Trotzdem ist die Bundesregierung mächtig stolz darauf, den Domainnamen deutschland.de nach zweijährigem Rechtsstreit und rechtzeitig vor den Wahlen zu offiziellem Gebrauch der Frankfurter Firma MediaNet abgerungen zu haben. Die hatte sich schon 1995 – in der Frühphase des World Wide Web – das Wort "Deutschland" gekrallt und wohl beabsichtigt, zu gegebener Zeit ordentlich Geld damit zu machen. Mag sein, dass das gelungen ist, denn über die Modalitäten des Inhaberwechsels wird natürlich Stillschweigen bewahrt.
Solche Namensklauberei ist ja ein beliebter Sport, und wenn man sich die Mühe macht, zu recherchieren, wer alles sich schon was hat reservieren lassen, dann erlebt man manche amüsante Überraschung. So gehört zum Beispiel die Adresse deutschland.com der Firma Reflex Publishing in Florida, federal-republic-of-germany.com hingegen einem Herrn Jesus Melero in Zaragoza, während ein gewisser Winfried Haug im schwäbischen Pfullingen bereits im Frühjahr 1994 so pfiffig war, das einfache germany.com für sich zu buchen, ohne allerdings irgendeinen Inhalt unter der Adresse anzubieten.
Aber Deutschland heißt Deutschland, deswegen bleiben all die Spekulanten schön auf Germany und Allemagne sitzen. Bloß deutschland.de war von behördlichem Interesse. Seit dem 15. Juli ist die Internetadresse auf einen Herrn Siegfried Aumann vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung eingetragen. Auf der Website steht allerdings, sie sei "regierungsfern", was nun wieder so ein deutsches Wort ist, welches bei unserem ausländischen Freunden nur Verwirrung stiften kann. Denn niemand, der im Pariser Elyséepalast arbeitet, käme jemals auf die Idee, zu behaupten, er sei "regierungsfern", noch würde irgendjemand in Frankreich so etwas erwarten. Daher konnten die Mitarbeiter von deutschland.de das Wörtchen "regierungsfern" nur um den Preis interessanter Verrenkungen übersetzen: "not directly organized by the German government", heißt es da beispielsweise, während sich die französische Abteilung entschloss, es kurz zu machen – "regierungsfern" wird da einfach zu "neutre" (neutral).
Deutschland, so lernen also die staunenden Besucher dieses Deutschland-Portals, ist ein Land mit einem neutralen Regierungssprecher, dessen Amt Dinge tut, die nicht direkt von der Regierung organisiert werden. Da ist es klar, dass so ein tolles Land ein solches Portal braucht, denn allein dies stellt eine Besonderheit dar. Frankreich hat kein "france.fr", Italien kein "italia.it", und unter "schweiz.ch" und "oesterreich.at" erscheinen bloß irgendwelche Wirtschaftsunternehmen. Wir aber haben ein vom Bundespräsidenten höchstpersönlich freigeschaltetes Portal, eine - wie es heißt - "virtuelle Visitenkarte", die in ihrer radikalen Übersichtlichkeit zugleich erschreckend ärmlich wirkt.
Als erstes springen einem nämlich die folgenden neun Begriffe entgegen: Bildung, Gesundheit, Kultur, Medien, Sport, Staat, Tourismus, Wirtschaft, Wissenschaft. Unter diesen Begriffen liegt Deutschland, ein weites Feld. Es gibt nichts Seiendes, was da nicht hineinpassen würde. Oder doch? Vielleicht Geistiges und Geistliches? Wohin gehören die Kirchen? Zu Gesundheit oder Medien oder Kultur? Wo sollen sich Philosophie, Geschichte und Literatur anstellen? Das sind Fragen, die der Beirat mit Koryphäen wie Staatssekretär a.D. Peter Hausmann und Blixa Bargeld sicher noch behandeln wird, denn das Portal befindet sich ja noch im Aufbau.
Im übrigen ist das Portal eigentlich kein Eingang, sondern nur ein Durchgang, denn es besteht im wesentlichen aus einer Link-Sammlung anderer Institutionen von der Deutschen Bahn bis zum Deutschen Fußballbund und vom Deutschen Bühnenverein bis zur Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Doch Vorsicht! In Sachen Internet-Verlinkung herrscht in Deutschland eine eigentümliche Rechtsauffassung. Denn so wie in der Antike gelegentlich Briefträger geköpft wurden, wenn sie unangenehme Nachrichten brachten, und so wie in England auch die Drucker und die Zeitungsverkäufer für den Inhalt der Gazetten haftbar gemacht werden können, so hat das Landgericht Hamburg vor vier Jahren die aberwitzige Situation geschaffen, dass man hierzulande für alles, was auf einer fremden Website steht, zur Rechenschaft gezogen werden kann, sobald man einen Link dorthin legt. Es sei denn, man distanziert sich ausdrücklich von den Seiten, auf die verwiesen wird – was natürlich auch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung tut.
Und um sich auch ein bisschen von den Nationalfarben zu distanzieren, hat man sich für das Deutschland-Portal ein besonders geschmackvolles Logo ausgedacht: schwarz - grün - blau - rot - gold.
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www.deutschland.de
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Solche Namensklauberei ist ja ein beliebter Sport, und wenn man sich die Mühe macht, zu recherchieren, wer alles sich schon was hat reservieren lassen, dann erlebt man manche amüsante Überraschung. So gehört zum Beispiel die Adresse deutschland.com der Firma Reflex Publishing in Florida, federal-republic-of-germany.com hingegen einem Herrn Jesus Melero in Zaragoza, während ein gewisser Winfried Haug im schwäbischen Pfullingen bereits im Frühjahr 1994 so pfiffig war, das einfache germany.com für sich zu buchen, ohne allerdings irgendeinen Inhalt unter der Adresse anzubieten.
Aber Deutschland heißt Deutschland, deswegen bleiben all die Spekulanten schön auf Germany und Allemagne sitzen. Bloß deutschland.de war von behördlichem Interesse. Seit dem 15. Juli ist die Internetadresse auf einen Herrn Siegfried Aumann vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung eingetragen. Auf der Website steht allerdings, sie sei "regierungsfern", was nun wieder so ein deutsches Wort ist, welches bei unserem ausländischen Freunden nur Verwirrung stiften kann. Denn niemand, der im Pariser Elyséepalast arbeitet, käme jemals auf die Idee, zu behaupten, er sei "regierungsfern", noch würde irgendjemand in Frankreich so etwas erwarten. Daher konnten die Mitarbeiter von deutschland.de das Wörtchen "regierungsfern" nur um den Preis interessanter Verrenkungen übersetzen: "not directly organized by the German government", heißt es da beispielsweise, während sich die französische Abteilung entschloss, es kurz zu machen – "regierungsfern" wird da einfach zu "neutre" (neutral).
Deutschland, so lernen also die staunenden Besucher dieses Deutschland-Portals, ist ein Land mit einem neutralen Regierungssprecher, dessen Amt Dinge tut, die nicht direkt von der Regierung organisiert werden. Da ist es klar, dass so ein tolles Land ein solches Portal braucht, denn allein dies stellt eine Besonderheit dar. Frankreich hat kein "france.fr", Italien kein "italia.it", und unter "schweiz.ch" und "oesterreich.at" erscheinen bloß irgendwelche Wirtschaftsunternehmen. Wir aber haben ein vom Bundespräsidenten höchstpersönlich freigeschaltetes Portal, eine - wie es heißt - "virtuelle Visitenkarte", die in ihrer radikalen Übersichtlichkeit zugleich erschreckend ärmlich wirkt.
Als erstes springen einem nämlich die folgenden neun Begriffe entgegen: Bildung, Gesundheit, Kultur, Medien, Sport, Staat, Tourismus, Wirtschaft, Wissenschaft. Unter diesen Begriffen liegt Deutschland, ein weites Feld. Es gibt nichts Seiendes, was da nicht hineinpassen würde. Oder doch? Vielleicht Geistiges und Geistliches? Wohin gehören die Kirchen? Zu Gesundheit oder Medien oder Kultur? Wo sollen sich Philosophie, Geschichte und Literatur anstellen? Das sind Fragen, die der Beirat mit Koryphäen wie Staatssekretär a.D. Peter Hausmann und Blixa Bargeld sicher noch behandeln wird, denn das Portal befindet sich ja noch im Aufbau.
Im übrigen ist das Portal eigentlich kein Eingang, sondern nur ein Durchgang, denn es besteht im wesentlichen aus einer Link-Sammlung anderer Institutionen von der Deutschen Bahn bis zum Deutschen Fußballbund und vom Deutschen Bühnenverein bis zur Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Doch Vorsicht! In Sachen Internet-Verlinkung herrscht in Deutschland eine eigentümliche Rechtsauffassung. Denn so wie in der Antike gelegentlich Briefträger geköpft wurden, wenn sie unangenehme Nachrichten brachten, und so wie in England auch die Drucker und die Zeitungsverkäufer für den Inhalt der Gazetten haftbar gemacht werden können, so hat das Landgericht Hamburg vor vier Jahren die aberwitzige Situation geschaffen, dass man hierzulande für alles, was auf einer fremden Website steht, zur Rechenschaft gezogen werden kann, sobald man einen Link dorthin legt. Es sei denn, man distanziert sich ausdrücklich von den Seiten, auf die verwiesen wird – was natürlich auch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung tut.
Und um sich auch ein bisschen von den Nationalfarben zu distanzieren, hat man sich für das Deutschland-Portal ein besonders geschmackvolles Logo ausgedacht: schwarz - grün - blau - rot - gold.
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