sitzstreik vor dem Aufnahmelager.
"Wir dürfen nicht zulassen, dass aus Lampedusa ein Gefängnis unter freiem Himmel wird. Wir befürworten ein Aufnahmelager, aber die Leute müssen dann von hier aus so schnell mögliche weiter aufs Festland gebracht senden."
Nur wenige Wochen später gab es eine unerwartete Wendung: Noch vor den Sommerferien wurde das Lager geleert und das italienisch-libysche Abkommen trat in Kraft, wonach sämtliche Flüchtlingsboote auf hoher See abgefangen und die Insassen ungeachtet der Motive ihre Flucht - wie etwa politische Verfolgung oder humanitäre Gründe - wieder nach Libyen zurückgebracht werden. Am Ende dieses Jahres, das so dramatisch begonnen hat, ist in Lampedusa eine unheimliche Ruhe eingekehrt, seit die Immigranten ausbleiben. Ein Problem für die etwa 50 Lampedusaner, die im jetzt leeren Lager gearbeitet hatten, als Reinigungskräfte oder in der Küche. Und auch die Hotels müssen nun auf ein einträgliches Geschäft mit dem Staat verzichten. Im Winter beherbergten sie Soldaten und Polizisten, erzählt Rina D'Amato, die eigenhändig die Eingangshalle renoviert, weil sie sich Handwerker nicht mehr leisten kann:
"Wir haben viel für die Sicherheitskräfte gearbeitet. Jetzt haben nicht nur viele Hotels, sondern auch Geschäfte und Restaurants geschlossen."
Die letzte Tourismussaison verlief nicht besonders, obwohl es keine negativen Schlagzeilen über Lampedusa wegen ankommender Migranten gab. Die Wirtschaftskrise hatte viel schlimmere Folgen fürs Geschäft als die Boat People, die beinahe 15 Jahre lang zu Inselalltag gehörten. Die Touristen hatten sie im Übrigen ja kaum zu Gesicht bekommen, wie auch der Dorfpriester Don Vincent bestätigt.
"Lampedusa war ja immer nur eine Zwischenstation, man hat sie praktisch nie gesehen. Sie wurden im Hafen empfangen und dann ins Aufnahmelager gebracht. Wo sie dann ein paar Tage oder Wochen blieben, bevor sie aufs italienische Festland weitergebracht wurden. Der einzige Immigrant, der hier herumläuft und übrig geblieben ist, das bin ich."
Don Vincent ist groß und tiefschwarz. Er kommt aus Tansania und lebt seit vier Jahren auf der kleinen Insel. Was mit seinen afrikanischen Brüdern passiert, die jetzt in Libyen festsitzen, will er sich gar nicht vorstellen.
"Ihr Schicksal müssten wir alle auf dem Gewissen haben, denn wir sind ja eine einzige große Familie auf Erden. Solange die Menschen hier ankamen, konnten sie wenigsten bezeugen, dass sie noch am Leben waren."
"Hier ist kein einziger Immigrant mehr. Und das Personal wurde bis auf vier, fünf Mann abgebaut. Für den Notfall, falls doch noch mal ein Boot ankommen sollte."
Lampedusa vor elf Monaten. Die 6000 Bürger der kleinen Insel gingen auf die Barrikaden. Sie warfen Italiens Innenminister Roberto Maroni vor ein Rassist zu sein, weil er beschlossen hatte, die ankommenden Migranten nicht mehr aufs Festland zu bringen, sondern sie in Lampedusa bis zu ihrer Rückführung zu inhaftieren. Lampedusa wurde zur Sackgasse für die Boat People, die die gefährliche Überfahrt aus Afrika lebend überstanden hatten. Der Fischer Toni Colapinto veranstaltete sogar einen Sitzstreik vor dem Aufnahmelager.
"Wir dürfen nicht zulassen, dass aus Lampedusa ein Gefängnis unter freiem Himmel wird. Wir befürworten ein Aufnahmelager, aber die Leute müssen dann von hier aus so schnell mögliche weiter aufs Festland gebracht senden."
Nur wenige Wochen später gab es eine unerwartete Wendung: Noch vor den Sommerferien wurde das Lager geleert und das italienisch-libysche Abkommen trat in Kraft, wonach sämtliche Flüchtlingsboote auf hoher See abgefangen und die Insassen ungeachtet der Motive ihre Flucht - wie etwa politische Verfolgung oder humanitäre Gründe - wieder nach Libyen zurückgebracht werden. Am Ende dieses Jahres, das so dramatisch begonnen hat, ist in Lampedusa eine unheimliche Ruhe eingekehrt, seit die Immigranten ausbleiben. Ein Problem für die etwa 50 Lampedusaner, die im jetzt leeren Lager gearbeitet hatten, als Reinigungskräfte oder in der Küche. Und auch die Hotels müssen nun auf ein einträgliches Geschäft mit dem Staat verzichten. Im Winter beherbergten sie Soldaten und Polizisten, erzählt Rina D'Amato, die eigenhändig die Eingangshalle renoviert, weil sie sich Handwerker nicht mehr leisten kann:
"Wir haben viel für die Sicherheitskräfte gearbeitet. Jetzt haben nicht nur viele Hotels, sondern auch Geschäfte und Restaurants geschlossen."
Die letzte Tourismussaison verlief nicht besonders, obwohl es keine negativen Schlagzeilen über Lampedusa wegen ankommender Migranten gab. Die Wirtschaftskrise hatte viel schlimmere Folgen fürs Geschäft als die Boat People, die beinahe 15 Jahre lang zu Inselalltag gehörten. Die Touristen hatten sie im Übrigen ja kaum zu Gesicht bekommen, wie auch der Dorfpriester Don Vincent bestätigt.
"Lampedusa war ja immer nur eine Zwischenstation, man hat sie praktisch nie gesehen. Sie wurden im Hafen empfangen und dann ins Aufnahmelager gebracht. Wo sie dann ein paar Tage oder Wochen blieben, bevor sie aufs italienische Festland weitergebracht wurden. Der einzige Immigrant, der hier herumläuft und übrig geblieben ist, das bin ich."
Don Vincent ist groß und tiefschwarz. Er kommt aus Tansania und lebt seit vier Jahren auf der kleinen Insel. Was mit seinen afrikanischen Brüdern passiert, die jetzt in Libyen festsitzen, will er sich gar nicht vorstellen.
"Ihr Schicksal müssten wir alle auf dem Gewissen haben, denn wir sind ja eine einzige große Familie auf Erden. Solange die Menschen hier ankamen, konnten sie wenigsten bezeugen, dass sie noch am Leben waren."